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Bahrain 2015
Die Behörden unterdrückten und bestraften weiterhin jegliche Kritik an der Regierung und schränkten die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit ein. Sicherheitskräfte gingen mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende vor und töteten mindestens zwei Personen. Angehörige der Opposition, die in den vergangenen Jahren in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt worden waren, saßen immer noch im Gefängnis, darunter auch gewaltlose politische Gefangene. Nach wie vor gingen Berichte über Folterungen von Gefangenen ein, und es herrschte ein Klima der Straflosigkeit. 21 bahrainischen Staatsbürgern, die verschiedener Anklagen im Zusammenhang mit Terrorismus für schuldig befunden worden waren, wurde die Staatsangehörigkeit aberkannt. Gerichte verurteilten fünf Menschen zum Tode, es gab jedoch keine Hinrichtungen.
Hintergrund
Die Spannungen zwischen der vornehmlich aus Sunniten bestehenden Regierung und den wichtigsten politischen Oppositionsgruppen hielten das ganze Jahr über an, nachdem der Nationale Dialog im Januar 2014 ausgesetzt worden war. Aktivisten der schiitischen Bevölkerungsmehrheit forderten mit erneuten Protestaktionen politische Reformen. Sicherheitskräfte lösten einige gewalttätige Aktionen unter exzessiver Gewaltanwendung und Gewehrfeuer auf. Im März 2014 kamen drei Polizeibeamte bei einer Bombenexplosion im Dorf al-Daih ums Leben. Im Dezember 2014 wurden bei Bombenanschlägen in Karzakan und Demistan ein Polizist und eine weitere Person getötet. Die Regierung verbot die Jugendbewegung Koalition 14. Februar sowie zwei weitere Organisationen und erklärte sie zu terroristischen Vereinigungen.
Am 22. November 2014 fanden in Bahrain die ersten Parlamentswahlen seit Ausbruch der Unruhen im Jahr 2011 statt, sie wurden jedoch von der Opposition boykottiert. Dazu aufgerufen hatte die Nationale Islamische Gesellschaft al-Wifaq , die größte schiitische politische Vereinigung.
Im Dezember 2014 wurden die Antiterrorgesetze um zusätzliche Polizeibefugnisse erweitert. Danach können Sicherheitskräfte Terrorverdächtige nun bis zu 28 Tage lang ohne Kontakt zur Außenwelt festhalten.
Vertreter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte statteten Bahrain von Februar bis Mai 2014 Besuche ab, um den Schulungsbedarf zum Thema Menschenrechte zu ermitteln. Im September veröffentlichte die Regierung einen Zwischenbericht über die Fortschritte bei der Umsetzung der 2012 im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung des UN-Menschenrechtsrats unterbreiteten Empfehlungen, die Bahrain akzeptiert hatte.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Die Behörden gingen weiterhin hart gegen Andersdenkende vor. Kurz vor dem dritten Jahrestag des Ausbruchs der Volksaufstände von 2011 erhöhte die Regierung im Februar 2014 die Strafen für den Tatbestand der Beleidigung des Königs, der bahrainischen Flagge und des nationalen Wappens auf ein bis sieben Jahre Haft sowie eine empfindliche Geldstrafe.
Der Augenarzt Dr. Sa’eed Mothaher Habib al-Samahiji wurde am 1. Juli 2014 zur Verbüßung einer einjährigen Gefängnisstrafe festgenommen, die im Dezember 2013 gegen ihn verhängt worden war. Er war wegen "öffentlicher Beleidigung des Königs" während seiner Trauerrede für einen Protestierenden, der von einem Polizeiauto überfahren worden war, verurteilt worden. Ende 2014 war al-Samahiji noch immer im Jaw-Gefängnis südlich von Manama inhaftiert.
