Amnesty Report Brasilien 23. Mai 2018

Brasilien 2017/18

Report Cover 17/18

2017 wurde eine Vielzahl von Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht, die eine Bedrohung der Menschenrechte und politische Rückschritte darstellten. Gewalt und Tötungsdelikte nahmen zu; die Opfer waren in vielen Fällen junge afro-brasilianische Männer. Bei Auseinandersetzungen über Landrechte und Bodenschätze wurden Dutzende Menschen getötet. Menschenrechtsverteidiger wurden nicht wirksam geschützt. Die Polizei reagierte auf Protestaktionen in der Regel mit unnötiger und unverhältnismäßiger Gewalt.

Gesetzliche, verfassungsrechtliche und institutionelle Entwicklungen

Im Verlauf des Jahres 2017 wurden fast 200 verschiedene Vorschläge für Verfassungsänderungen, neue Gesetze und Gesetzesreformen eingebracht, die die Menschenrechte bedrohten. Zu den rückschrittlichen Maßnahmen zählten Vorschläge, die volle Strafmündigkeit von bislang 18 Jahren weiter herabzusetzen und das Entwaffnungsgesetz (Estatuto do Desarmamento) zu ändern bzw. aufzuheben, um die Zulassung und den Kauf von Schusswaffen zu erleichtern. Außerdem wurde vorgeschlagen, das Versammlungsrecht einzuschränken, soziale Proteste zu kriminalisieren und Schwangerschaftsabbrüche ausnahmslos zu verbieten, was die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen und Mädchen verletzen würde. Weitere Änderungsvorschläge betrafen die Demarkierung von Land und die notwendigen Voraussetzungen für die freie, vorherige und informierte Zustimmung indigener Bevölkerungsgruppen und afro-brasilianischer Gemeinschaften. Die Pläne sahen zudem vor, den Schutz von Arbeitnehmerrechten einzuschränken und Sozialleistungen zu kürzen.

Am 13. Oktober 2017 unterzeichnete Staatspräsident Michel Temer ein Gesetz (13491/2017), dem zufolge künftig Militärgerichte für Menschenrechtsverletzungen zuständig sind, die Militärangehörige an Zivilpersonen verübt haben, darunter auch Mord und versuchter Mord. Das Gesetz verstieß gegen das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, da es den Militärgerichten an Unabhängigkeit mangelte. 

Im Gegensatz zu diesen Rückschritten verbesserte ein neues Migrationsgesetz (13445/2017), das im Mai 2017 verabschiedet wurde, die Rechte von Migranten.

Internationale Kontrolle

Der UN-Menschenrechtsrat begutachtete 2017 im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung zum dritten Mal die Menschenrechtslage in Brasilien. Er sprach 246 Empfehlungen aus, die u. a. die Landrechte indigener Bevölkerungsgruppen, Tötungen durch die Polizei, Folter und erniedrigende Haftbedingungen sowie den Schutz von Menschenrechtsverteidigern betrafen. Mit Ausnahme von vier Empfehlungen wurden alle übrigen von der Regierung akzeptiert. Angesichts der rückschrittlichen Gesetze und Maßnahmen, die 2017 auf den Weg gebracht wurden, war jedoch fraglich, inwieweit die Empfehlungen umgesetzt werden würden. 

Im Mai 2017 verurteilte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte Brasilien, weil die Behörden die Tötung von 26 Personen durch die Polizei nicht strafrechtlich geahndet hatten. Die Taten wurden im Oktober 1994 und im Mai 1995 im Armenviertel Nova Brasília verübt, das zum Complexo do Alemão in Rio de Janeiro gehört.

Polizei und Sicherheitskräfte

Die Armee übernahm immer häufiger Polizeiaufgaben. Die Behörden ergriffen keine Maßnahmen gegen die hohe Zahl von Tötungsdelikten, deren Opfer nach wie vor hauptsächlich junge afro-brasilianische Männer waren. In den Großstädten nahmen die Tötungsdelikte zu, vor allem im Nordosten des Landes. Die NGO Brasilianisches Forum für öffentliche Sicherheit veröffentlichte 2017 eine Auswertung offizieller Statistiken, wonach im Jahr 2016 insgesamt 61619 Menschen getötet wurden, darunter 4657 Frauen. Um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, setzten die Behörden in erster Linie auf stark militarisierte Polizeieinsätze, die sie vor allem mit dem sogenannten Antidrogenkrieg begründeten.

