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"Krieg definiert uns nicht"
Theresa Arriola engagiert sich gegen die Militarisierung der Nördlichen Marianen im Pazifik.
© privat
Die Nördlichen Marianen im Pazifik sind seit dem Zweiten Weltkrieg ein militärisches Trümmerfeld und für die USA und China weiterhin strategisch interessant. Theresa Arriola engagiert sich gegen die Militarisierung der Region.
Von Luciana Ferrando
Bombensplitter und andere Kriegsaltlasten am Strand zu finden, war für Theresa Arriola ganz normal, als sie ein Kind war. Sie sammelte sie wie andere Kinder Muscheln sammeln. Schiffswracks und Rümpfe von Kampfflugzeugen oder Panzern, die aus dem Meer ragen, dienten ihr als Spielkulissen. Zu Hause in ihrem Garten lag eine alte Bombe, ihre Tante bewahrte in die Jahre gekommene Kugeln auf.
Damals konnte die heute 35-jährige Aktivistin noch nicht verstehen, dass es sich um Zeugnisse des Zweiten Weltkriegs handelte. Ihre Heimat, die Pazifikinsel Saipan, die zu den Nördlichen Marianen gehört, war ein strategischer Ort für Kämpfe zwischen Japan und den USA. Die "Schlacht um Saipan" kostete 1944 mehr als 40.000 Menschen das Leben.
Hiroshima und Nagasaki
Von dort starteten später die Flugzeuge, die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki warfen.
Die Nördlichen Marianen waren in der Vergangenheit von Spanien, dem Deutschen Reich und Japan besetzt. Aktuell gehören sie offiziell zu den USA, verfügen aber über Autonomierechte und eine eigene Verfassung. Erst als Jugendliche fing Arriola an, sich mit der komplexen kolonialen Geschichte der Inseln auseinanderzusetzen.
Entscheidend dafür war die im Februar 2023 gestorbene Aktivistin Jacinta Kaipat. Sie war Künstlerin und Anwältin der indigenen Refaluwasch-Chamorro-Gemeinschaft. Arriola bewunderte sie. "Als ich Jacinta zum ersten Mal begegnete, brachte ich Stift und Papier mit, um alles aufzuschreiben. Sie sagte mir, ich solle den Stift weglegen und einfach zuhören", erzählt Arriola. "Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft." Kaipat habe ihr gezeigt, wie sinnvoll es sei, sich gegen den Militarismus zu engagieren, und sie habe "indigene Frauen ermutigt, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen".
Für die Chamorro, die zusammen mit den Refaluwasch zu den Ureinwohnern der Inseln gehören, seien zwei Dinge wichtig: die Familie und "Inafa’maolek": "Dieser Begriff bedeutet, in Harmonie mit der Natur und unserem Land zu sein. Das ist aber unmöglich, solange wir von zukünftigen Kriegen und Militarisierung bedroht sind", sagt Arriola. Das möchte sie auch ihren vier Kindern weitergeben.
Sichtbarer werden
Arriola engagiert sich im Rahmen der Initiative Our Common Wealth 670. Die Organisation versucht mit Bildungs- und Aufklärungsarbeit, mehr Bewusstsein für die aktuelle militärische Bedrohung der Region zu schaffen. Diesem Ziel folgte auch die digitale Ausstellung "Everyday Life in an Imperial Archipelago", die 2022 an der Freien Universität Berlin entstand. Sie zeigt vor allem künstlerische Aufnahmen des indigenen Widerstands. Arriola hält in Europa, den USA und Kanada Vorträge zu diesem Thema. "Die Nördlichen Marianen sind oft unsichtbar. Je sichtbarer wir werden, desto weniger angreifbar werden wir."
Auch in ihrer akademischen Laufbahn setzt sich Arriola für die Rechte der indigenen Bevölkerung und gegen die Militarisierung ein. Sie studierte Geschichte und Kulturanthropologie und schrieb eine Dissertation über Militarismus und die Umwelt auf den Nördlichen Marianen unter besonderer Berücksichtigung indigener Identitäten.
Derzeit arbeitet Arriola als Assistenzprofessorin an der Concordia Universität in Montreal, Kanada. "Krieg ist auf unseren Inseln nicht unvermeidlich, nur weil er in der Vergangenheit stattgefunden hat", sagt sie. "Auch wenn er Teil unseres historischen Gedächtnisses ist, definiert er nicht, wer wir sind." In den Medien gehe es häufig um mögliche Kriege auf den Inseln, die USA und China spielten dabei eine große Rolle. "Das ist nicht die Zukunft, die ich für meine Kinder will", sagt Theresa Arriola. "Ich wünsche den nächsten Generationen eine Zukunft, in der sie alle in Frieden die Schönheit unserer Heimat genießen können."
Luciana Ferrando ist freie Journalistin. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International wieder.