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Türkei: Osman Kavala muss sofort freigelassen werden!
Der türkische Kulturförderer Osman Kavala (Archivaufnahme von März 2017)
© Kerem Uzel/NARPHOTOS
Beim Auftakt des zweiten Prozesses gegen Osman Kavala hat das Gericht in Istanbul die Untersuchungshaft für den bekannten Kulturförderer verlängert. Amnesty International kritisiert die Entscheidung und fordert seine umgehende Entlassung. Die Entscheidung des Gerichts wirft einen Schatten voraus auf die anstehende Entscheidung im Hauptverfahren gegen die Menschenrechtsanwältin Eren Keskin am 24. Dezember 2020.
Seit über drei Jahren ist Osman Kavala willkürlich inhaftiert. Nach einem bindenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), das im Mai 2020 rechtkräftig wurde, hätte er längst auf freiem Fuß sein müssen. Dennoch hat das Gericht im Prozessauftakt heute die Untersuchungshaft verlängert. Das Verfahren wird am 5. Februar 2021 fortgesetzt.
Der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus N. Beeko, erklärt dazu: "Die Entscheidung des Gerichts ist eine eklatante Verletzung der Verpflichtungen der Türkei als Mitglied des Europarats. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hätte das Gericht heute die Klage gegen Osman Kavala abweisen sollen. Osman Kavala ist ein offensichtliches Opfer der politischen Instrumentalisierung der türkischen Justiz. Bundesregierung, EU und Europarat sollten auf die erneute Missachtung des EGMR deutlich reagieren und die sofortige Freilassung Kavalas einfordern."
"Nachdem Osman Kavala in seinem ersten Prozess im Februar dieses Jahres freigesprochen wurde, hatte Staatspräsident Erdoğan das Urteil öffentlich kritisiert. Gegen die Richter wurden disziplinarische Ermittlungen eingeleitet. Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass die Richter heute ihre Entscheidung aus Angst vor Repressionen und nicht nach rechtlichen Grundsätzen fällten. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen einzufordern und auf eine Rückkehr der Türkei zu rechtsstaatlichen Prinzipien hinzuwirken."
Erwartetes Urteil gegen Eren Keskin
Am 24. Dezember 2020 wird ein Urteil im Hauptverfahren gegen die Zeitung Özgür Gündem erwartet. Eren Keskin droht eine Verurteilung zu bis zu 15 Jahren Haft wegen des absurden Vorwurfs der "Mitgliedschaft in einer Terrororganisation". Amnesty International fordert den Freispruch von Eren Keskin.
Die türkische Menschenrechtsverteidigerin und Rechtsanwältin Eren Keskin
© Amnesty International, Foto: Majority World
Hintergrund
Osman Kavala ist ein bekannter Kulturförderer und Unternehmer, der sein Leben dem Einsatz für Menschenrechte, Zivilgesellschaft und Kultur in der Türkei verschrieben hat. Osman Kavala wurde am 18. Oktober 2017 willkürlich festgenommen und am 1. November 2017 im Sicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul in Untersuchungshaft genommen. Ihm wurde vorgeworfen, die Gezi-Park-Proteste 2013 organisiert zu haben, um die Regierung zu stürzen.
Am 18. Februar 2020 sprach ein Gericht bei Istanbul Osman Kavala und acht mit ihm angeklagte zivilgesellschaftliche Akteure im sogenannten Gezi-Prozess frei und ordnete seine Haftentlassung an. Doch noch am selben Abend wurde Osman Kavala erneut festgenommen unter dem Vorwurf der Beteiligung an dem Putschversuch vom Juli 2016. Im März 2020 wurden außerdem Spionage-Vorwürfe gegen ihn erhoben. Für keinen dieser Vorwürfe liegen glaubhafte Beweise vor. Die Inhaftierung von Osman Kavala ist politisch motiviert.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Dezember 2019 die sofortige Freilassung von Osman Kavala gefordert. Das Urteil wurde im Mai 2020 rechtskräftig. Amnesty fordert eine umgehende Umsetzung des bindenden Urteils.