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Deutschland: Amnesty fordert Reform von § 129 Strafgesetzbuch
Klimaschutz-Demonstration in Köln im August 2022
© IMAGO / aal.photo
Amnesty International beobachtet weltweit eine Einschränkung des Rechts auf Versammlungsfreiheit, so auch in Deutschland. Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs (StGB) – Bildung einer kriminellen Vereinigung – wird missbraucht, um friedlichen Protest zu kriminalisieren: Derzeit ermitteln die Staatsanwaltschaften München und Neuruppin gegen Klimaaktivist*innen der Letzten Generation. Amnesty International fordert, dass der Straftatbestand so reformiert wird, dass eine Kriminalisierung von friedlichem Protest ausgeschlossen ist.
Amnesty hat heute eine E-Mail-Aktion an Justizminister Buschmann gestartet - jetzt hier mitmachen.
Amnesty International beobachtet, dass das Recht auf Protest weltweit zunehmend bedroht wird. Auch in Deutschland wird die Versammlungsfreiheit zunehmend eingeschränkt – durch repressive Gesetze, Polizeigewalt und Versammlungsverbote.
In Deutschland wird Paragraf 129 StGB – der Strafvorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung – benutzt, um "unliebsame" Proteste zu verfolgen. Davon sind aktuell unter anderem Klimaaktivist*innen der Letzten Generation betroffen. "Störender" oder "unbequemer" Protest wird als kriminell abgestempelt. Amnesty International fordert daher eine Reform des § 129 StGB: Der Strafvorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung darf nicht länger gegen friedlichen Protest eingesetzt werden.
Beate Streicher, Expertin für Völkerrecht bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Protest kann stören – und das soll er auch! Unbequemer Protest darf nicht einfach rechtlich eingeschränkt, kriminalisiert oder verboten werden. Die Kriminalisierung von friedlichem Protest ist ein Angriff auf die freie Zivilgesellschaft. Aktivist*innen werden so eingeschüchtert und möglicherweise davon abgehalten sich politisch zu engagieren: Für LGBTI-Rechte, Klimagerechtigkeit oder gegen Rassismus. Amnesty International fordert daher Justizminister Marco Buschmann auf, § 129 StGB so zu reformieren, dass der Straftatbestand nicht länger gegen friedlichen Protest eingesetzt werden kann."
Mirjam Herrmann, Unterstützerin der Letzten Generation, sagt: "Eine Anklage dafür, dass wir uns zusammengetan haben, um friedlich für das Leben und die Rechte aller zu demonstrieren, ist völlig absurd. Dieser gewaltsame Umgang macht uns auch Angst – denn was passiert, wenn sich die Krisen immer weiter überschlagen? Wenn in einer Demokratie Unrecht geschieht, wenn Menschenrechtsverstöße stattfinden oder drohen – und das ist mit der Klimakatastrophe der Fall – dann muss es möglich sein, friedlich dagegen zu protestieren, auch durch störenden Protest."
Philipp Schönberger, Jurist bei Green Legal Impact, kommentiert: "Die aktuelle Handhabung von § 129 StGB durch die Strafverfolgungsbehörden ist aus grund- und menschenrechtlicher Sicht problematisch. Friedlicher Protest wird mit organisierter Kriminalität gleichgesetzt. Insbesondere die Verfolgung von Klimaaktivist*innen, die für die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Klimaschutzpflicht einstehen, beobachten wir mit großer Sorge."
Die aktuelle Auslegung von § 129 StGB ist aus menschenrechtlicher Sicht problematisch. Schon ein anfänglicher Verdacht erlaubt es den Ermittlungsbehörden, einschneidende Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen oder Überwachungsmaßnahmen zu ergreifen. Diese sind außerdem nicht auf die Tatverdächtigen von einzelnen, konkreten Straftaten beschränkt, sondern können ihr gesamtes Umfeld betreffen. All das hat nicht nur extreme Konsequenzen für die unmittelbar Betroffenen, sondern wirkt abschreckend auf ganze Bewegungen und ist deshalb ein Angriff auf die freie Zivilgesellschaft.
Amnesty International fordert eine Reform des § 129 StGB. Konkret formuliert Amnesty International folgende drei Forderungen:
- Es muss sichergestellt werden, dass § 129 StGB nicht gegen friedliche Protestierende angewandt wird.
- Das Justizministerium muss kriminalisierende Aussagen und Forderungen nach Strafverfolgung nach § 129 StGB unterlassen und sicherstellen, dass Protestierende nicht mehr kriminalisiert werden.
- Das Justizministerium muss einen Reformvorschlag vorlegen, der verhindert, dass § 129 StGB gegen friedlichen Protest benutzt werden kann.
Hintergrund
Das Recht auf Protest wird weltweit zunehmend bedroht. Amnesty International setzt sich mit der Kampagne 'Protect the Protest' gegen die Unterdrückung von friedlichem Protest ein, solidarisiert sich mit den Betroffenen und unterstützt die Anliegen sozialer Bewegungen, die sich für die Menschenrechte einsetzen. Dabei schließt Protest neben den klassischen Demonstrationen auf der Straße in Form von Aufzügen oder Kundgebungen auch andere Aktionsformen mit ein, wie zum Beispiel Online-Aktivismus, politische Petitionen, Aktionen des zivilen Ungehorsams oder Kunstaktionen.
Amnesty International dokumentiert Fälle von Unterdrückung der Versammlungsfreiheit auf der weltweiten Karte der Kampagne "Protect the Protest".