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Honduras 2015
Gegen Menschenrechtsverteidiger, Journalisten, Frauen und Mädchen, Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LGBTI) sowie indigene Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften von Afro-Kolumbianern und Kleinbauern gerichtete Menschenrechtsverletzungen und -verstöße gaben weiterhin Anlass zu großer Besorgnis. Diese Verstöße fanden in einem Kontext statt, in dem Straflosigkeit üblich war und sowohl organisierte als auch gewöhnliche Kriminalität ein hohes Ausmaß erreicht hatte.
Hintergrund
Am 27. Januar 2014 wurde Präsident Juan Orlando Hernández für eine vierjährige Amtszeit vereidigt. Seine Zusage, den im Jahr 2013 beschlossenen Erlass "Staatliche Politik und Nationaler Aktionsplan für Menschenrechte" (Politica Pública y Plan Nacional de Acción en Derechos Humanos) umzusetzen, war bis Ende 2014 noch nicht in einer spezifischen politischen Programmatik und durch entsprechende Maßnahmen konkretisiert worden.
UN-Angaben zufolge wies Honduras weltweit die höchste Rate von Tötungsdelikten auf. Armut und extreme Armut untergruben weiterhin die Verwirklichung der Menschenrechte für weite Teile der Gesellschaft; mehr als 60% der Bevölkerung lebte unterhalb der Armutsgrenze, davon mehr als 40% in extremer Armut.
Sicherheitskräfte
Als Reaktion auf das hohe Ausmaß an Kriminalität einerseits und die Unzulänglichkeit, fehlende Glaubwürdigkeit und verbreitete Korruption der Polizei andererseits wurden einige Polizeiaufgaben weiterhin von militärischen Gruppen und Sondereinheiten wahrgenommen. Zu diesen zählten die im Jahr 2014 geschaffenen Interinstitutionellen Sicherheitskräfte (Fuerza de Seguridad Interinstitucional Nacional – FUSINA) und die im Jahr 2013 geschaffene Ermittlungstruppe und Spezialsicherheitsgruppe (Tropa de Investigación y Grupo de Respuesta Especial de Seguridad – TIGRES) sowie die Militärpolizei für öffentliche Ordnung (Policía Militar de Orden Público).
Nachdem es in früheren Jahren zu mehreren Fällen von Menschenrechtsverletzungen bei der Ausführung von Polizeiaufgaben gekommen war, wurden Befürchtungen laut, dass diese Gruppen in Bezug auf die Achtung und den Schutz der Menschenrechte nicht genügend ausgebildet wurden.
In Honduras war auch eine Zunahme der Anzahl von Schusswaffen und privaten Sicherheitsfirmen zu verzeichnen. Es war gesetzlich erlaubt, bis zu fünf Waffen zu besitzen und zu tragen, und aufgrund der großen Unsicherheit trugen viele Menschen Schusswaffen zu ihrem persönlichen Schutz. Nach einem Besuch im Jahr 2013 stellte die UN-Arbeitsgruppe über den Einsatz von Söldnern fest, dass die privaten Sicherheitsfirmen mit Genehmigung von Polizei und Militär oder gemeinsam mit diesen straflos Menschenrechtsverstöße begingen.
Justizsystem
Die Generalstaatsanwaltschaft war angesichts der hohen Gewalt- und Verbrechensrate im Land weiterhin überlastet. Im April 2013 hatte der damalige Generalstaatsanwalt erklärt, dass die Kapazitäten der Staatsanwaltschaft nur für Ermittlungen in 20% der in Honduras verübten Tötungsdelikte ausreichten. Nach dieser Aussage erfolgten die Suspendierung des Generalstaatsanwalts und seines Stellvertreters und ihre anschließende Amtsenthebung. Danach wurden die vakanten Ämter neu besetzt, doch beschrieben Menschenrechtsorganisationen das Auswahlverfahren als verfassungswidrig, voreingenommen und intransparent.
Menschenrechtsverteidiger
Zahlreiche Menschenrechtsverteidiger, unter ihnen Indigenen- und Kleinbauernsprecher, LGBTI-Aktivisten, Justizbeamte und Journalisten, wurden Opfer von Menschenrechtsverletzungen. Sie waren körperlicher Gewalt, Entführung, Drohungen, Drangsalierungen und verbalen Angriffen ausgesetzt oder wurden getötet.
