Amnesty Report Irland 16. April 2020

Irland 2019

Im Vordergrund: Kaimauer mit der Aufschrift "Refugees Welcome", bewölkter Himmel, in der Ferne Baukräne

In Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Gruppen legte die irische Regierung im März 2019 ein Sponsorenprogramm zur Unterstützung von Flüchtlingen auf. (Archivbild)

Ein neues Abtreibungsgesetz liberalisierte den Zugang zu entsprechenden ärztlichen Dienstleistungen. Einschränkungen blieben jedoch bestehen, und in bestimmten Fällen wurden die Anbieter solcher Gesundheitsleistungen weiterhin kriminalisiert. Die Besorgnis über Wohnungsmangel und Obdachlosigkeit nahm zu. Das Gesetz über die politische Finanzierung schränkte die Möglichkeiten der freien Meinungsäußerung für zivilgesellschaftliche Gruppen ein.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Am 1. Januar trat das Gesetz von 2018 zum Schwangerschaftsabbruch in Kraft, mit dem der legale Zugang zu Abtreibungsdienstleistungen liberalisiert wurde. Abtreibungen waren jetzt im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsversorgung kostenlos. Davor war ein legaler Schwangerschaftsabbruch nur dann möglich gewesen, wenn das Leben der Mutter "ernsthaft gefährdet" war. 

Das Gesetz wies 2019 jedoch noch immer erhebliche Lücken auf. Dazu gehörten eine obligatorische dreitägige Wartezeit, hohe Anforderungen in Bezug auf eine "ernsthafte Schädigung" der Schwangeren, die fehlende Möglichkeit einer Abtreibung in Fällen von Schwangerschaften mit gravierenden, aber nicht tödlichen Beeinträchtigungen des Fötus und die fortgesetzte Kriminalisierung von Angehörigen der Gesundheitsberufe, die außerhalb des gesetzlichen Rahmens Schwangerschaftsabbrüche durchführen. 

Bis zum Jahresende boten nur zehn der 19 Entbindungskliniken oder -abteilungen vollumfängliche Schwangerschaftsabbrüche an, was Anlass zu der Befürchtung gab, dass eine gewissensbasierte Verweigerung von Abtreibungen durch das medizinische Fachpersonal eine Ausweitung des Angebots von Schwangerschaftsabbrüchen verhindern könnte.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Vermehrt wurde die Forderung nach alternativen Unterbringungsmöglichkeiten für die 6082 gegenwärtig in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Asylsuchenden gestellt. Ein im Dezember 2019 veröffentlichter Bericht eines Parlamentsausschusses endete mit dem Fazit, dass in diesem System des institutionalisierten Zusammenlebens dem Recht der dort untergebrachten Menschen auf Privatsphäre und Menschenwürde nicht ausreichend Rechnung getragen werde. Im selben Monat äußerte sich der UN-Ausschuss zur Beseitigung der rassistischen Diskriminierung besorgt über die "unangemessenen Lebensbedingungen" in den Erstaufnahmeeinrichtungen und die gravierenden Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das Familienleben der Asylsuchenden. Der Ausschuss kritisierte auch die "unwürdigen Lebensbedingungen" in den Notunterkünften, die wegen des großen Kapazitätsmangels für neue Asylsuchende bereitgestellt wurden, sowie den dort festgestellten Mangel an grundlegenden Dienst- und Unterstützungsleistungen. 

In Kooperation mit dem UNHCR und zivilgesellschaftlichen Gruppen legte die Regierung im März 2019 ergänzend zum bisherigen nationalen Ansiedlungsprogramm ein Sponsorenprogramm zur Unterstützung von Flüchtlingen auf Gemeindeebene auf. Dieses Programm, das im November offiziell anlief, bot Privatpersonen und gemeindebasierten Organisationen die Möglichkeit, Flüchtlingsfamilien bei der Ankunft im Land zu helfen und ihre Integration zu unterstützen. Bis zum Jahresende waren im Rahmen dieses Programms 25 Flüchtlinge aufgenommen worden.

