Amnesty Report Dominikanische Republik 28. März 2023

Dominikanische Republik 2022

Eine in grün gekleidete Frau demonstriert, gemeinsam mit anderen, vor dem Nationalkongress in Santo Domingo am 6. Oktober 2020 für die Legalisierung von Abtreibungen.

Eine Frau demonstriert vor dem Nationalkongress in Santo Domingo für die Legalisierung von Abtreibungen (Archivaufnahme vom 6. Oktober 2020).

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

Auch 2022 wurde das Strafgesetzbuch nicht reformiert, um Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren und Schutzmechanismen für lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen einzuführen. Der Präsident versprach eine Reform des Polizeiwesens. Es gab weiterhin Berichte über die Diskriminierung von Haitianer*innen und Dominikaner*innen haitianischer Herkunft. Entlang der Grenze zu Haiti wurde mit dem Bau einer Mauer begonnen.

Hintergrund

Aus einem Bericht der NGOs Participación Ciudadana und Transparency International ging hervor, dass die Bevölkerung der Dominikanischen Republik die Themen Kriminalität, Arbeitslosigkeit und Korruption als die wichtigsten gesellschaftlichen Probleme betrachtete.

Auf der UN-Generalversammlung im September 2022 baten die dominikanischen Behörden die internationale Gemeinschaft um mehr Unterstützung bei der Bewältigung der sich immer weiter verschärfenden menschenrechtlichen und humanitären Krise in Haiti. Ebenfalls im September zog der Hurrikan "Fiona" über die Dominikanische Republik hinweg, der zu Stromausfällen führte und Hunderte Menschen vertrieb.

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt

Auch 2022 reformierte der Kongress das Strafgesetzbuch nicht dahingehend, dass Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert und der Schutz vor Folter, Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gesetzlich verankert wurde.

Exzessive Gewaltanwendung

Im Mai 2022 ließen die körperliche Misshandlung und der anschließende Tod eines Mannes in Polizeigewahrsam erneut Forderungen nach einer Polizeireform aufkommen, die den anhaltenden Beschwerden über die unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch Ordnungskräfte Rechnung tragen sollte. Im Zusammenhang mit dem Todesfall empfahl die Polizei Medienberichten zufolge später die Entlassung von fünf Polizeikräften.

Im August 2022 erklärte Präsident Abinader, seine Regierung werde "alles daransetzen", das Polizeiwesen zu reformieren, und sicherte kontinuierliche fachliche Weiterbildungsmaßnahmen für Zehntausende Angehörige der Polizei zu. Diese Ankündigung folgte auf mehr als ein Jahrzehnt, in dem immer wieder Nachweise dafür ans Licht gekommen waren, dass Angehörige der Polizei junge Männer, Sexarbeiter*innen und Angehörige marginalisierter Gemeinschaften routinemäßig folterten und anderweitig misshandelten.

Diskriminierung

Im Februar 2022 begannen die Behörden mit dem Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Haiti, von der sie sich eine Reduzierung der organisierten Kriminalität und der "irregulären" Einwanderung erhofften. Menschenrechtsorganisationen wiesen indes darauf hin, dass die Mauer lediglich zu noch mehr Rassismus und Diskriminierung führen würde. Zudem wird sie die Möglichkeit für Haitianer*innen, auf sicherem Wege in der Dominikanischen Republik internationalen Schutz zu suchen, einschränken.

Im Mai 2022 protestierten etwa 20 zivilgesellschaftliche Organisationen gegen die von ihnen als rassistisch bezeichnete Behandlung von haitianischen Migrant*innen und Asylsuchenden sowie von Dominikaner*innen haitianischer Herkunft durch die Behörden, insbesondere bei Festnahmen und Abschiebungen.

Einige zivilgesellschaftliche Organisationen prangerten im Dezember die Kollektivabschiebung von Menschen nach Haiti an, unter denen sich auch Minderjährige, Jugendliche und Schwangere befunden hatten. Dominikaner*innen haitianischer Herkunft sowie Dominikaner*innen, die aufgrund ihrer Hautfarbe für Haitianer*innen gehalten wurden, waren das ganze Jahr über diskriminierenden Personenkontrollen (Racial Profiling) und anderen Formen der Diskriminierung ausgesetzt.

Willkürlicher Entzug der Staatsbürgerschaft

Im September 2022 jährte sich das Verfassungsgerichtsurteil, das 2013 Tausenden Dominikaner*innen haitianischer Herkunft rückwirkend und willkürlich die Staatszugehörigkeit aberkannt hatte, zum neunten Mal. Menschenrechtsorganisationen forderten die dominikanischen Behörden anlässlich des Jahrestags auf, sich des weiterhin bestehenden Problems der Staatenlosigkeit anzunehmen.

Trotz eines Gesetzes aus dem Jahr 2014, das darauf abzielte, diejenigen Personen, die 2013 staatenlos gemacht worden waren, mit Papieren auszustatten, gab es nach wie vor Zehntausende Menschen, die keine Papiere besaßen und somit nur eingeschränkten Zugang zu Bildungsmöglichkeiten und Gesundheitsleistungen hatten.

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