Amnesty Report Japan 16. Mai 2017

Japan 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Eine von der Liberaldemokratischen Partei angestrebte Verfassungsänderung wurde wahrscheinlicher, da seit den Oberhauswahlen im Juli 2016 in beiden Kammern Parteien, die eine Reform befürworteten, gemeinsam über eine Zweidrittelmehrheit verfügten. Es gab Befürchtungen, dass eine Änderung der Verfassung Menschenrechtsgarantien aushöhlen könnte. Die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen war weit verbreitet. Mehrere Kommunen und große Unternehmen ergriffen jedoch Maßnahmen zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Zum Tode verurteilte Häftlinge wurden weiterhin hingerichtet.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

2016 verabschiedeten weitere Kommunen Richtlinien zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Eine wachsende Zahl überwiegend multinationaler Unternehmen änderten ihre internen Regelungen und dehnten ihre Arbeitgeberleistungen auf Mitarbeiter aus, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben. Vor den Oberhauswahlen im Juli versprachen die großen politischen Parteien, sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen einzusetzen.

Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsgruppe hielt jedoch weiter an, vor allem in ländlichen Gebieten. Eine Transfrau klagte gegen den Staat, weil man ihr in der Haft eine Hormonbehandlung verweigert hatte. Die Eltern eines homosexuellen Studenten der Hitotsubashi-Universität in der Hauptstadt Tokio reichten Klage gegen die Hochschule und einen Studenten ein. Sie forderten die Übernahme der Verantwortung und eine Entschädigung dafür, dass ihr Sohn Selbstmord verübt hatte, nachdem er "geoutet" und schikaniert worden war.

DISKRIMINIERUNG – ETHNISCHE MINDERHEITEN

Im Mai 2016 verabschiedete das Parlament das erste nationale Gesetz, das die Verbreitung von Hass ("Hassrede") gegen Bürger ausländischer Herkunft und deren Nachkommen verurteilt. Das Gesetz war eine Reaktion auf die Zunahme von Kundgebungen, die Diskriminierung propagierten. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Rechtsanwälte bezweifelten den Nutzen des Gesetzes, weil es sehr eng gefasst ist und "Hassrede" weder offiziell verbietet noch Strafen festlegt. Ende Mai erließ ein Gericht in der Präfektur Kanagawa eine erste entsprechende einstweilige Verfügung. Sie verbot einem antikoreanischen Aktivisten, eine Kundgebung im Umkreis von 500 m rund um den Sitz einer Organisation zu organisieren, die sich für ethnische Koreaner einsetzt.

Der Oberste Gerichtshof wies im Mai 2016 eine Klage ab, die sich gegen die flächendeckende polizeiliche Überwachung von Muslimen und als muslimisch wahrgenommenen Personen richtete. 2010 waren im Internet 114 interne Dokumente der Tokioter Polizei aufgetaucht, die persönliche und finanzielle Details über in Japan lebende Muslime enthielten, die als "terrorverdächtig" eingestuft waren. Das Gericht bestätigte, dass dies einen Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre darstelle, stellte diese Form der Datensammlung jedoch nicht grundsätzlich in Frage.

GEWALT GEGEN MÄDCHEN UND FRAUEN

Nachdem Japan und Südkorea Ende 2015 ein Abkommen bezüglich des Systems der sexuellen Sklaverei durch das japanische Militär vor und während des Zweiten Weltkriegs erzielt hatten, gründete die südkoreanische Regierung im Juli 2016 eine "Versöhnungs- und Heilungsstiftung", die von der japanischen Regierung finanziert wird. Die Regierung betonte, dass das Geld nicht für Entschädigungen gedacht sei, gemäß ihrer Position, dass alle entsprechenden Forderungen im Rahmen von nach dem Zweiten Weltkrieg geführten Verhandlungen geklärt worden seien. Zivilgesellschaftliche Organisationen in Südkorea forderten weiterhin, das Abkommen von 2015 aufzukündigen. Sie halten es für verfassungswidrig und unwirksam, da die Überlebenden bei den Verhandlungen nicht vertreten waren. Bis Ende 2016 hatte Japan noch mit keinem weiteren Land Verhandlungen aufgenommen, obwohl die kaiserliche japanische Armee Frauen aus dem gesamten asiatisch-pazifischen Raum in die sexuelle Sklaverei gezwungen hatte.

FLÜCHTLINGE UND ASYLSUCHENDE

Die Behörden wiesen auch 2016 die Mehrzahl der Asylanträge ab. 2015 wurden nach offiziellen Angaben 7586 Asylanträge gestellt, dies bedeutete eine Steigerung von 52 % gegenüber dem Vorjahr. Nur 27 von ihnen wurde stattgegeben. Ein Asylsuchender aus Sri Lanka bereitete im August 2016 eine Klage gegen den Staat vor, mit der Begründung, ihm sei das Recht, Asyl zu beantragen verwehrt worden, da man ihn einen Tag, nachdem sein Antrag vom Justizministerium abgelehnt worden war, abgeschoben habe.

JUSTIZSYSTEM

Das Parlament reformierte 2016 mehrere Gesetze, die die Strafjustiz betreffen. Erstmals müssen Vernehmungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft elektronisch aufgezeichnet werden, allerdings nur in bestimmten Fällen. Außerdem wurde ein System für Prozessabsprachen eingeführt und das bestehende Abhörgesetz ausgeweitet. Die Ausdehnung von Abhörmaßnahmen könnte zu Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung führen.

Im Juni 2016 gewährte das Bezirksgericht von Kumamoto Koki Miyata die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Grund dafür waren Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner "Geständnisse". Koki Miyata hatte nach seiner Verurteilung wegen Mordes im Jahr 1985 eine 13-jährige Haftstrafe verbüßt.

RECHT AUF VERSAMMLUNGSFREIHEIT

Auf Okinawa gab es 2016 erneut Proteste, nachdem die Bauarbeiten auf der US-amerikanischen Militärbasis in Takae wieder aufgenommen worden waren. Dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen der Bereitschaftspolizei und Demonstrierenden. Bei der Auflösung der Proteste erlitten mehrere Demonstrierende Verletzungen.

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