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Zurückgelassen und isoliert
Besonders bedürftig: Eine Großmutter pflegt ihr Enkelkind, das an einer spastischen Lähmung erkrankt ist (Region Charkiw 2024).
© Florian Bachmeier
Ältere Personen und Menschen mit Behinderungen leiden besonders stark unter dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Amnesty International fordert eine inklusive humanitäre Unterstützung.
Von Elisabeth Wellershaus
In der Forschung und Berichterstattung kommen ältere Menschen im Krieg und auf der Flucht kaum vor. Dabei ist ihre Situation sehr spezifisch – und fragil. Denn Menschen über 60 sind im Gegensatz zu Jüngeren häufiger mit gesundheitlichen Problemen, Pflegebedarf und gesellschaftlicher Isolation konfrontiert.
In der Ukraine zeigen sich die Auswirkungen des Kriegs auf die ältere Bevölkerung besonders deutlich. Die anhaltenden Angriffe Russlands haben Millionen Zivilpersonen aus ihren Häusern vertrieben. Die Organisation HelpAge bezeichnet den Krieg als "älteste" humanitäre Krise der Welt, der Bevölkerungsanteil älterer Menschen in der Ukraine zählt
zu den höchsten weltweit: Vor dem Krieg waren knapp zehn Millionen der rund 41 Millionen Ukrainer*innen über 60 Jahre.
Allein ohne Strom, Gas, Wasser
Oft werden Ältere bei Hilfsmaßnahmen nicht angemessen berücksichtigt. Sie werden häufig in umkämpften Gebieten zurückgelassen und leben allein in Wohnungen ohne Strom, Gas und Wasser. Ihr Risiko, bei Angriffen verletzt oder getötet zu werden, ist daher besonders hoch. Wenn Ältere es schaffen, ihre gefährliche Umgebung zu verlassen, finden sie oft nur schwer eine geeignete neue Unterkunft. In vielen Städten mangelt es an barrierefreiem Wohnraum und an Unterstützungsdiensten. Auch viele Notunterkünfte sind nicht barrierefrei. Ältere, die in den mittlerweile überlasteten Heimen untergebracht werden, leiden oft unter Vernachlässigung und Isolation. Für Kranke oder Menschen mit Behinderungen ist es besonders problematisch, wenn sie weit weg von ihren Angehörigen leben.
Personalmangel in der Pflege verschärft sich
Der Film "Dreaming in the Shadows", den die ukrainische Filmemacherin Marina Chankova im Auftrag von Amnesty International drehte, zeigt viele dieser Probleme. Die Regisseurin begleitete drei ältere Ukrainer*innen und Menschen, die in der Pflege arbeiten. Der von ihr befragte 84-jährige Yevhen Kryvosheya aus Isjum, der seit einigen Monaten in einem Heim lebt, schätzt, dass es knapp 7.000 Euro kosten würde, seine zerstörte Wohnung wieder instand zu setzen – für ihn eine unbezahlbare Summe. Tetiana Fateeva, Sozialarbeiterin aus dem ostukrainischen Saltivka, die vor dem Krieg elf Menschen betreute, erzählt, dass sie inzwischen für 21 zuständig ist. Der Personalmangel in der Pflege habe sich durch den Krieg noch verschärft: "Die, die geblieben sind, haben sehr viel zu tun." Halyna Dmitrieva, 52 Jahre alt und auf einen Rollstuhl angewiesen, lebt jetzt in einer Pflegeeinrichtung in der Oblast Kirowohrad. Vor dem Krieg konnte sie in ihrer eigenen Wohnung leben, in der sie von Helfer*innen betreut wurde. Für alle Befragten gilt, dass sie ihr Leben aufgrund des Kriegs gänzlich neu ausrichten mussten.
Amnesty International in Deutschland fordert eine inklusive Unterbringung und Versorgung älterer und vulnerabler, also besonders verletzlicher, Menschen. Dies könnten die ukrainischen Behörden jedoch nicht allein leisten, sagt Janine Uhlmannsiek, Fachreferentin für Europa und Zentralasien: "Die Bundesregierung und weitere Geberländer sowie humanitäre Organisationen müssen finanzielle und technische Unterstützung bereitstellen." Nur so könnten die betroffenen Menschen unabhängig und in Würde leben. Auch im Krieg.
Elisabeth Wellershaus ist Autorin, Übersetzerin und freie Journalistin. Sie lebt in Berlin. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International wieder.