Amnesty Report Papua-Neuguinea 08. Juni 2016

Papua-Neuguinea 2016

 

Die Regierung unternahm nur wenig, um Gewalt gegen Frauen und Gewalttaten wegen angeblicher Hexerei einzudämmen. Nach wie vor trafen auch Meldungen über unnötige und exzessive Gewaltanwendung durch die Polizei und das Militär ein. Hunderte Männer wurden weiterhin in der von Australien auf der Insel Manus betriebenen Hafteinrichtung für Flüchtlinge und Asylsuchende festgehalten.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalttaten waren weiterhin an der Tagesordnung. Auf die in den vergangenen Jahren eingeleiteten Justizreformen, zu denen die Aufhebung des Gesetzes über Hexerei und die im Jahr 2013 erfolgte Einführung des Gesetzes zum Schutz der Familie gehörten, folgten keine wirksamen Schritte zur Umsetzung. Somit gab es weder Verbesserungen bei den sozialen Dienstleistungen noch beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, zu Beratungseinrichtungen und Frauenhäusern. Der Polizei fehlte es weiterhin an Personal und materieller sowie finanzieller Ausstattung, um sich angemessen mit der hohen An-zahl von Anzeigen wegen familiärer Gewalt befassen zu können. Vielen Frauen war es deshalb nicht möglich, den Rechtsweg zu beschreiten. Das mangelhafte Leistungsangebot staatlicher Stellen in abgeschiedenen Gebieten hatte zur Folge, dass Frauen in ländlichen Regionen unverhältnismäßig schlechten Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung und anderen sozialen Dienstleistungen hatten.

Es gab weiterhin Berichte darüber, dass Frauen und Mädchen Opfer von Gewalttaten wurden, weil man sie der Hexerei bezichtigte. In einigen Fällen kam es dabei sogar zu Todesfällen. Im Mai 2015 wurde eine Frau, die man der Hexerei beschuldigt hatte, von einer Gruppe von Männern mit Buschmessern getötet. Im Oktober 2015 gelangte ein Video an die Öffentlichkeit, das zeigte, wie vier der Hexerei verdächtigte Frauen gefoltert wurden. Auch wenn bis zum Jahresende 2015 keine Bestätigung von unabhängiger Seite über die mit angeblicher Hexerei zusammenhängenden Gewalttaten vorlag, war das anhaltend hohe Ausmaß dieser Taten besorgniserregend.

Menschenrechtsverteidiger, die sich dafür einsetzten, dass Straftaten wie sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt aufgeklärt und bestraft wurden, sahen sich weiterhin Einschüchterungen und Bedrohungen durch die Polizei und durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt.

Exzessive Gewaltanwendung

Das gesamte Jahr über gab es Berichte über die Anwendung exzessiver Gewalt durch die Polizei. Im Januar 2015 schoss die Polizei nach einem Streit zwischen Händlern und Vertretern der Stadtverwaltung auf einem Marktplatz in der Hauptstadt Port Moresby wahllos in die Menge und tötete dabei zwei Händler. Bis zum Jahresende wurde niemand in diesem Zusammenhang festgenommen.

Im November 2015 wurden zwei Polizisten in der Provinz East New Britain nach dem Tod eines Mannes in einer Polizeizelle wegen Mordes angeklagt.

Ein weiterer Polizist wurde für die Dauer der Ermittlung zu einem sexuellen Übergriff auf eine Gefangene in einer Polizeizelle in Kokopo vom Dienst suspendiert. Die Frau war im Zusammenhang mit dem Tod ihres Ehemanns festgenommen worden.

Berichten zufolge richteten Polizisten und Soldaten der Streit-kräfte von Papua-Neuguinea in der Provinz Enga ihre Gewehre auf zwei Geschäftsinhaber und ließen zu, dass Personen Waren aus dem Geschäft stahlen.

Im Dezember 2015 erklärte der Polizeichef von Papua-Neuguinea, dass er die Richtlinien zum Einsatz der nationalen Polizei (Royal PNG Constabulary) überprüfen werde. So wolle er sicherstellen, dass Polizeibeamte ihre Waffen verantwortungsvoll einsetzen.

