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Tschechien 2021

Demonstration in Prag gegen die Corona-Maßnahmen der tschechischen Regierung am 31. Januar 2021
© IMAGO / CTK Photo
Berichtszeitraum : 1. Januar 2021 - 31. Dezember 2021
Es gab Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das Parlament stimmte für einen Gesetzentwurf zur Entschädigung Tausender Romnja, die in der Vergangenheit rechtswidrig sterilisiert worden waren. Die Behörden bestritten, dass Polizisten für den Tod eines Rom bei einem Polizeieinsatz verantwortlich waren.
Hintergrund
Im Laufe des Jahres ergriff die Regierung sozioökonomische Maßnahmen zur Unterstützung der von der Coronapandemie betroffenen Menschen. Hierzu zählte eine 14-tägige Gehaltsentschädigung für diejenigen, die sich in Quarantäne begeben mussten.
Recht auf Versammlungsfreiheit
Als Reaktion auf die Coronapandemie schränkten die Behörden das Recht auf Versammlungsfreiheit ein. Im Dezember 2020 hatte das Parlament den Ausnahmezustand verhängt, der bis zum 11. April 2021 andauerte. In dieser Zeit waren Versammlungen auf maximal 500 Personen begrenzt. Die Entscheidung führte im Januar 2021 zu Protesten unter dem Motto "Lasst uns die Tschechische Republik öffnen".
Recht auf freie Meinungsäußerung
Es gab Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Im März 2021 erklärte die Europäische Rundfunkunion, dass sie eine zunehmende Politisierung des Leitungsgremiums des tschechischen Fernsehens beobachtet habe. Im Mai äußerte sich die NGO Reporter ohne Grenzen nach der Wahl neuer Mitglieder in den tschechischen Fernsehrat besorgt über die Gefahr eines verstärkten politischen Drucks auf die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt.
Diskriminierung
Rom_nja
Rom_nja-Kinder wurden in den Schulen weiterhin durch Ausgrenzung diskriminiert.
Ein Rom, Stanislav Tomáš, starb am 19. Juni 2021 bei einem Polizeieinsatz gegen ihn in der Stadt Teplice. Laut den vom Nachrichtenserver Romea.cz veröffentlichten Videoaufnahmen von der Festnahme waren drei Polizisten mit Gewalt gegen ihn vorgegangen. Auf dem Video ist zu sehen, wie Stanislav Tomáš auf dem Boden liegt, während einer der Beamten minutenlang auf seinem Hals kniet. Am 26. Juli teilte die Polizeiinspektion Amnesty International mit, dass die Polizei aufgrund von Stanislav Tomáš’ "aggressivem Verhalten, das eskalierte und sich gegen den eingreifenden Polizeibeamten richtete" eingegriffen habe. Der Innenminister erklärte im Juli, dass bei der Autopsie eine Überdosis Drogen als mögliche Todesursache festgestellt wurde und dass die Polizei weder die Atmung noch den Blutfluss eingeschränkt habe. Im Dezember veröffentlichte die zuständige Ombudsperson die Ergebnisse ihrer Ermittlungen in dem Fall. Diese besagten, dass die Polizisten bei dem Vorfall erhebliche Fehler begingen. Insbesondere hätten sie nicht sichergestellt, dass ihre Zwangsmaßnahmen keinen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden.
Im Juli 2021 stimmte der Senat für einen Gesetzentwurf zur Entschädigung Tausender Romnja, die zwischen 1966 und 2012 von den Behörden unrechtmäßig sterilisiert worden waren. Überlebende rechtswidriger Sterilisationen haben Anspruch auf eine Entschädigung von umgerechnet 11.800 Euro, die innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2022 beim Gesundheitsministerium beantragt werden muss.
Im August 2021 hob das Verfassungsgericht eine Änderung des Sozialhilfegesetzes mit der Begründung auf, sie sei diskriminierend und führe zur Ausgrenzung bestimmter Gruppen. Die Gesetzesänderung erlaubte es den Gemeinden, bestimmte Viertel als Zonen mit "sozial pathologischem Verhalten" auszuweisen. Bewohner_innen dieser Zonen waren von der Inanspruchnahme bestimmter Wohnbeihilfen ausgeschlossen. NGOs hatten in der Vergangenheit kritisiert, dass die Gesetzesänderung in unverhältnismäßiger Weise auf Rom_nja und in Armut lebende Menschen abziele.
LGBTI+
Im Januar 2021 wies das Verfassungsgericht den Antrag eines regionalen Gerichts zurück, ein Gesetz zu ändern, das die Anerkennung von Adoptionen aus dem Ausland durch gleichgeschlechtliche Paare, die in Tschechien leben, verhindert. Das Gesetz erlaubt Adoptionen nur durch verheiratete Paare. Gleichgeschlechtliche Paare konnten 2021 zwar eine Partnerschaft eintragen lassen, jedoch nicht heiraten.
Im April 2021 billigte das Unterhaus des Parlaments in erster Lesung einen Gesetzentwurf, der die gleichgeschlechtliche Ehe einführt. Bis zu den Wahlen im Oktober war die Diskussion zum Gesetzentwurf im Parlament jedoch nicht fortgesetzt worden.
Geschlechtsspezifische Gewalt
Fünf Jahre nach der Unterzeichnung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) hatte die Tschechische Republik dieses noch nicht ratifiziert. Im März 2021 erklärte der Regierungsbevollmächtigte für Menschenrechte, dass die neue Regierung nach den Parlamentswahlen im Oktober entscheiden werde, ob sie dem Parlament die Ratifizierung vorschlägt.
Rechte von Flüchtlingen und Migrant_innen
Im August 2021 nahm die Regierung 170 Afghan_innen im Rahmen der tschechischen Maßnahmen zur Evakuierung aus Afghanistan auf. Ebenfalls im August erklärte der Innenminister, oberstes Ziel der Regierung sei es, sicherzustellen, dass die Spannungen in Afghanistan "nicht zu einer weiteren Migrationswelle führen", und eine "Krise an den EU-Außengrenzen" zu verhindern.
Im September, während des Wahlkampfs für die Parlamentswahlen, verwendete der damalige Ministerpräsident Andrej Babiš Plakate mit migrationsfeindlichen Botschaften. Auf ihnen stand: "Ich werde euch vor illegalen Migranten schützen. Bis zum letzten Atemzug."
Die Regierung weigerte sich weiterhin, sich an den Umverteilungsbemühungen innerhalb der EU zu beteiligen, und das tschechische Neuansiedlungsprogramm blieb "eingefroren".