Im Januar 2017 kündigte das Justizministerium einen Nationalen Plan für öffentliche Sicherheit an, dessen Hauptziel sein sollte, die Zahl der Tötungsdelikte zu reduzieren, den Drogenhandel zu bekämpfen und das Strafvollzugssystem zu überprüfen. Im Verlauf des Jahres wurde jedoch kein detaillierter und umfassender Plan vorgelegt oder umgesetzt, und die Sicherheitslage verschlechterte sich weiter. 

In einigen Städten gab es 2017 vermehrt "Mehrfachtötungsdelikte" (Vorfälle mit mindestens drei Opfern) und chacinas(Mehrfachtötungen, die Hinrichtungen glichen). In vielen Fällen leiteten die Behörden keine gründlichen Ermittlungen ein. Am 5. Januar 2017 wurden acht Männer in Porto Seguro (Bundesstaat Bahia) von einer Gruppe bewaffneter Männer getötet. Am 3. Juni töteten vermummte Bewaffnete sechs Männer in einem Haus in Porto das Dunas in Fortaleza (Bundesstaat Ceará). Am 6. Juni tötete eine Gruppe von zehn vermummten, bewaffneten Männern in einer Bar in Belém (Bundesstaat Pará) vier Männer und eine Frau und verletzten neun weitere Personen. Am 22. September 2017 wurden sechs Männer im Alter von 16 bis 23 Jahren in Grande Natal (Bundesstaat Rio Grande do Norte) getötet. Im Viertel Bom Jardim in Fortaleza (Bundesstaat Ceará) wurden am 20. Februar fünf Männer getötet und drei weitere verletzt. Am 8. Oktober wurden in demselben Stadtteil vier junge Männer zwischen 14 und 20 Jahren in einem Haus getötet. In den meisten Fällen wurden die Täter nicht identifiziert.

Polizeieinsätze in städtischen Armenvierteln (Favelas) und anderen benachteiligten Gebieten führten oft zu anhaltenden Schusswechseln und Toten. Es gab nach wie vor keine zuverlässigen Angaben darüber, wie viele Personen insgesamt von der Polizei getötet wurden, da die Bundesstaaten die Fälle nur unzureichend und uneinheitlich erfassten. Die offiziellen Angaben ließen jedoch erkennen, dass die Zahlen im ganzen Land stiegen. Offiziellen Statistiken zufolge wurden im Bundesstaat São Paulo von Januar bis September 2017 insgesamt 494 Personen bei Polizeieinsätzen getötet. Von Januar bis November 2017 töteten Polizisten im Bundesstaat Rio de Janeiro 1035 und im Bundesstaat Ceará 148 Personen. 

Am 13. Februar 2017 wurden bei einem Polizeieinsatz in der Favela Chapadão in Rio de Janeiro vier Menschen durch die Militärpolizei getötet und weitere verletzt. 

Im Februar 2017 führte ein dreiwöchiger Streik der Militärpolizei im Bundesstaat Espírito Santo zu chaotischen Verhältnissen. Daraufhin wurden Militärangehörige und nationale Sicherheitskräfte entsandt, um vor Ort Polizeifunktionen zu übernehmen.

Am 12. Juli 2017 tötete ein Militärpolizist einen Obdachlosen im Stadtteil Pinheiros von São Paulo.

Im August töteten Polizisten bei mehrtägigen Einsätzen in der Favela Jacarezinho in Rio de Janeiro mindestens sieben Personen. Anwohnern zufolge ging die Polizei gewaltsam vor und verübte eine Reihe von Straftaten, darunter Überfälle, rechtswidrige Hausdurchsuchungen und rechtswidrige Tötungen. Bei den Einsätzen könnte es sich um eine Vergeltungsmaßnahme gehandelt haben, weil zuvor ein Polizist in der Favela getötet worden war. 

Am 3. September 2017 töteten Angehörige der Zivilpolizei, die einen bewaffneten Raubüberfall im Stadtteil Morumbi in São Paulo verhindern wollten, zehn Männer.

Anfang des Jahres durchsuchten Militärpolizisten, die einer sogenannten Befriedungseinheit (Unidade de Polícia Pacificadora) angehörten, mehrere Häuser in der Favela Complexo do Alemão in Rio de Janeiro. Sie setzten ihr rechtswidriges Vorgehen selbst dann noch fort, nachdem ein Gericht den Abzug der Polizei aus dem Gebiet angeordnet hatte. Personen, die die Verstöße der Polizei anprangerten, wurden bedroht und eingeschüchtert. Nach monatelangen Forderungen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Polizisten, die den Einsatz befehligt hatten und für das Gebiet verantwortlich waren. 