Unter den weiteren gewaltlosen politischen Gefangenen im Jaw-Gefängnis befanden sich führende Angehörige der Opposition und Menschenrechtsverteidiger, die in den vorhergehenden Jahren in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt worden waren. Der Menschenrechtsverteidiger Nabeel Rajab kam im Mai 2014 frei, nachdem er eine zweijährige Gefängnisstrafe wegen seiner Teilnahme an einer unerlaubten Versammlung verbüßt hatte. Im Oktober wurde er unter dem Vorwurf der "öffentlichen Diffamierung von staatlichen Einrichtungen" erneut festgenommen.
Im November setzten ihn die Behörden gegen Kaution auf freien Fuß. Bis zum Beginn seiner Verhandlung im Januar 2015 wurde er jedoch mit einem Reiseverbot belegt. Die Aktivistin Zainab Al-Khawaja kam im Oktober 2014 in Haft und wurde im November und Dezember u.a. wegen Beleidigung des Königs zu insgesamt vier Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Ende 2014 befand sie sich bis zum Abschluss ihres Berufungsverfahrens auf freiem Fuß. Die Frauenrechtlerin Ghada Jamsheer wurde im September 2014 inhaftiert und musste sich wegen verschiedener Anklagen vor Gericht verantworten, u.a. wegen tätlichen Angriffs auf einen Polizisten. Im Dezember kam sie gegen Kaution frei.
Recht auf Versammlungsfreiheit
Aufgrund eines 2013 erlassenen Dekrets der Regierung blieben alle öffentlichen Zusammenkünfte in der Hauptstadt Manama streng verboten. Trotzdem fanden an anderen Orten sporadische Protestaktionen statt. Die Sicherheitskräfte nahmen zahlreiche Menschen wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen fest. Einige von ihnen wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt.
Im Mai 2014, fünf Monate nach seiner Festnahme, musste sich Ahmad Mshaima’ vor Gericht verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, an "illegalen Versammlungen mit der Absicht, Straftaten zu begehen und die öffentliche Sicherheit zu gefährden" teilgenommen zu haben. Er gab an, in den Tagen nach seiner Festnahme von Sicherheitsbeamten gefoltert worden zu sein. Die Behörden gingen diesen Vorwürfen jedoch nicht nach. Er kam im Juni gegen Kaution frei, wurde aber im November erneut festgenommen und im Dezember wegen "Beleidigung des Königs" zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.
Im Dezember 2014 wurden der Menschenrechtsverteidiger Mohammad al Maskati sowie zehn weitere Männer wegen "illegaler Versammlung" zu sechs Monaten Haft verurteilt.
Recht auf Vereinigungsfreiheit
Die Regierung schränkte das Recht auf Vereinigungsfreiheit ein und berief sich dabei auf neue Befugnisse des Justizministeriums. Danach kann das Ministerium mit vagen Begründungen politische Vereinigungen vorübergehend schließen oder auflösen. Der Minister beantragte die vorübergehende Schließung von zwei der einflussreichsten politischen Oppositionsvereinigungen, Wa’ad und al-Wifaq, weil es Unregelmäßigkeiten bei ihrer Arbeit gegeben haben soll.
Das Justizministerium stellte das Verfahren gegen Wa’ad im November 2014 wieder ein. Im Oktober 2014 ordnete ein Gericht die Suspendierung von al-Wifaq für einen Zeitraum von drei Monaten an. Dieses gerichtliche Vorgehen erfolgte kurz nachdem die Staatsanwaltschaft den Parteivorsitzenden von al-Wifaq, Scheich Ali Salman, und seinen Stellvertreter angeklagt hatte, sich mit "ausländischen Beamten getroffen zu haben, ohne die Regierung davon in Kenntnis zu setzen".
Die Klage wurde nach einem Treffen der beiden Aktivisten mit dem stellvertretenden US-Außenminister und Beauftragten für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit, Tom Malinowski, eingereicht. Ende Dezember 2014 wurde Scheich Ali Salman festgenommen. Ihm wurde u.a. Anstiftung zur Herbeiführung eines politischen Wandels unter Einsatz von Gewalt, Drohungen und anderen illegalen Mitteln vorgeworfen.
