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Kuwait 2022
Ein Kind nimmt an einer Strandreinigungskampagne in Kuwait teil, die mehr Bewusstsein für Umweltschutz schaffen soll (Archivaufnahme vom November 2021).
© IMAGO / Xinhua
Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022
Die Regierung schränkte Kritik an ihrem Vorgehen ein und ergriff Maßnahmen zur Unterdrückung der Versammlungsfreiheit, indem sie im Juni und August 2022 zahlreiche Demonstrierende festnehmen ließ. Angehörige der staatenlosen Bidun wurden beim Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung diskriminiert. Es gab jedoch auch positive Entwicklungen wie einen Verfassungsbeschluss, mit dem das Gesetz gegen die "Nachahmung des anderen Geschlechts" aufgehoben wurde, sowie Bemühungen der Regierung, mehr Frauen im öffentlichen Sektor zu beschäftigen.
Hintergrund
Im April 2022 traten der Premierminister und das Kabinett auf Druck des Parlaments zurück. Im Juni kündigte Kronprinz Mishal al-Ahmad al-Jaber al-Sabah an, dass er das 2020 gewählte Parlament auflösen und gemäß Artikel 107 der Verfassung Neuwahlen einberufen werde. Die Herrscherfamilie ernannte im Juli einen neuen Premierminister und im August ein neues Kabinett. Die Wahlen zum neuen Parlament fanden im September statt.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Die Behörden nahmen mindestens zwei Personen fest und verfolgten sie strafrechtlich, weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hatten.
Im Januar 2022 strengten die Behörden ein Strafverfahren gegen die Computerexpertin Safaa Zaman wegen "Schädigung des Ansehens des Staates und Gefährdung der Beziehungen zu befreundeten Ländern" an. Sie hatte in einem Fernsehinterview die Ansicht geäußert, dass die Speicherung von Unterlagen des öffentlichen Dienstes auf Servern in anderen Ländern ein Datensicherheitsrisiko darstelle. Im März wurde Safaa Zaman vor dem erstinstanzlichen Gericht und im September vor dem Berufungsgericht freigesprochen.
Im März 2022 verhörte die Staatsanwaltschaft den Rechtsanwalt Abdul Aziz al-Mutawwa tagelang ohne einen Rechtsbeistand unter dem Vorwurf, er habe Angehörige der Herrscherfamilie in den Sozialen Medien "beleidigt", und klagte ihn anschließend an. Das Gericht sprach ihn frei.
Im Juli 2022 gab das Informationsministerium bekannt, dass es die Schließung von 50 Social-Media-Accounts angeordnet habe, die zuvor in einigen Fällen als "elektronische Zeitungen" genehmigt worden waren. Das Gesetz über elektronische Medien erlaubt ausschließlich kuwaitischen Staatsangehörigen mit einer "einwandfreien Akte und einem guten Ruf" die elektronische Veröffentlichung von Inhalten, die als Nachrichten oder journalistische Beiträge anzusehen sind.
Recht auf Versammlungsfreiheit
Die Regierung verbot die meisten Protestkundgebungen und drohte den Teilnehmenden mit strafrechtlicher Verfolgung, ergriff in einem Fall jedoch keine strafrechtlichen Maßnahmen.
Das kuwaitische Versammlungsgesetz verbietet alle nicht genehmigten Demonstrationen und alle Kundgebungen von Personen, die keine kuwaitischen Staatsangehörigen sind. Am 24. Mai 2022 warnte das Innenministerium, dass eine für den folgenden Tag geplante Demonstration gegen den politischen Stillstand im Parlament nicht genehmigt sei und alle teilnehmenden Personen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen würden. Die Kundgebung fand dennoch statt, und es wurde niemand festgenommen.
Im Juni 2022 schob die Regierung zahlreiche indische, pakistanische und bangladeschische Arbeitsmigrant*innen ab, weil sie im Stadtteil al-Fahaheel spontan und friedlich gegen Äußerungen der indischen Regierung protestiert hatten, die sie als Diffamierung des Islam betrachteten.
Ab dem 30. August 2022 ermittelten die Behörden gegen 21 Personen, darunter kuwaitische Staatsangehörige und Angehörige der Bidun, weil sie am 26. August im Bezirk Taima des Gouvernements al-Jahra an einer friedlichen Demonstration für die Rechte der Bidun teilgenommen hatten. Die Behörden hielten die Betroffenen 4 bis 15 Tage lang fest, bevor sie am 15. September alle 21 Personen gegen Kaution freiließen. Dennoch wurde gegen sie ein Verfahren wegen der Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration eingeleitet.
Diskriminierung
Von Juni bis September 2022 schloss die Regierung Angehörige der Bidun verstärkt von vielen staatlichen Dienstleistungen aus, die für anerkannte kuwaitische Staatsangehörige kostenlos sind.