Am 11. November 2017 wurden bei einer gemeinsamen Sicherheitsoperation der Zivilpolizei und der Armee in São Gonçalo (Bundesstaat Rio de Janeiro) sieben Männer getötet. Die zivilen Behörden erklärten, aufgrund eines neuen Gesetzes, das die Zuständigkeit für Verbrechen von Militärangehörigen den Militärgerichten übertrug, könnten sie die Tötungen nicht untersuchen. Die Armee leugnete einen Schusswaffeneinsatz und gab nicht bekannt, ob sie eine Untersuchung eingeleitet hatte.

Haftbedingungen

In brasilianischen Gefängnissen herrschte nach wie vor Überbelegung, und Häftlinge litten unter unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen. Nach Angaben des Justizministeriums stieg die Zahl der Inhaftierten 2017 auf 727000 Personen an, 55 % waren zwischen 18 und 29 Jahre alt, und 64 % waren Afro-Brasilianer. Untersuchungshäftlinge, die oft monatelang auf ihren Prozess warten mussten, machten mit 40 % einen bedeutenden Anteil der Inhaftierten aus.

Im Januar 2017 kam es in mehreren Bundesstaaten zu Gefängnisrevolten, die zu mindestens 123 Todesfällen führten: 64 im Bundesstaat Amazonas, 31 in Roraima, 26 in Rio Grande do Norte und zwei in Paraíba.

Im Mai 2017 entkamen 32 Männer aus dem Gefängnis Pedrinhas im Bundesstaat Maranhão. Zwei von ihnen wurden auf der Flucht von Gefängniswärtern erschossen. 

Wegen der extremen Überbelegung der Gefängnisse im Bundesstaat Rio Grande do Sul wurden einige Personen nach ihrer Festnahme mehr als 48 Stunden lang an ungeeigneten Orten in Polizeiwachen oder in Fahrzeugen festgehalten, während sie auf einen Platz im Gefängnis warteten.

Im Oktober 2017 starb ein Mann, nachdem er einen Tag und eine Nacht lang in einer käfigartigen Außenzelle einer Polizeiwache in Barra do Corda (Bundesstaat Maranhão) inhaftiert worden war. In der Zelle waren Häftlinge der Sonneneinstrahlung und extrem hohen Temperaturen ungeschützt ausgesetzt, so dass sie Gefahr liefen, zu dehydrieren oder sonstige gefährliche Folgen zu erleiden.

Im Bundesstaat Rio de Janeiro führte Finanznot zu einer weiteren Verschlechterung der unmenschlichen Haftbedingungen und gefährdete die Versorgung von mehr als 50800 Gefangenen mit Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten. Tuberkulose und Hautkrankheiten erreichten in den Gefängnissen des Bundesstaates epidemische Ausmaße. 

Am 2. Oktober 2017 jährte sich das Massaker zum 25. Mal, bei dem die Polizei im Gefängnis von Carandiru in São Paulo 111 Männer getötet hatte. Die Verantwortlichen für das Massaker waren noch immer nicht zur Rechenschaft gezogen worden.

Recht auf Versammlungsfreiheit

Am 31. März 2017 protestierten in den Großstädten Tausende Menschen gegen die geplante Reform des Arbeitsrechts und der Sozialversicherung. Nach der Verabschiedung der Arbeitsreform riefen soziale Bewegungen, Studierende und Gewerkschaften für den 28. April zu einem Generalstreik auf. Landesweit beteiligten sich Zehntausende Menschen an den Protesten. In Rio de Janeiro und anderen Städten ging die Polizei mit unnötiger und exzessiver Gewalt gegen friedlich Demonstrierende vor. 

Am 24. Mai 2017 wurden mindestens 49 Personen verletzt, als die Polizei bei Protesten in der Hauptstadt Brasilia exzessive Gewalt einsetzte. Unter den Verletzten waren auch acht Angehörige der Militärpolizei und ein Mann, der angeschossen wurde. An der Demonstration, die sich gegen Präsident Temer richtete, nahmen Zehntausende Menschen teil. Bei den Protesten kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei und Sachschäden an öffentlichen Gebäuden. Die Regierung ordnete den Einsatz des Militärs an, um in den darauffolgenden Tagen die Regierungsgebäude zu schützen.

