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"Gut und böse"

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland
© Amnesty International
Die Unterscheidung zwischen "gut" und "böse" greift oft zu kurz – über die immerwährende Gefahr, selbstgerecht zu werden. Kolumne von Markus N. Beeko, Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion.
Von Markus N. Beeko
"Fighting bad guys since 1961" prangt auf der Jacke des Aktivisten, dessen Bild in meinem Büro steht. Mit diesem Statement drücken Amnesty-Aktive weltweit ihr Selbstverständnis aus: Wir stehen an der Seite derer, denen Unrecht passiert und treten seit der Gründung von Amnesty im Jahr 1961 gemeinsam, entschlossen und unermüdlich denen entgegen, die die Menschenrechte mit Füßen treten. Es ist ein Ausdruck von Solidarität – und eine Kampfansage an jene, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind.
"Bad guys" – das sind für uns die, die anderen Menschen die Menschenrechte absprechen. Diejenigen, die versuchen, andere zu entmenschlichen. Wer dieser Lesart folgt, hält es in der Folge für vollkommen in Ordnung, Ausgegrenzte nicht mehr als Menschen zu behandeln, und auch, sie zu diskriminieren, ihnen Hilfe vorzuenthalten, sie zu misshandeln, zu foltern, zu töten. Solche Menschen sind es oft auch, die die Welt gerne in "Gut und Böse" aufteilen. Für sie sind die anderen stets "die Bösen", und alles, was sie selbst propagieren, ist das Gute.
Was uns zurück zu dem Amnesty-Slogan bringt: Er klingt so, als gäbe es immer "die Bösen", die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, und als wären wir immer "die Guten". Die Unterscheidung zwischen Gut und Böse scheint in der Menschheitsgeschichte oft eine Überlebensfrage gewesen zu sein. Es kann bedeutend sein zu erkennen, wer es "gut mit einem meint" und wer mit "bösen Absichten" unterwegs ist.
Aber wir wissen auch, diese Unterscheidung greift oft zu kurz. Deshalb ist dies nicht der Blick von Amnesty auf die Welt. Ja, Regierungen und Akteur*innen, die den Menschenrechten den Kampf angesagt haben, müssen benannt werden und wir müssen uns ihnen entgegenstellen. Aber: Wir stellen in unserem Amnesty-Jahresbericht keine Rangliste der größten Menschenrechtsverletzter auf. Unermüdlich nennt Amnesty Staaten wie China oder Russland beim Namen, wenn es um Kriegsverbrechen und systematische Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine, in Syrien, Nordafrika oder in der Provinz Xinjiang geht. Es gehört aber auch zu unserer Aufgabe, wiederkehrende Menschenrechtsverletzungen in Staaten anzuprangern, die sich den Menschenrechten glaubhaft verschreiben, und auch dort wieder und wieder die Achtung der Menschenrechte einzufordern. Weil Menschen verletzt werden.
Eine immerwährende Gefahr ist, dass wir selbstgerecht werden und das eigene Handeln so überstrahlen lassen, dass wir die dunklen Flecken damit ausblenden. Das ist der Fall, wenn das Teufelchen auf der einen Schulter sich bei uns durchsetzt und das Engelchen auf der anderen glauben lässt, wir seien "die Guten".
Diese Gefahr droht, wenn wir uns zum Beispiel mit der Selbstbestätigungsfloskel beruhigen, Migrationskontrolle sei doch wichtig und unumgänglich, uns dabei aber die entscheidende Frage ersparen: Wie sähe denn eine Migrationskontrolle aus, die nicht wie derzeit mit schweren Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen oder in Nordafrika einhergeht? Oder: Wenn wir die deutsche Verantwortung für den Völkermord an den Nama und Herero erkennen, aber uns weiter wegducken. Wenn wir die Klimakrise benennen, aber bei den internationalen Kompensationszahlungen die betroffenen Länder und Menschen allein lassen.
"Das Böse ist immer und überall", deklariert ein Lied der Band Erste Allgemeine Verunsicherung. Ich denke: Ja, das Böse droht immer und überall; aber das Gute meldet sich immer und überall überraschend zu Wort. Und zwischen Schwarz und Weiß liegen mindestens "Fifty shades of Grey". Wo wir hinschauen und wie wir dazu Farbe bekennen, entscheiden immer noch wir.
Statt Gut und Böse – sollten nicht Richtig und Falsch unsere Kategorien sein?
Markus N. Beeko ist Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion.