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Litauen 2022
Litauische Beamte nehmen Schutzsuchende fest, die die Grenze von Belarus nach Litauen überquert haben (Archivaufnahme vom Juli 2021).
© REUTERS
Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022
Flüchtlinge aus der Ukraine wurden aufgenommen und unterstützt; Geflüchtete und Migrant*innen aus anderen Ländern wurden nach Belarus abgeschoben oder willkürlich inhaftiert, erhielten keinen Zugang zu Asylverfahren und waren in manchen Fällen Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften waren nach wie vor nicht legalisiert.
Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen
Litauen gewährte 2022 mindestens 71.932 Personen, die nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine von dort geflohen waren, Zuflucht und Unterstützung. Nichteuropäische Geflüchtete und Migrant*innen, die über Belarus ins Land kamen, waren nach wie vor gewaltsamen Pushbacks, willkürlicher Inhaftierung und anderen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Grenzposten schoben über das Jahr hinweg trotz der Gefahr von Folter und anderen Misshandlungen durch belarussische Behörden mindestens 11.097 Menschen zurück nach Belarus.
Im Juni 2022 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), dass Litauens Notstandsgesetze gegen EU-Recht verstießen, da sie den Menschen die Möglichkeit vorenthielten, Asyl zu beantragen, und die automatische Inhaftierung von Personen ermöglichten, die ohne offizielle Erlaubnis eingereist waren. Die Gesetze waren Ende 2022 noch in Kraft. Im August schlug das Innenministerium ein Gesetz vor, das die Praxis der Pushbacks an der Grenze noch stärker zementieren würde.
Im März 2022 waren ungefähr 4.000 Personen nach wie vor willkürlich in von der Regierung betriebenen Haftzentren inhaftiert, wo ihnen der Zugang zu angemessenen Asylverfahren verweigert wurde. Infolge von Gerichtsentscheidungen durften die meisten von ihnen später die Haftzentren verlassen. Im Dezember befanden sich noch 39 Personen in Gewahrsam.
Flüchtlinge und Migrant*innen, die in Einrichtungen inhaftiert waren, litten dort unter Überbelegung, unverhältnismäßigen Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit und unzureichendem Zugang zu Toiletten und medizinischer Versorgung. Im Januar und Juli kam die zuständige Ombudsperson zu dem Schluss, dass die Bedingungen in den Haftzentren von Kybartai und Medininkai unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichkamen. Das Haftzentrum in Medininkai wurde daraufhin geschlossen. Anfang 2023 beschlossen die Behörden, auch die Einrichtung in Kybartai zu schließen.
Sicherheitskräfte, die an den Grenzen Pushbacks vornahmen oder bei Protesten in Haftzentren im Einsatz waren, griffen Asylsuchende und Migrant*innen u. a. mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Elektroschockgeräten an.
Am 1. und 2. März 2022 durchsuchte eine Einheit der Bereitschaftspolizei das Haftzentrum in Medininkai. Polizist*innen setzten eine Gruppe Schwarzer Frauen sexualisierten Erniedrigungen aus, indem sie sie zwangen, halbnackt und mit gefesselten Händen draußen in der Kälte auszuharren, und sie dann in einen Container sperrten. Im Oktober beendeten die Polizeibehörden die Untersuchung des Vorfalls mit der Begründung, es lägen weder ausreichende Beweise noch objektive Gründe für ein Strafverfahren vor.
Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)
Im Mai 2022 begann das Parlament über einen Kompromissvorschlag für ein Gesetz zu debattieren, mit dem geschlechtsneutrale Lebenspartnerschaften eingeführt werden sollen, wodurch gleichgeschlechtliche Paare gewisse Rechte bekämen. Ein zuvor vorgelegter Gesetzentwurf, der gleichgeschlechtliche Partnerschaften legalisiert hätte, war 2021 abgelehnt worden.
Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung
Im Januar 2022 wurde bekannt, dass Litauen ungefähr 100.000 Euro Entschädigung an den im US-Gefangenenlager Guantánamo Bay inhaftierten palästinensischen Staatsangehörigen Abu Zubaydah gezahlt hat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte 2018 entschieden, dass Litauen Beihilfe zu seinem Verschwindenlassen und seiner Folterung durch die CIA geleistet hatte. Da Abu Zubaydah nach wie vor inhaftiert ist und seine Konten eingefroren sind, konnte er die Entschädigung nicht entgegennehmen.
Im März 2022 unterzeichnete Litauen ein Abkommen mit Polen und der Ukraine über die Gründung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe, die in der Ukraine verübte völkerrechtliche Verbrechen untersuchen soll.