Menschenrechtsverteidiger

Menschenrechtsverteidiger wurden nach wie vor bedroht, angegriffen oder getötet, insbesondere in ländlichen Gebieten. Pará und Maranhão gehörten zu den Bundesstaaten, in denen Aktivisten am stärksten gefährdet waren. Die zivilgesellschaftliche Vereinigung Brasilianisches Komitee für Menschenrechtsverteidiger erklärte, dass von Januar bis September 2017 insgesamt 62 Menschenrechtsverteidiger getötet wurden und damit mehr als im Vorjahreszeitraum. Hintergrund waren in den meisten Fällen Auseinandersetzungen um Landrechte und Bodenschätze. Das nationale Programm zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern wurde eingestellt, weil es an Geld und politischem Willen mangelte, dem Schutz von Aktivisten Vorrang einzuräumen. Für Hunderte von Menschenrechtsverteidigern erhöhte sich damit das Risiko, tätlich angegriffen zu werden.

Landkonflikte

Am 20. April 2017 wurden in Colniza (Bundesstaat Mato Grosso) mindestens neun Männer getötet und weitere verletzt, als Bewaffnete in der Siedlung Taquaruçu do Norte Landarbeiter angriffen. In der Region kommt es seit Jahrzehnten regelmäßig zu Angriffen bewaffneter Männer, die von Großbauern und illegalen Holzfällern angeheuert wurden. 

Am 24. Mai 2017 wurden zehn Landarbeiter, die am Rande der Santa-Lucia-Farm in Pau D’Arco (Bundesstaat Pará) campierten, bei einem gemeinsamen Einsatz von Militär- und Zivilpolizisten erschossen. Am 7. Juli wurde Rosenildo Pereira de Almeida, einer der Anführer der Landarbeitergruppe, erschossen. Die Überlebenden des Massakers fürchteten nach der Tat um ihr Leben. 

Im September 2017 bedrohte eine Gruppe bewaffneter Minenarbeiter Kleinbauern der ländlichen Siedlung Montanha e Mangabal, die zum Verwaltungsbezirk Itaituba (Bundesstaat Pará) gehört.

Rechte indigener Bevölkerungsgruppen

Die Auseinandersetzungen um Land hielten 2017 an, und illegale Holzfäller und Minenarbeiter drangen weiterhin in angestammtes Land indigener Bevölkerungsgruppen ein. Dabei wurden Indigene bei mehreren Vorfällen Opfer von Gewalt. Die Regierung und Gerichte untergruben institutionelle Rahmenbedingungen und staatliche Maßnahmen, indem sie den ohnehin schleppenden Prozess der Demarkierung des Landes noch weiter verzögerten und damit die Landkonflikte in den indigenen Gebieten weiter verschärften. Der Indigene Missionsrat veröffentlichte 2017 eine Statistik, wonach 2016 mindestens 118 indigene Personen getötet wurden.

Im Januar 2017 erließ das Justizministerium ein Dekret, das den Prozess der Vermessung und Markierung des Landes noch langwieriger und anfälliger für Druck seitens der Großgrundbesitzer machte. 

Im April 2017 wurden mindestens 22 Angehörige der indigenen Bevölkerungsgruppe Gamela in Viana (Bundesstaat Maranhão) von einer Gruppe bewaffneter Männer angegriffen. Einige wurden angeschossen, andere verprügelt und zwei Personen wurden die Hände abgetrennt. 

Die Parlamentarische Untersuchungskommission für die brasilianische Indigenenbehörde FUNAI (Fundação Nacional do Índio) und das Nationale Institut für Kolonisierung und Agrarreform (Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária), zwei unabhängige Institutionen, die von der Regierung eingerichtet wurden, um die Rechte der indigenen Bevölkerung zu schützen und den Zugang zu Land zu fördern, präsentierte ihren Abschlussbericht, der im Mai 2017 von der Abgeordnetenkammer angenommen wurde. Der Bericht stellte einen eindeutigen Angriff auf die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen dar und zielte unmittelbar darauf ab, die Sprecher indigener Gemeinschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen und staatliche Expertengremien, die sich für die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen einsetzen, zu kriminalisieren. So forderte er u. a. die strafrechtliche Verfolgung Dutzender Menschen. Das gekürzte Budget der FUNAI wirkte sich negativ auf die Arbeit der Behörde zum Schutz der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen aus. 

