Amnesty Report Irland 23. Mai 2018

Irland 2017/18

Report Cover 17/18

In früheren Jahrzehnten begangene Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen und Mädchen wurden auch 2017 nicht angemessen untersucht. Schwangerschaftsabbrüche wurden weitgehend kriminalisiert, und der Zugang zu entsprechenden Informationen unterlag strikten Beschränkungen. Die schlechten Lebensbedingungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende gaben nach wie vor Anlass zur Sorge.

Frauenrechte

Im März veröffentlichte der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) seine abschließenden Bemerkungen zum sechsten und siebten Bericht Irlands. Der Ausschuss zeigte sich besorgt über die Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch, den Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich der Mittelkürzungen für nichtstaatliche Unterstützungsleistungen, und über die Auswirkungen der Sparmaßnahmen auf die Bereitstellung von Finanzmitteln für Frauen-NGOs. 

Der Ausschuss bemängelte, dass zu den Vorwürfen über Menschenrechtsverletzungen an Frauen und Mädchen in den Heimen für ledige Mütter (Magdalene Laundries), die mit staatlicher Finanzierung und unter staatlicher Kontrolle von den 1930er Jahren bis 1996 betrieben wurden, noch immer keine gründliche und unabhängige Untersuchung eingeleitet worden war. Dem schloss sich der UN-Ausschuss gegen Folter in seinen im August veröffentlichten abschließenden Bemerkungen zum zweiten periodischen Bericht Irlands an. Im November veröffentlichte die Ombudsstelle einen Bericht, in dem der Ausschluss einiger Frauen aus den Entschädigungsprogrammen für Opfer der Magdalene Laundries kritisiert wurde.

Darüber hinaus nahm der CEDAW-Ausschuss Bezug auf zahlreiche Empfehlungen anderer UN-Menschenrechtsmechanismen zu dem nach wie vor ungelösten Problem der Fälle von Missbrauch an Frauen und Mädchen in früheren Jahrzehnten. Zu diesen zählen auch die operativen Eingriffe zur Erweiterung des Beckens bei Entbindungen (Symphysiotomie) ohne vorherige Zustimmung der betroffenen Frau. 

Sexuelle und reproduktive Rechte

Im Juni 2017 befand der UN-Menschenrechtsausschuss in der Rechtssache Whelan gegen Irland, das irische Abtreibungsgesetz habe die Rechte der Klägerin auf Schutz vor grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung und vor Diskriminierung sowie ihr Recht auf Privatsphäre verletzt, da sie aufgrund der Bestimmungen gezwungen gewesen sei, zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs ins Ausland zu reisen. Im August erklärte der UN-Ausschuss gegen Folter, das irische Abtreibungsrecht stelle für Frauen eine "schwere physische und psychische Bürde und Belastung" dar.

Ebenfalls im Juni empfahl die Citizens’ Assembly, eine von der Regierung mit der Erarbeitung von Vorschlägen zu einer Verfassungsreform betraute beratende Bürgerversammlung, die Streichung des achten Zusatzes zur Verfassung, der das Recht des Fötus auf Leben mit dem der Mutter auf eine Stufe stellt. Die Versammlung empfahl Straffreiheit bei Abbrüchen zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft generell und unter einer Reihe von Voraussetzungen auch danach. Diese Empfehlungen wurden von einem eigens dafür ins Leben gerufenen parlamentarischen Ausschuss diskutiert und unterstützt. Der Ausschuss empfahl zudem, Frauen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen, und medizinisches Personal, welches diese vornimmt, zu entkriminalisieren. Die Regierung kündigte für Anfang 2018 ein Referendum zum achten Zusatzartikel an.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Die schlechten Lebensbedingungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende (direct provision accommodation centres) gaben nach wie vor Anlass zu Sorge, insbesondere der Mangel an Wohnraum, Privatsphäre und Freizeiteinrichtungen, vor allem für Kinder, sowie das knappe Taschengeld. Im Mai erklärte der Oberste Gerichtshof das Arbeitsverbot während des Asylverfahrens unabhängig von dessen Dauer für verfassungswidrig und setzte dem Gesetzgeber eine Frist von sechs Monaten zur Umsetzung dieser Entscheidung. Die Ombudsstelle und die Ombudsstelle für Kinder wurden gesetzlich ermächtigt, Beschwerden von Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtungen zu prüfen.

Im September kündigte die Regierung die Erarbeitung eines Community Sponsorship Programme für die Ansiedlung von Flüchtlingen an.

Recht auf Wohnen

Immer mehr Menschen wurden obdachlos, häufig aufgrund eines Mangels an bezahlbaren Mietwohnungen. Die Zahl der obdachlosen Familien stieg zwischen August 2016 und August 2017 um 25 %; viele Kinder mussten in ungeeigneten hostelähnlichen Unterkünften leben.

Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter

Im Februar 2017 trat ein neues Gesetz in Kraft, das u. a. den Erwerb sexueller Dienstleistungen unter Strafe stellte. Zwar wurden die strafrechtlichen Sanktionen für Sexarbeiterinnen für das Anbieten sexueller Dienstleistungen und für "Herumstreunen" gestrichen, doch blieben andere Aspekte der Sexarbeit nach wie vor strafbar, obwohl internationale Erkenntnisse belegen, dass die Kriminalisierung dieser Tätigkeiten nur die Isolierung und Marginalisierung der Betroffenen fördert und dass die Gefahr gewalttätiger Übergriffe und der Verletzung anderer Menschenrechte steigt.

Die Expertengruppe des Europarats gegen Menschenhandel nahm Berichte über die möglichen negativen Folgen der Kriminalisierung des Erwerbs sexueller Dienstleistungen von Opfern des Menschenhandels zur Kenntnis. Er forderte Irland auf, die Auswirkungen auf Identifizierung, Schutz und Unterstützung der Opfer des Menschenhandels und auf die strafrechtliche Verfolgung der Menschenhändler zu untersuchen.

Diskriminierung – Irish Travellers

Nach jahrelangen Kampagnen der Betroffenen wurde die Gemeinschaft der Irish Travellers im März 2017 von der Regierung formell als ethnische Minderheit anerkannt. Dies gilt zwar nur als symbolischer, jedoch wichtiger Schritt auf dem Weg zur Anerkennung und Beendigung der jahrhundertelangen Diskriminierung dieser Gruppe in Irland.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Der zunehmende Einfluss des Wahlgesetzes von 1997, das die politische Finanzierung regelt, auf zivilgesellschaftliche Gruppen gab Anlass zur Sorge. Das Gesetz verbietet aus vage definierten "politischen Gründen" in seiner Fassung von 2001 Spenden aus dem Ausland und Spenden aus dem Inland von mehr als 2500 Euro an Drittorganisationen.

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