Am 24. Februar 2014 wurde Mario Argeñal Opfer von Einschüchterungen und Drangsalierungen, weil er von den Behörden gefordert hatte, den Tod seines Bruders, des Journalisten Juan Carlos Argeñal, aufzuklären und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Juan Carlos Argeñal war am 7. Dezember 2013 in seinem Haus in Danlí im Departamento El Paraíso erschossen worden.
Am 4. Juni 2014 wurde eine Mitarbeiterin des Komitees der Familienangehörigen von Inhaftierten und Verschwundenen in Honduras (Comité de Familiares de Detenidos – Desaparecidos en Honduras – COFADEH) in Tegucigalpa verschleppt und zwei Stunden lang festgehalten. Sie wurde körperlich attackiert, mit einem Kabel fast erdrosselt und ausgeraubt, bevor sie wieder freikam.
Am 27. August 2014 wurde Margarita Murillo in der Gemeinde El Planón im Nordwesten von Honduras erschossen. Sie war eine prominente Aktivistin für die Belange kleinbäuerlicher Gemeinschaften.
Im Juni 2014 debattierte der Kongress den ersten Entwurf des Gesetzes zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und Mitarbeitern im Justizsystem (Ley para la Protección de los Defensores de Derechos Humanos, Periodistas y Operadores de Justicia). Nachdem auf nationaler und internationaler Ebene Druck ausgeübt worden war, wurde der Gesetzentwurf schließlich der Zivilgesellschaft zur Kenntnis gebracht. Bis zum Jahresende waren jedoch weder dieses Gesetz noch ein Mechanismus zum effektiven Schutz von gefährdeten Personen beschlossen worden.
Indigene und afro-honduranische Gruppen
Angehörige indigener Volksgruppen und Gemeinschaften von Garífuna (afrikanischstämmige Honduraner) waren weiterhin Diskriminierung und Ungleichbehandlung bezüglich Landrechten, Unterkunft, Wasser, Gesundheit und Bildung ausgesetzt. Auf ihrem angestammten Land wurden weiterhin großangelegte Projekte ohne Konsultation und ohne ihre freiwillige vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung durchgeführt.
Gegen Indigenen- und Garífuna-Sprecher wurden konstruierte strafrechtliche Anklagen erhoben, und sie wurden als Vergeltung für ihre Arbeit zur Verteidigung der Menschenrechte angegriffen und eingeschüchtert. Am 17. Juli 2014 entführten Bewaffnete vorübergehend Angehörige einer Gemeinschaft der Garífuna im nordöstlichen Honduras, unter ihnen die Menschenrechtsverteidigerin Miriam Miranda, nachdem diese eine illegale Landebahn auf dem Land ihrer Gemeinschaft entdeckt hatten, die von Drogenschmugglern benutzt wurde.
Landkonflikte
Seit langem bestehende Landkonflikte zwischen bäuerlichen Gemeinschaften und mächtigen Grundbesitzern waren u.a. ursächlich für das hohe Ausmaß an Gewalt, dem Kleinbauern ausgesetzt waren, z.B. in der Region Baja Aguán. Im August 2014 drückte die Interamerikanische Menschenrechtskommission ihre große Besorgnis über die Situation in Bajo Aguán aus, nachdem von dort eine Serie gewaltsamer Vertreibungen gemeldet und mehrere Sprecher kleinbäuerlicher Gemeinschaften, denen die Kommission im Mai 2014 vorsorgliche Schutzmaßnahmen zugesagt hatte, bedroht und festgenommen worden waren.
Gewalt gegen Frauen
Gewalt gegen Frauen und Mädchen war weit verbreitet. Nach Angaben zivilgesellschaftlicher Gruppen gab es im Jahr 2013 insgesamt 636 Femizide. Dies ist die höchste Zahl seit 2005. Das Verbrechen des Femizids wird vom honduranischen Strafgesetzbuch seit 2013 anerkannt. Zwischen Dezember 2013 und Januar 2014 gab es eine Welle von Morden an Sexarbeiterinnen in San Pedro Sula im Norden von Honduras.
Schwangerschaftsabbrüche waren weiterhin ohne Ausnahme verboten. Die Regierung hat bisher die Notfallverhütung ("Pille danach"), die im Jahr 2009 per Erlass (Acuerdo Ministerial) von der damaligen De-facto-Regierung verboten worden war, nicht wieder legalisiert.