Von Juni bis zum Beginn des neuen Schuljahres im September 2022 untersagte die Regierung Bidun-Familien die Schulanmeldung ihrer Kinder, sofern sie nicht über eine gültige Karte des "Zentralsystems zur Klärung des Status von illegal aufhältigen Personen" (Zentralsystem-Karte) verfügten. Nach öffentlicher Kritik wurde diese Entscheidung am 27. September wieder zurückgenommen. Die Kinder aus den betroffenen Familien verpassten jedoch den Beginn des Schuljahres.
Die Regierung schloss weiterhin Bidun-Kinder vom kostenlosen öffentlichen Schulsystem aus, wenn sie kein kuwaitisches Elternteil hatten, das bei der Regierung beschäftigt war. Das kostenlose Schulsystem blieb nach wie vor Kindern mit kuwaitischer Staatsangehörigkeit vorbehalten.
Von Juni bis September 2022 wies die Regierung das Gesundheitsministerium an, Angehörigen der Bidun, die keine gültige Zentralsystem-Karte vorweisen konnten, keine kostenlose medizinische Versorgung mehr zu gewähren. Am 27. September gestattete die Regierung es dem Gesundheitsministerium jedoch wieder, Bidun mit abgelaufener Karte die medizinische Grundversorgung zugänglich zu machen. Bidun ohne Zentralsystem-Karte konnten dagegen weiterhin keine staatliche Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen und hatten Schwierigkeiten, private Behandlungsmöglichkeiten zu finden.
Rechte von Frauen und Mädchen
Frauen wurden weiterhin gesetzlich diskriminiert, u. a. bei der Übertragung ihrer Staatsangehörigkeit auf ihre Kinder und bei Sorgerechtsfragen.
Die Regierung unternahm im Jahr 2022 positive Schritte, um den Anteil von Frauen im öffentlichen Dienst und in Führungspositionen zu erhöhen, indem sie mehr Frauen im Gesundheitsministerium und im Justizwesen einstellte. Die Zahl der Frauen, die in die obere Führungsebene des Justizministeriums berufen wurden, stieg von 48 auf 70 an. Im August 2022 berichtete das Gesundheitsministerium, dass 60 Prozent der neu eingestellten medizinischen Fachkräfte in den staatlichen Krankenhäusern Frauen waren.
Im August 2022 kündigte das Innenministerium eine neue Politik an, wonach alle kuwaitischen Staatsangehörigen ab 21 Jahren automatisch als Wahlberechtigte registriert werden. Dies kommt besonders Frauen zugute, weil sie so nicht durch häusliche Tätigkeiten oder Druck seitens männlicher Familienmitglieder daran gehindert werden, sich registrieren zu lassen.
Die Regierung war allerdings nicht in der Lage, Frauen, die häusliche Gewalt überlebt hatten, angemessen zu schützen, da eine Notunterkunft für Frauen, wie sie das Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie von 2020 fordert, das dritte Jahr in Folge nicht eingerichtet wurde.
Rechte von Migrant*innen
Kuwait führte neue finanzielle und administrative Hürden für die Familienzusammenführung von Arbeitsmigrant*innen ein und nutzte weiterhin das Sponsorensystem (Kafala) für die Beschäftigung von Arbeitsmigrant*innen, wodurch Migrant*innen einem erhöhten Risiko der Ausbeutung ausgesetzt waren.
Im Januar 2022 legte die Regierung eine neue Jahresaufenthaltsgebühr von 250 Kuwait-Dinar (etwa 760 Euro) für Arbeitsmigrant*innen über 60 Jahre fest. Die Gebühr stellte eine erhebliche finanzielle Belastung für ältere Arbeitsmigrant*innen dar, deren Arbeitgeber*innen nicht für ihren Aufenthalt aufkommen, sowie für Familien, die ältere Arbeitsmigrant*innen in Kuwait unterstützen.
Im Juni 2022 setzte die Regierung die Erteilung von Besuchsvisa für Familienangehörige von Arbeitsmigrant*innen aus und im August die Erteilung von Aufenthaltsvisa für Migrant*innen-Familien – beides auf unbestimmte Zeit.
Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)
Das Verfassungsgericht entschied im Februar 2022, dass ein Gesetz, das die "Nachahmung des anderen Geschlechts" unter Strafe stellte und das zur Verfolgung von trans Personen Anwendung fand, gegen das in der Verfassung garantierte Recht auf persönliche Freiheit verstoße. In anderen Gesetzen werden einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen nach wie vor mittels vager Formulierungen kriminalisiert.
Klimakrise
Kuwait aktualisierte 2022 seinen nationalen Klimabeitrag (Nationally Determined Contribution – NDC) zur Emissionssenkung nicht und blieb nach Angaben der Weltbank eines der fünf Länder mit dem höchsten Kohlendioxidausstoß pro Kopf.
Veröffentlichungen von Amnesty International
- Kuwait: Overturning law that criminalized 'imitation of the opposite sex’ a breakthrough for transgender rights, 16 February
- Kuwait: Submission to the UN Committee on the Rights of the Child, 91st Session, 29 August–23 September 2022, 16 August
- Kuwait: Government must stop targeting pro-Bidun protesters as elections loom, 1 September