Recht auf Wohnen

Immer mehr Menschen wurden 2019 obdachlos, viele davon als Folge der sinkenden Zahl von erschwinglichen privaten Mietwohnungen. Im September waren nach amtlichen Zahlen 10.397 Menschen (darunter 3873 Kinder) ohne Wohnung, ein Anstieg um 278% seit Dezember 2014.

Im Juli wurde bei einer von der Regierung geförderten Überprüfung des Programms zur Unterbringung von Nichtsesshaften (Traveller Accomodation Programme) festgestellt, dass diese Bevölkerungsgruppe unverhältnismäßig häufig von Obdachlosigkeit betroffen ist. Es zeigte sich, dass für diese Menschen in einigen Kommunen nach wie vor zu wenige geeignete Unterkünfte zur Verfügung stehen. Außerdem wurde festgestellt, dass Nichtsesshafte auf dem privaten Mietwohnungsmarkt noch größere Schwierigkeiten hatten als andere Haushalte mit geringem Einkommen; wenn sie überhaupt eine Mietwohnung fanden, behielten sie sie meist nicht sehr lange.

Sexarbeiter_innen

Gegen Sexarbeiter_innen wurde weiterhin der Straftatbestand "Führung eines Bordells" angewandt. In einem Fall wurden zwei junge Migrant_innen, eine von ihnen schwanger, wegen dieses Delikts zu neun Monaten Haft verurteilt, als die Polizei die beiden in einer Wohnung bei der Arbeit aufgriff.

Straflosigkeit

Die Regierung entschuldigte sich bei Personen, die vor 1992 als Kinder in Schulen sexuell missbraucht worden waren. Im Juli befand ein als unabhängiger Gutachter fungierender ehemaliger Richter des oberstes Zivil- und Strafgerichts, dass der irische Staat die Entscheidung des Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte von 2014 in der Sache O'Keefe gegen Irland falsch ausgelegt habe, weil in Missbrauchsfällen den Überlebenden nur dann Wiedergutmachung zugesprochen wurde, wenn zuvor bereits andere Geschädigte Beschwerde gegen die Täter_innen eingereicht hatten. 

Im April stellte die Untersuchungskommission zu den zwischen 1922 und 1998 von religiösen Orden geführten Mutter- und Säuglingsheimen in ihrem fünften Zwischenbericht fest, dass die Mehrzahl der Kinder, die in sieben dieser Einrichtungen verstorben waren, an einem unbekannten Ort bestattet worden waren und dass auch keine Bestattungsunterlagen vorliegen. Die Kommission bestätigte auch Medienberichte aus dem Jahr 2014, dass auf dem Gelände des Heims für unverheiratete Mütter und ihre neugeborenen Kinder im westirischen Tuam Hunderte von Kinderleichen in Abwassertanks entsorgt worden waren.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Auch 2019 herrschte Besorgnis über die Auswirkungen des Wahlgesetzes von 1997, das die politische Finanzierung regelt, auf zivilgesellschaftliche Gruppen. Das Gesetz in seiner 2001 geänderten Fassung verbietet Spenden aus dem Ausland oder inländische Spenden über 2500 Euro an "Drittorganisationen" für vage definierte "politische Zwecke".

Unternehmensverantwortung

Der Gesetzentwurf zur Kontrolle der Wirtschaftstätigkeit (besetzte Gebiete) passierte 2019 im Parlament nach dem Seanad (Oberhaus) auch den Dáil (Unterhaus), wo er im Januar in zweiter Lesung verabschiedet, dann aber von der Regierung blockiert wurde. Dieses bahnbrechende Gesetz würde den Handel mit Waren und Dienstleistungen illegaler israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten verbieten.

Veröffentlichungen von Amnesty International

Amnesty International: Israel and Occupied Palestinian Territories: Destination: Occupation digital tourism and Israel’s illegal settlements in the Occupied Palestinian Territories (MDE 15/9490/2019

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