Entzug der Staatsbürgerschaft
Im Juli 2014 änderte der König per Dekret das Staatsbürgerschaftsgesetz von 1963 und gab damit Gerichten neue Befugnisse, um bahrainischen Bürgern die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn sie u.a. wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit Terrorismus verurteilt werden. Das Gesetz erlaubt den Behörden zudem, Personen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, wenn sie mehr als fünf Jahre ohne Unterbrechung im Ausland leben und das Innenministerium nicht darüber in Kenntnis setzen.
Im Jahr 2014 wurde 21 Personen die Staatsbürgerschaft aberkannt. Im August entzog der Oberste Gerichtshof neun bahrainischen Männern die Staatsbürgerschaft, nachdem sie terrorismusbezogener Anklagen für schuldig befunden worden waren. Zudem erhielten sie Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren. Das Gericht stützte sich bei diesen Urteilen zum Teil auf "Geständnisse", die nach Angaben der Angeklagten unter Folter zustande gekommen waren. Im Oktober 2014 ordnete ein Gericht die Ausweisung mehrerer Personen an, denen 2012 willkürlich die bahrainische Staatsbürgerschaft aberkannt worden war. Das Gericht stellte fest, dass sie seitdem rechtswidrig im Land gelebt hatten. Ihre Berufungsverhandlung wurde für April 2015 angesetzt.
Folter und andere Misshandlungen
Er gingen nach wie vor Berichte über Folter ein, obwohl eine Reihe von offiziellen Gremien eingesetzt worden war, um Anschuldigungen über Folter und Misshandlungen in Gewahrsam nachzugehen. In einigen Fällen beschwerten sich Häftlinge, von der Polizei und Sicherheitsbeamten während ihrer Festnahme, bei Hausdurchsuchungen und auf dem Transport zu Polizeistationen in Polizeifahrzeugen tätlich angegriffen worden zu sein. Dasselbe wiederholte sich ihren Angaben zufolge während der Verhöre durch Beamte der Kriminalpolizei.
Die Häftlinge hätten zudem tagelang keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand oder zu ihren Familien bekommen. Zu den Foltermethoden gehörten Berichten zufolge Prügel, Faustschläge, Elektroschocks, Aufhängen an den Extremitäten sowie Vergewaltigung und angedrohte Vergewaltigung. Außerdem wurden sie vorsätzlich extremer Kälte ausgesetzt.
Mohamed ’Ali al-’Oraibi wurde am 2. Februar 2014 auf dem Flughafen von Manama bei seiner Einreise nach einem Auslandsaufenthalt festgenommen. Er gab an, danach fünf Tage lang von Sicherheitsbeamten gefoltert worden zu sein. Eigenen Angaben zufolge wurde er stets nackt verhört. Die Beamten verabreichten ihm Elektroschocks an den Genitalien, hängten ihn an seinen Extremitäten auf, schlugen ihn mit einem Stock, und es kam zu sexuellen Übergriffen. Am 17. April wurde er bis zum Abschluss der Untersuchungen auf freien Fuß gesetzt. Er legte Beschwerde bei den Behörden ein, die den Foltervorwürfen jedoch offenbar nicht nachgingen.
Exzessive Gewaltanwendung
Im März 2014 erging ein königliches Dekret (Dekret 24/2014), das die Anwendung von Gewalt und den Einsatz von Schusswaffen regeln soll.
