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UN-Menschenrechtsausschuss stärkt Rechte von Klimaflüchtlingen
Klimastreik in Berlin im September 2019
© Amnesty International, Foto: Jarek Godlewski
Amnesty International spricht von einem wegweisenden Urteil: In einem aufsehenerregenden Asylverfahren hat ein UN-Menschenrechtsgremium jetzt entschieden, dass Regierungen bei der Entscheidung über eine Abschiebung zukünftig auch von der Klimakrise verursachte Menschenrechtsverletzungen berücksichtigen müssen.
Vorausgegangen war die Beschwerde eines Mannes aus dem pazifischen Inselstaat Kiribati, der vom steigenden Meeresspiegel bedroht ist. Ioane Teitiota reichte im Februar 2016 vor dem UN-Menschenrechtsausschuss Klage gegen die neuseeländische Regierung ein, nachdem er 2010 in Neuseeland einen Asylantrag als "Klimaflüchtling" gestellt hatte, der jedoch von den dortigen Behörden abgelehnt wurde. Ioane Teitiota wurde im September 2015 aus Neuseeland in sein Herkunftsland Kiribati abgeschoben. Anfang Januar 2020 traf der UN-Menschenrechtsausschuss eine Entscheidung in dem Fall.
"Dieses Urteil schafft einen weltweiten Präzedenzfall", sagte Kate Schuetze, Expertin für die Pazifik-Region bei Amnesty International. "Es besagt, dass ein Staat gegen seine menschenrechtlichen Verpflichtungen verstößt, wenn er jemanden in ein Land abschiebt, wo das Leben der betroffenen Person – aufgrund der Klimakrise – in Gefahr ist oder ihr eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen."
Ioane Teitiota argumentierte, dass er in seinem Herkunftsland aufgrund der Klimakrise mit Landkonflikten zu kämpfen und nur eingeschränkten Zugang zu Trinkwasser habe. Durch den steigenden Meeresspiegel gehe die Fläche für Ackerbau zurück und das Trinkwasser sei durch Salzwasser kontaminiert. Deswegen hätte er mit seiner Familie nach Neuseeland fliehen müssen, wo er nach Ablauf seines Visums 2010 einen Asylantrag stellte.
Dieser wurde vom neuseeländischen Immigrations- und Schutzgericht (Immigration and Protection Tribunal), dem Berufungsgericht und dem Obersten Gerichtshof abgelehnt. Daraufhin brachte Ioane Teitiota seinen Fall vor den UN-Menschenrechtsausschuss. Er gab an, dass Neuseeland mit seiner Abschiebung nach Kiribati sein Recht auf Leben nach dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verletzt habe.
Zwar befand der Menschenrechtsausschuss jetzt, dass Ioane Teitiotas Abschiebung rechtens war, da sein Leben in Kiribati nicht unmittelbar bedroht sei. Doch er erkannte an, dass die Klimakrise das Recht auf Leben ernsthaft bedroht. Entscheidungsträger_innen müssten dies bei der Prüfung von Asylanträgen zukünftig berücksichtigen.
Das Urteil hat Signalwirkung und könnte in der Zukunft den Weg für weitere Ansprüche von Menschen ebnen, wenn "die Auswirkungen des Klimawandels die Rechte von Personen in den Aufnahmestaaten verletzen könnten".
"Die Botschaft ist klar: Die Pazifischen Inseln müssen nicht erst untergegangen sein, bevor die menschenrechtlichen Verpflichtungen zum Schutz des Lebens greifen", sagte Schuetze.
Alle Staaten haben die menschenrechtliche Verpflichtung, die Bevölkerung vor den schädlichen Auswirkungen der Klimakrise zu schützen. Der UN- Menschenrechtsausschuss überwacht die Einhaltung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte durch die 173 Länder, die ihn unterzeichnet haben. Von den Vertragsstaaten erkennen 116 das Recht Einzelner an, gegen eventuelle Verstöße Beschwerde einzulegen, darunter Neuseeland und Deutschland. Sie sind verpflichtet, sich an die Vorgaben des Ausschusses zu halten.
Die Entscheidung des UN- Menschenrechtsausschusses können Sie hier nachlesen (Englisch).