Indigene aus Vale do Javari (Bundesstaat Amazonas) berichteten, dass in ihrer Gegend Angehörige indigener Bevölkerungsgruppen, die in freiwilliger Isolation lebten, im Laufe des Jahres 2017 getötet wurden. Die Tötungen wurden nicht untersucht. Immer wieder drangen Goldschürfer auf demarkiertes indigenes Land in Vale do Javari vor. 

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche

Nach Angaben der Grupo Gay da Bahia wurden vom 1. Januar bis zum 20. September 2017 in Brasilien 277 Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LGBTI) getötet. Dies war die höchste Zahl seit 1980, als die Organisation die Todesfälle zu erfassen begann.

Am 15. Februar wurde die Transfrau Dandara dos Santos in Fortaleza im Stadtviertel Bom Jardim zu Tode geprügelt. Den Ermittlungen zufolge waren mindestens zwölf Personen an dem Verbrechen beteiligt. Im Zusammenhang mit der Tat wurden im Jahresverlauf zwei Männer festgenommen. 

Im September 2017 entschied ein Bundesrichter, dass Psychologen sogenannte Umwandlungstherapien für Homosexuelle anbieten dürfen. Dabei handelt es sich um unethische und schädliche Therapien, mit denen die sexuelle Orientierung einer Person geändert werden soll. Der Richter setzte sich damit über einen Beschluss des Berufsverbands der brasilianischen Psychologen (Conselho Federal de Psicologia) hinweg, wonach Psychologen keine Maßnahmen ergreifen dürfen, die Homosexualität "pathologisieren". Die Entscheidung des Richters trug dazu bei, dass LGBTI zunehmend stigmatisiert und Opfer von Gewalttaten wurden.

Es gab eine Reihe von Vorschlägen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene, die darauf abzielten, Informationen zu den Themen Geschlecht und sexuelle Orientierung in Lehrmaterialien zu verbieten.

Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit

Im Bundesstaat Rio de Janeiro kam es 2017 zu zahlreichen Angriffen auf religiöse Zentren (terreiros) der afro-brasilianischen Religionen Umbanda und Candomblé durch Privatpersonen, kriminelle Banden und Angehörige anderer Religionen. Im August und im September wurden mindestens acht Zentren angegriffen und zerstört, vor allem in der Stadt Rio de Janeiro sowie in umliegenden Gemeinden der Region Baixada Fluminense.

Kinderrechte

In den Jugendhaftanstalten herrschte nach wie vor Überbelegung, und Häftlinge litten unter unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen.

Im Bundesstaat Ceará war in den Jugendgefängnissen weiterhin Folter durch Staatsbedienstete an der Tagesordnung. Es gab dort 2017 mindestens 20 Unruhen und 37 Fälle von Ausbrüchen. Im Zeitraum 2016 bis September 2017 wurden insgesamt 200 Fälle von Folter in Jugendhaftanstalten in Ceará angezeigt, die Behörden leiteten jedoch nur in zwei Fällen ein offizielles Ermittlungsverfahren ein. Nach Berichten über die chaotischen Verhältnisse im Jugendstrafvollzug in Ceará stattete der Nationale Menschenrechtsrat dem Bundesstaat im September einen offiziellen Besuch ab.

Anfang 2017 waren im Bundesstaat Espírito Santo 1198 Jugendliche in Gefängnissen inhaftiert, die für 754 Personen ausgelegt waren, was einer Überbelegung von mehr als 39 % entsprach. Von den insgesamt 13 Haftanstalten des Bundesstaates waren lediglich vier Einrichtungen nicht überbelegt.

Am 3. Juni wurden sieben Jungen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren bei einem Aufstand in einem Jugendgefängnis in Lagoa Seca (Bundesstaat Paraíba) von jugendlichen Mithäftlingen getötet. 

Am 13. November wurden vier inhaftierte Jungen von vermummten Männern getötet, die in eine Jugendhaftanstalt eindrangen.

Berichte von Amnesty International

Brazil: Law leading to military impunity sanctioned (AMR 19/7340/2017)

Brazil: Police killings, impunity and attacks on defenders: Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review – 27th session of the UPR working group, May 2017 (AMR 19/5467/2016

Brazil: Over 90 men killed in Brazilian prison riots (AMR 19/5444/2017)

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