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Russland: Oleg Orlow wegen "Diskreditierung" der russischen Armee vor Gericht
Der russische Menschenrechtsverteidiger Oleg Orlow im Oktober 2022 in Moskau
© IMAGO / ITAR-TASS
In Moskau hat am 8. Juni 2023 das Verfahren gegen den bekannten Menschenrechtsverteidiger Oleg Orlow begonnen. Ihm wird der neu eingeführte Straftatbestand der "wiederholten Diskreditierung" der russischen Streitkräfte vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre in einer Strafkolonie.
Natalia Zviagina, Direktorin von Amnesty International in Russland, sagte zum Strafverfahren gegenüber Oleg Orlow:
"Oleg Orlow muss sich allein deshalb vor Gericht verantworten, weil er in einem kriegskritischen Artikel das von Putin regierte Russland als totalitär und faschistisch bezeichnet hat. Es überrascht nicht, dass das von ihm beschriebene System es nicht toleriert, dass er im Zuge des russischen Einmarsches in der Ukraine die Wahrheit verteidigt und nicht schweigt. Der Preis, den er und andere dafür zahlen, dass sie in Russland ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen, ist untragbar hoch.
Oleg Orlow wurde bereits zweimal mit Geldstrafen belegt, weil er gegen den Ukrainekrieg demonstrierte, was die Behörden als 'Diskreditierung' der russischen Streitkräfte auslegten. Die Menschenrechtsorganisation Memorial, der Oleg Orlow angehörte, wurde von den russischen Behörden liquidiert, und nun steht er selbst in der Schusslinie eines Strafverfahrens. Dabei haben sich die Behörden weder durch den tadellosen Ruf von Oleg Orlow als Menschenrechtsverteidiger noch durch den kürzlich von Memorial erhaltenen Friedensnobelpreis beirren lassen.
Amnesty International fordert die russischen Behörden auf, alle Anklagen gegen Oleg Orlow umgehend fallenzulassen. Das scharfe Vorgehen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen und Menschenrechtler*innen in Russland muss ein Ende finden, und die Behörden müssen das Recht auf freie Meinungsäußerung respektieren. Auch wenn dies bedeutet, dass Kritik an der russischen Invasion in der Ukraine geübt wird."
Hintergrund
Am 8. Juni 2023 begann vor dem Bezirksgericht Golovinsky in Moskau das Strafverfahren gegen Oleg Orlow, den Ko-Vorsitzenden des mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Menschenrechtszentrums Memorial. Ihm wird gemäß Paragraf 280.3(1) des Strafgesetzbuchs "Diskreditierung der russischen Streitkräfte" vorgeworfen. Im November 2022 hatte er in dem französischen Online-Magazin Mediapart einen Artikel mit dem Titel "Sie wollten Faschismus. Jetzt haben sie ihn" veröffentlicht.
Oleg Orlow hatte im März und April 2022 in Moskau gegen den Ukrainekrieg demonstriert, woraufhin man ihm bereits zweimal "Diskreditierung der russischen Streitkräfte" vorwarf und ihm Geldstrafen von insgesamt 65.000 Russischen Rubel (knapp 740 Euro) auferlegte. Auf der Grundlage dieser Verwaltungsstrafen wurde er nun strafrechtlich belangt.
Das Menschenrechtszentrum Memorial, dem Oleg Orlow angehörte, wurde im Februar 2022 auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs unter Verstoß gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit aufgelöst. Gegen mehrere Mitarbeitende ist seither Strafanzeige erstattet worden. Im Dezember 2022 wurde Memorial gemeinsam mit dem Center for Civil Liberties (Ukraine) und dem Menschenrechtsverteidiger Ales Bialiatski (Belarus) mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.