Amnesty Report 07. Juni 2016

Lesotho 2016

 

Nach einem Putschversuch im Jahr 2014 blieb die politische Situation instabil. Spannungen innerhalb der Armee führten im Juni 2015 zur Tötung des ehemaligen Kommandeurs der Streitkräfte von Lesotho (Lesotho Defence Force – LDF), Generalleutnant Maaparankoe Mahao. Im Mai 2015 wurden mindestens 23 Soldaten wegen "Meuterei" angeklagt. Die Männer sollen gefoltert worden sein und befanden sich Ende 2015 weiter in Haft.

Hintergrund

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Lesotho lebte 2015 unterhalb der Armutsgrenze. Anhaltende Dürreperioden, Überschwemmungen und Frühfrost hatten in den letzten Jahren eine niedrige landwirtschaftliche Produktivität zur Folge. Lesothos Wirtschaft hängt in hohem Maße von der Textilverarbeitung, den Einnahmen aus der Südafrikanischen Zollunion, dem Diamantenabbau und den Rücküberweisungen von in Südafrika arbeitenden lesothischen Minenarbeitern ab. Es herrschte Ernährungsunsicherheit, die durch wetterbedingte Missernten verschärft wurde, sowie eine weitverbreitete chronische Unterernährung der Bevölkerung. Zudem wurde in Lesotho die weltweit zweithöchste Rate von HIV und AIDS verzeichnet. Die zunehmende Verknappung der Nahrungsmittel und die ansteigende Arbeitslosigkeit von lesothischen Arbeitern in Ländern wie Südafrika ließen die Armut gemessen am Haushaltseinkommen noch weiter anwachsen.

Da aus den Parlamentswahlen vom 28. Februar 2015 kein klarer Sieger hervorgegangen war, wurde eine Koalitionsregierung bestehend aus dem Demokratischen Kongress von Premierminister Bethuel Pakalitha Mosisili und sechs anderen Parteien gebildet. Die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (Southern African Development Community – SADC) vermittelte weiterhin zwischen den politischen Rivalen des Landes, um die Spannungen zwischen dem Militär und der Polizei zu deeskalieren, deren Ursachen in der Politisierung des Si-cherheitssektors lagen.

Außergerichtliche Hinrichtungen

Am 25. Juni 2015 wurde der ehemalige Kommandeur der LDF, Generalleutnant Maaparankoe Mahao, in Maseru von Soldaten erschossen, als diese ihn unter dem Vorwurf, einen Armeeputsch geplant zu haben, festnehmen wollten. Er war am 21. Mai 2015 aus den Streitkräften entlassen worden. Im Juni 2015, kurz bevor er getötet wurde, war er gerichtlich gegen seine Entlassung vorgegangen und hatte sich darauf berufen, dass diese rechtswidrig gewesen sei. Die Regierung gab an, dass Maaparankoe Mahao Widerstand gegen seine Festnahme geleistet habe. Seine Familie bestritt dies jedoch und vertrat die Ansicht, dass es sich um eine von ehemaligen Kollegen bei den Streitkräften sorgfältig geplante Ermordung gehandelt habe.

Am 3. Juli 2015 wurde ein unter dem Vorsitz von Richter Mpaphi Phumaphi aus Botsuana stehender zehnköpfiger SADC-Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die Aufgabe hatte, sicherheitsrelevante Aspekte Lesothos einschließlich der Tötung von Maaparankoe Mahao zu untersuchen. Aufgrund mangelnder Kooperationsbereitschaft seitens der LDF war der Ausschuss dazu gezwungen, seine Arbeit am 23. Oktober 2015 frühzeitig zu beenden.

Folter und andere Misshandlungen

Einige Angehörige der LDF flohen nach Südafrika, nachdem sie wegen ihrer vermeintlichen Loyalität gegenüber dem ehemaligen Kommandeur schikaniert und bedroht worden waren.

Mindestens 23 Soldaten wurden im Mai 2015 wegen ihrer mutmaßlichen Loyalität zu Maaparankoe Mahao im Hochsicherheitsgefängnis in Maseru inhaftiert. Es wurde Anklage gegen sie wegen "Aufwiegelung" und "Meuterei" erhoben, zwei Straftatbestände, die mit der Todesstrafe geahndet werden. Die Soldaten mussten am 5. Oktober 2015 zwar vor einem Militärgericht erscheinen, das Verfahren wurde jedoch verschoben, um dem SADC-Untersuchungsausschuss die Durchführung seiner Arbeit zu ermöglichen. Die 23 Soldaten blieben inhaftiert und sollen gefoltert worden sein.

Die Soldaten legten vor dem Hohen Gericht von Maseru Rechtsmittel gegen ihre Inhaftierung und die Zusammensetzung des Militärgerichts ein. Am 5. Oktober 2015 ordnete das Hohe Gericht ihre Freilassung gegen Kaution (open arrest) an, um ihnen so die Teilnahme an der Arbeit des SADC-Untersuchungsausschusses zu ermöglichen. Die Streitkräfte kamen der Anordnung des Gerichts jedoch nicht umfassend nach. Bis Anfang Dezember waren nur fünf Soldaten gegen Kaution freigelassen worden, die weiterhin überwacht wurden. Am 1. Dezember 2015 nahm das Militärgericht seine Arbeit wieder auf, das Verfahren wurde dann jedoch erneut verschoben. Der nächste Verfahrenstermin wurde auf den 1. Februar 2016 festgesetzt.

Polizei und Sicherheitskräfte

LDF-Angehörige behinderten in einigen Fällen von großem öffentlichem Interesse im Zusammenhang mit Straftaten, die in den Jahren 2014 und 2015 begangen worden waren, die polizeilichen Ermittlungen. Zu diesen Straftaten, denen politisch motivierte Rivalitäten innerhalb der Streitkräfte zugrunde lagen, gehörten Anschläge auf die Häuser führender Politiker, politisch motivierte Tötungen und Entführungen.

Am 17. August 2015 zwang die Regierung den ehemaligen Polizeichef Khothatso Tšooana, in den vorzeitigen Ruhestand zu treten. Er wurde beschuldigt, seinen Amtspflichten nicht nachgekommen zu sein und die Polizei Lesothos (Lesotho Mounted Police Service – LMPS) polarisiert und politisiert zu haben.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Angehörige politischer Eliten und der Armee mischten sich in die Arbeit der Rundfunkmedien ein. Die Regierung und die Sicherheitsbehörden bedrohten Journalisten und schüchterten sie ein. Im Fall des Herausgebers der Lesotho Times, Lloyd Mutungamiri, dem im September 2015 wegen eines Berichts über Korruption bei der Polizei Verleumdung vorgeworfen worden war, gab es keine neuen Entwicklungen.

Todesstrafe

Die Todesstrafe blieb als Form der Bestrafung im Gesetz festgeschrieben, es wurden jedoch bereits seit 20 Jahren keine Hinrichtungen mehr durchgeführt.

Internationale Kontrolle

Im Januar 2015 wurde die Menschenrechtslage in Lesotho im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat begutachtet. Bei der Umsetzung der im Zuge der Überprüfung gemachten Empfehlung, eine Menschenrechtskommission einzusetzen, waren im Verlauf des Jahres Fortschritte zu verzeichnen.

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