Pressemitteilung Aktuell Saudi-Arabien 13. Mai 2025

Saudi-Arabien: Arbeitsmigrantinnen sind schwerer Ausbeutung und Rassismus ausgesetzt

Eine Illustration zeigt Frauen in verschiedenen Berufen

Sind in Saudi-Arabien schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt: Kenianische Frauen, die als Hausangestellte arbeiten.

Kenianische Frauen, die in Saudi-Arabien als Hausangestellte beschäftigt sind, müssen zermürbende, missbräuchliche und diskriminierende Arbeitsbedingungen erleiden, die häufig auf Zwangsarbeit und Menschenhandel hinauslaufen, so Amnesty International in einem neuen Bericht. Migrantische Hausangestellte sind nach wie vor von Saudi-Arabiens Arbeitsrecht und anderen begrenzten Reformen ausgenommen. 

Der Bericht "Locked in, left out: the hidden lives of Kenyan domestic workers in Saudi Arabia" dokumentiert die Erfahrung von mehr als 70 Frauen, die in Saudi-Arabien gearbeitet haben. In Saudi-Arabien mussten sie unter brutalen Bedingungen arbeiten, schufteten regelmäßig mehr als 16 Stunden, bekamen keinen freien Tag und durften das Haus nicht verlassen. Darüber hinaus waren die Frauen mit erbärmlichen Lebensbedingungen und unmenschlicher Behandlung einschließlich sexualisierter, verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt. In der Regel behielten die Arbeitgeber*innen ihre Pässe und Mobiltelefone und manchmal auch ihren Lohn ein. 

Ruth Jüttner, Teamleiterin Regionen bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Diese Frauen kamen auf der Suche nach Arbeit nach Saudi-Arabien, um ihre Familien zu unterstützen. Stattdessen erlebten sie unsägliche Misshandlungen in den Häusern ihrer Arbeitgeber*innen. Die saudi-arabischen Behörden behaupten, dass sie Arbeitsrechtsreformen eingeführt haben, doch hinter verschlossenen Türen sind Hausangestellte nach wie vor in einem schockierenden Ausmaß Rassismus, Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt.

Die saudischen Behörden sollten Hausangestellten dringend einen gleichberechtigten arbeitsrechtlichen Schutz gewähren, ein wirksames Inspektionssystem einführen, um gegen den weit verbreiteten Missbrauch in Privathaushalten vorzugehen, und das Kafala-System vollständig abschaffen, denn es macht Arbeitsmigrant*innen extrem von ihren Arbeitgeber*innen abhängig, fördert Ausbeutung und leistet systemischem Rassismus Vorschub."   

In Saudi-Arabien arbeiten rund vier Millionen Menschen als Hausangestellte, ausschließlich Arbeitsmigrant*innen, unter ihnen 150.000 Kenianer*innen. Aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit in Kenia haben die Behörden junge Menschen dazu ermuntert, sich in den Golfstaaten eine Arbeit zu suchen. Saudi-Arabien gehört mittlerweile zu einer der wichtigsten Quellen für Geldüberweisungen nach Kenia.

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Überarbeitung, Lohndiebstahl, Vergewaltigungen und Rassismus

Ein gängiges Problem für die Frauen, mit denen Amnesty International gesprochen hat, war die extreme Überarbeitung. Ein typischer Arbeitstag bestand aus mindestens 16 Stunden – oft auch mehr. Die Frauen erhielten durchschnittlich 900 Saudi-Riyal (etwa 215 Euro) pro Monat. Überstunden wurden nicht bezahlt, was bedeutet, dass ihr durchschnittlicher Lohn unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten bei etwa 0,45 Euro pro Stunde lag. Zudem zahlten manche Arbeitgeber*innen den Frauen ihren Lohn verspätet oder gar nicht aus. Praktisch alle befragten Frauen berichteten, während ihres Aufenthalts in Saudi-Arabien keinen einzigen freien Tag gehabt zu haben – manche von ihnen bis zu zwei Jahre lang. 

Alle Frauen waren nach ihren Angaben mit starken Einschränkungen ihrer Freiheit und Privatsphäre konfrontiert; durch die Beschlagnahmung ihrer Telefone waren sie von der Außenwelt abgeschnitten. Trotz der extremen Arbeitsbelastung gaben nahezu alle Frauen an, dass ihre Arbeitgeber*innen ihnen Essen vorenthielten oder ihnen lediglich Reste gaben.  

Darüber hinaus gaben die meisten Frauen an, dass ihre Lebensbedingungen insgesamt absolut unzureichend waren. So mussten sie häufig in einem Vorratsschrank oder auf dem Boden in einem Kinderzimmer schlafen, ohne ein richtiges Bett, Bettzeug oder eine funktionierende Klimaanlage. 

Viele der Frauen schilderten, angeschrien, beschimpft und gedemütigt worden zu sein, andere wurden von ihren Arbeitgebern sexuell missbraucht oder manchmal sogar vergewaltigt. Viele Frauen hatten zu viel Angst, um den Missbrauch den saudischen Behörden oder der kenianischen Botschaft zu melden. Die Frauen, die dies taten, sahen sich mit Vergeltungsmaßnahmen oder konstruierten Anklagen wie falschen Diebstahlsvorwürfen und dem Verlust ihres Lohnes konfrontiert. Viele der Frauen berichteten, von ihren Arbeitgeber*innen mit äußerst abfälligen und rassistischen Bezeichnungen beschimpft worden zu sein. 

Jüttner sagt: "Der Kern des Missbrauchs liegt in einem Arbeitssystem, das von historischem und strukturellem Rassismus geprägt ist und in dem rassifizierte migrantische Hausangestellte, darunter Schwarze afrikanische Frauen, entmenschlicht und als entbehrlich behandelt werden." 

Unzureichende Gesetze und Reformen 

In den vergangenen Jahren hat Saudi-Arabien begrenzte Reformen des Kafala-Systems eingeführt. Diese Reformen waren jedoch weitgehend auf Arbeitnehmer*innen beschränkt, die unter das saudi-arabische Arbeitsrecht fallen, Hausangestellte sind davon ausgenommen. Sie unterliegen strengen Beschränkungen ihrer Freizügigkeit und benötigen in den meisten Fällen immer noch die Erlaubnis ihrer Arbeitgeber*innen, um den Arbeitsplatz wechseln oder das Land verlassen zu können. 

2023 führte die Regierung aktualisierte Vorschriften für Hausangestellte ein, um die Arbeitszeiten und -bedingungen besser zu regeln. Ohne ein wirksames System für die Überwachung, Inspektion und Durchsetzung sind diese Vorschriften in der Praxis oft bedeutungslos. Viele der dokumentierten Missbräuche sind nach saudischem Recht gesetzwidrig, bleiben aber völlig straffrei. 

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