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Seit der Machtübernahme von Präsident Evariste Ndayishimiye öffnet sich Burundi. Doch Journalist*innen, die kritisch über die Politik in dem ostafrikanischen Land berichten, sind nach wie vor bedroht.
Aus Bujumbura und Kampala Helena Kreiensiek
Acht Jahre lang waren die Fenster am ehemaligen Sitz des beliebten Senders Radio Publique Africaine in Bujumbura fest verschlossen. Er zählte zu den fünf TV- und Radiostationen, die im Morgengrauen des 14. Mai 2015 von regierungstreuen Anhänger*innen niedergebrannt worden waren. Mittlerweile ist ein neuer Mieter in das Gebäude in Burundis wirtschaftlicher Hauptstadt eingezogen. Es ist renoviert und hat einen glänzenden Anstrich erhalten. Radio Publique Africaine ist nur noch online verfügbar, die Redakteur*innen sind auf Ruanda, Deutschland und Belgien verteilt.
Die Erinnerungen an jene Nacht sind vielen Burunder*innen noch lebhaft im Gedächtnis. "La crise", wie die Ereignisse von 2015 oft genannt werden, war der Beginn einer der schwierigsten Phasen für die burundischen Medien. Zu Tausenden waren vor allem junge Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die verfassungswidrige dritte Legislaturperiode des damaligen Präsidenten Pierre Nkurunziza zu protestieren. Was folgte, war die brutale Niederschlagung der Proteste durch Polizei und Armee.
Platz 114 auf der Rangliste der Pressefreiheit
Die damaligen Ereignisse prägen die Medienlandschaft bis heute. Viele Journalist*innen wurden verfolgt und unter dem Vorwand, mit den sogenannten Putschist*innen kollaboriert zu haben, vor Gericht gestellt. "Viele sind ins Ausland geflohen. Nach Kanada, Belgien und Ruanda. Die Mehrheit sitzt in Ruanda und hat dort Webseiten eingerichtet, auf denen sie immer noch über Burundi berichtet", erklärt Abbas Mbazumutima. Er ist stellvertretender Redaktionsleiter von Iwacu, der letzten verbliebenen privaten Wochenzeitung, und eine der wenigen Personen, die bereit ist, sich öffentlich zu politischen Themen zu äußern. Denn trotz einiger hoffnungsvoller Zeichen ist die Menschenrechtslage in dem ostafrikanischen Land weiterhin schwierig.
Präsident Evariste Ndayishimiye, der seit 2020 im Amt ist, sammelte vor allem international Punkte, als er im vergangenen Jahr unter anderem das Verbot des britischen Nachrichtensenders BBC aufhob. Dies sei jedoch vor allem eine symbolische Geste, urteilte damals die Organisation Reporter ohne Grenzen, denn nach wie vor stünden Journalist*innen in Burundi stark unter Druck. Das Land liegt mit Platz 114 auf der Rangliste der Pressefreiheit zwar mittlerweile vor seinen Nachbarn, der Demokratischen Republik Kongo (Platz 124), Ruanda (Platz 131) und Tansania (Platz 143), doch bei 180 bewerteten Staaten eben immer noch weit hinten.
Fragt man Exiljournalisten wie Bob Rugurika, erntet man nur ein müdes Lächeln. Der einstige Direktor des Radio Publique Africaine und Kritiker des Regimes zählte zu den Journalist*innen, die 2015 aus Burundi fliehen mussten. Seither lebt Rugurika im Ausland: "Die Regierung verfolgt immer noch eine Politik der Einschüchterung. Das beste Beispiel ist die Verhaftung von Floriane Irangabiye". Die burundische Journalistin, die von Ruanda aus über ihr Heimatland berichtete, wurde im August 2022 bei einem Familienbesuch in Bujumbura festgenommen. Sie hatte sich zuvor an einer Radiosendung beteiligt, in der über die politische Lage des Landes debattiert worden war. Am 2. Januar 2023 wurde sie wegen "Gefährdung der Integrität des Staatsgebiets" zu zehn Jahren Haft und einer Geldstrafe von umgerechnet rund 450 Euro verurteilt.
Nach der Sendung verhaftet
"Sie wurde eines der schwersten Verbrechen bezichtigt", sagt Rugurika. "Und das nur, weil sie an einer Sendung teilnahm, in der die burundische Politik kritisch beleuchtet wurde." Er selbst war zu der Sendung aus dem Exil dazu geschaltet: "Wir haben über die Wirtschaftskrise diskutiert, die Menschenrechtsverletzungen, und ich habe eine Reihe von Korruptionsfällen aufgezählt, in die der Präsident und seine Umgebung verwickelt sind", erzählt Rugurika. Floriane Irangabiye habe daraufhin erwidert, die burundische Bevölkerung werde sich diese Situation nicht ewig gefallen lassen. "Sie hat damit aber nicht zu einer Rebellion aufgerufen, sondern einfach ihre Meinung geäußert."
Auch der Journalist Pierre Claver Niyonkuru sieht in dem Fall von Floriane Irangabiye ein Beispiel dafür, dass Medienschaffende weiterhin staatlicher Willkür ausgesetzt sind. Der einstige stellvertretende Redaktionsleiter des Radiosenders Bonesha FM wurde ebenfalls Opfer von Verfolgung und floh nur wenige Tage nach der Zerstörung seines Senders im Mai 2015 nach Ruanda. Der Sender selbst arbeitet unter Auflagen weiter in Burundi. "Die Pressefreiheit ist gesetzlich verankert, aber in der Umsetzung gibt es viele Probleme", sagt Exiljournalist Niyonkuru. Wer nach 2015 im Land geblieben sei und weiterhin kritisch berichte, sei bis heute mit Einschüchterungen und Verfolgung konfrontiert.
Öffentlich versöhnlichere Töne
"Journalisten und Journalistinnen leben hier weiterhin in Angst und trauen sich nicht, Fragen zu stellen", sagt sein Kollege Mbazumutima von Iwacu. Dennoch sei auffällig, dass der Präsident zumindest in öffentlichen Äußerungen versöhnlichere Töne anschlage als sein Vorgänger: "Ich habe den Eindruck, dass er die Krise von 2015 abschließen und die Beziehungen zur Presse normalisieren will." Anstrengungen, die nicht zuletzt dazu führten, dass die Europäische Union im Februar 2022 beschloss, die gegen Burundi verhängten Sanktionen teilweise aufzuheben. Als Reaktion auf die Gewalt 2015 hatte die EU weitreichende Wirtschaftssanktionen und Reisebeschränkungen gegen die damalige politische Führung verhängt. Dies hatte einschneidende Folgen für das Land, dessen Staatshaushalt zu fast 50 Prozent aus internationalen Geldern bestand, und das noch mit den Nachwirkungen des langen Bürgerkriegs von 1993 bis 2005 zu kämpfen hatte.
Damit die vielen Opfer unter den Kolleg*innen nicht vergessen werden, prangt im Innenhof der Zeitung Iwacu ein großes Wandbild. "In Gedenken an Jean Bigirimana. Verschwunden am 22. Juli 2016. Wir werden dich nicht vergessen", steht dort. Bis heute gebe es keine Aufklärung im Fall des Iwacu-Journalisten, sagt Mbazumutima. Deshalb werde weiter an ihn erinnert – stellvertretend für alle verschwundenen, getöteten und inhaftierten Journalist*innen.
Helena Kreiensiek ist freie Journalistin. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International wieder.
Hier geht es zur Amnesty-Eilaktion für Floriane Irangabiye.