Fehlende Rechenschaftspflicht

Obwohl es in einigen Einzelfällen gewisse Anstrengungen zur Verbesserung der Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung gab, blieben viele von der Polizei verübte Verstöße wie Folter, Vergewaltigung und rechtswidrige Inhaftierung straffrei. Angehörige benachteiligter Gruppen wie Sexarbeiter und Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intersexuelle waren in Gewahrsam in besonderem Maße Misshandlungen durch Polizeibeamte ausgesetzt.

Todesstrafe

Die gesetzlichen Bestimmungen des Landes sahen zwar nach wie vor die Todesstrafe vor, die letzte Hinrichtung wurde jedoch im Jahr 1954 durchgeführt. Nachdem es zu einem weltweiten Protest gegen die Vollstreckung von Todesurteilen in Indonesien gekommen war, kündigte der Premierminister im Mai 2015 an, dass die Regierung ihre im Jahr 2013 getroffene Entscheidung zur Wiederaufnahme von Hinrichtungen überprüfen werde. In den Todestrakten der Gefängnisse von Papua-Neuguinea befanden sich Berichten zufolge noch 13 Gefangene. Beamte der Generalstaatsanwaltschaft bestätigten im Oktober 2015, dass die Regierung erwäge, ihren Standpunkt gegenüber der Vollstreckung der Todesstrafe zu ändern, und gaben an, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine offizielle Bekanntmachung erfolgen werde.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Zum 30. November 2015 wurden noch 926 erwachsene Männer in der von Australien betriebenen Hafteinrichtung für Flüchtlinge und Asylsuchende auf der Insel Manus festgehalten. Trotz einiger Verbesserungen bei den dort herrschenden Bedingungen gab es weiterhin Bedenken angesichts der langfristigen und willkürlichen Inhaftierung wie auch – nachdem im Februar 2014 ein Angriff auf die Hafteinrichtung stattgefunden hatte – in Bezug auf die Sicherheit der Insassen und ihren Schutz. Eine verlässliche Planung hinsichtlich der langfristigen Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden war nicht ausgearbeitet worden. Diejenigen, die man in eine "offenere" Einrichtung in Lorengau verlegt hatte, waren einer Reihe von Einschränkungen ihrer Menschenrechte ausgesetzt. Die Abschiebung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Länder, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen (Refoulement), gab weiterhin Anlass zur Sorge.

Im Januar 2015 traten mehr als 700 Flüchtlinge und Asylsuchende in der Hafteinrichtung zwei Wochen lang in den Hungerstreik. Das Vorgehen der Sicherheitsdienste während dieses Vorfalls und im Anschluss daran stieß auf Kritik.

Im Oktober 2015 kündigten die Regierungen Australiens und Papua-Neuguineas an, dass endlich Entscheidungen bezüglich des Flüchtlingsstatus der noch in der Hafteinrichtung verbliebenen Personen gefällt und erfolgreiche Antragsteller bis Ende 2015 dauerhaft in Papua-Neuguinea aufgenommen werden würden. Die Rechte auf Freizügigkeit und Arbeit waren für ungefähr 40 Männer, denen vor einiger Zeit Unterkünfte außerhalb der Hafteinrichtung auf der Insel Manus zugewiesen worden waren, stark eingeschränkt. Personen, denen der Flüchtlingsstatus gewährt wurde, erhielten lediglich eine auf ein Jahr begrenzte Aufenthaltserlaubnis, da die notwendigen politischen und gesetzgeberischen Verfahren zur Schaffung einer neuen Visa-Kategorie für Flüchtlinge noch nicht abgeschlossen waren.

Im März 2015 wurde das Gerichtsverfahren gegen die Personen eröffnet, denen vorgeworfen wurde, für den Tod des auf der Insel Manus inhaftierten Asylsuchenden Reza Berati im Februar 2014 verantwortlich zu sein. Nach drei weiteren Tatverdächtigen, unter ihnen zwei Staatsangehörige Neuseelands und Australiens, wurde noch gefahndet.

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