Die Sicherheitskräfte gingen regelmäßig mit exzessiver Gewalt gegen Protestierende vor. Unter anderem beschossen sie die Demonstrierenden mit scharfer Munition und Tränengas. Dies führte zu zahlreichen Verletzten und mindestens zwei Todesfällen. Der 14-jährige Sayed Mahmoud Sayed Mohsen starb am 21. Mai 2014, nachdem Sicherheitskräfte Tränengasgranaten und Gewehrschüsse auf Protestierende abgefeuert hatten, die auf der Insel Sitrah an einem Trauerzug teilgenommen hatten. Die Familie des Opfers sagte aus, der Jugendliche habe Gewehrkugeln in seiner Brust gehabt, was vermuten ließ, dass er aus nächster Nähe erschossen worden war. Das Innenministerium kündigte eine Untersuchung an. Bis Ende des Jahres 2014 waren jedoch noch keine Ergebnisse bekannt geworden.
Straflosigkeit
Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen wurden nur sehr selten untersucht. Die Behörden hielten zudem einige der Personen noch immer in Gewahrsam, denen die Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry – BICI) im Jahr 2011 bescheinigt hatte, dass sie gefoltert worden waren. Zwar wurde gegen eine Handvoll Beamte niederer Dienstgrade ermittelt, in der Praxis konnten die Sicherheitskräfte jedoch nach wie vor weitgehend mit Straflosigkeit rechnen, und es gingen weiterhin Berichte über Folter von Häftlingen und die Anwendung exzessiver Gewalt gegen Protestierende ein. Acht Polizisten wurden in Verbindung mit der Tötung einer Person und des Todes in Gewahrsam einer weiteren Person vor Gericht gestellt. Einer der Beamten, dem man Körperverletzung vorwarf, wurde freigesprochen.
Das Verfahren gegen die übrigen Polizisten dauerte Ende 2014 noch an. In den zwei Jahren seit dem Beginn der Gerichtsverfahren gegen Angehörige der Sicherheitskräfte wurden insgesamt 15 Sicherheitsbeamte von dem Verdacht der Folter oder der Tötung von Protestierenden freigesprochen. Sechs weitere Angeklagte erhielten Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und drei Jahren, weil sie für Todesfälle in Gewahrsam oder die Tötung von Protestierenden verantwortlich waren.
Zwei Beamte, die wegen des Todes des 16-jährigen Hussein al-Jazairi während einer Demonstration am 14. Februar 2013 in al-Daih angeklagt worden waren, blieben Berichten zufolge auf freiem Fuß und mussten sich 2014 nicht vor Gericht verantworten. Die Anklage lautete auf Angriff mit Todesfolge. Der Oberste Gerichtshof hatte die beiden Beamten im Mai 2013 auf Kaution freigelassen. Hussain al-Jazairi war gestorben, nachdem aus nächster Nähe mit scharfer Munition auf ihn geschossen worden war.
Im September 2014 hob das Oberste Zivilgericht in England (High Court of Justice) eine Entscheidung der britischen Staatsanwaltschaft auf, wonach der Sohn des Königs von Bahrain, Prinz Nasser bin Hamad Al Khalifa, im Vereinigten Königreich diplomatische Immunität genießen würde. Das Oberste Gericht entschied, dass der Prinz nach seiner Einreise in Großbritannien strafrechtlich verfolgt werden könne. Ihm wird Mittäterschaft bei der Folterung von Gefangenen im Jahr 2011 vorgeworfen.
Todesstrafe
Die Todesstrafe blieb weiterhin für Mord und andere Verbrechen in Kraft. Gerichte sprachen 2014 fünf Todesurteile aus, von denen eines aber im Dezember durch das Berufungsgericht aufgehoben wurde. Hinrichtungen fanden nicht statt. Mahir Abbas al-Khabaz wurde am 19. Februar zum Tode verurteilt, nachdem das Gericht ihn des Mordes an einem Polizisten im Jahr 2013 für schuldig befunden hatte. Ein offenbar unter Folter erpresstes "Geständnis" wurde vor Gericht als Beweismittel gegen ihn verwendet. Ein Berufungsgericht bestätigte das Todesurteil. Ende 2014 wartete der Verurteilte noch auf die endgültige Entscheidung des Kassationsgerichts.