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Kuwait 2023
© Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023
Kritik an der Regierung wurde weiterhin unterdrückt. Statt sich zu einem umgehenden Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu verpflichten, plante Kuwait, seine Produktion fossiler Energieträger erheblich zu steigern. Die Rechte von Arbeitsmigrant*innen wurden missachtet, und staatenlose Bidun waren nach wie vor Diskriminierung ausgesetzt.
Hintergrund
Im Januar 2023 trat die Regierung aufgrund von Spannungen zwischen Kabinett und Parlament zurück. Der Premierminister bildete im Juni 2023 ein neues Kabinett.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Die Behörden griffen 2023 weiterhin auf repressive Gesetze zurück, um Kritik zu unterdrücken. Dies galt insbesondere für Kritik bezüglich der Lage der Bidun, einer einheimischen staatenlosen Bevölkerungsgruppe in Kuwait.
Im Januar 2023 erteilte das Ministerium für religiöse Stiftungen (Awqaf) und Islamische Angelegenheiten dem Rechtsanwalt und Prediger Ahmad al-Asfour ein dreimonatiges Predigtverbot, weil er gesagt hatte, der Staat müsse den Bidun "ein Leben in Würde" ermöglichen.
Am 10. August 2023 nahmen die Behörden Fadhel Dhahi fest, einen Bidun-Aktivisten, der bereits zuvor wegen seiner Teilnahme an einer friedlichen Demonstration für die Rechte der Bidun im August 2022 strafrechtlich verfolgt worden war. Fadhel Dhahi wurde wegen "Internetkriminalität" angeklagt, weil er auf X (ehemals Twitter) die Behandlung der Bidun durch die kuwaitischen Behörden angeprangert hatte. Am 31. August wurde Fadhel Dhahi gegen Kaution freigelassen, das Verfahren gegen ihn war jedoch Ende 2023 noch nicht abgeschlossen.
Ebenfalls im August legte das Informationsministerium dem Parlament einen Gesetzentwurf zur Regulierung der Medien vor, der wie das bereits bestehende Gesetz jegliche Kritik am Emir verbieten würde. Darüber hinaus würden auch kritische Äußerungen über den Kronprinzen und islamische religiöse Persönlichkeiten ausdrücklich unter Strafe gestellt und eine staatliche Genehmigung für die Gründung von Verlagsunternehmen eingefordert. Das vorgeschlagene Gesetz würde einen neuen Straftatbestand einführen, um Äußerungen zu kriminalisieren, die "zur Erschütterung des Vertrauens" in die Währung oder die Wirtschaft des Landes führten. Im selben Monat untersagten die Behörden die Aufführung eines australischen Films in Kuwait, weil darin eine trans Person mitspielte.
Am 3. September 2023 nahmen die Behörden den Menschenrechtler Mohammad al-Bargash fest, der den Bidun angehört und sich seit Jahren in den Sozialen Medien und bei friedlichen Demonstrationen für die Rechte der Bidun einsetzt. Wie Fadhel Dhahi hatte auch er an den Protesten vom August 2022 teilgenommen und war dafür strafrechtlich verfolgt worden. Die Behörden weigerten sich, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu veröffentlichen oder sie anderen Parteien als dem Verteidiger zugänglich zu machen, da es sich um einen geheimen Fall handele, der die "Staatssicherheit" betreffe. Die Justizbehörden warfen ihm vor, "das Ansehen und den Ruf des Landes untergraben" zu haben, indem er "falsche und voreingenommene Nachrichten und Gerüchte" auf X (ehemals Twitter) und in Medieninterviews verbreitet hatte. Am 25. Oktober wurde Mohammad al-Bargash nach mehr als sieben Wochen in Haft freigesprochen und auf freien Fuß gesetzt.
Recht auf friedliche Versammlung
Öffentliche Proteste kamen in Kuwait auch 2023 nur selten vor, und wenn, war die Teilnehmerzahl gering. Laut Gesetz waren Demonstrationen mit mehr als 20 Teilnehmenden weiterhin strafbar, wenn sie nicht im Vorfeld von den Behörden erlaubt worden waren.
Im Februar 2023 endete ein Gerichtsverfahren gegen 21 Personen, die 2022 friedlich für die Rechte der Bidun demonstriert hatten. Sie wurden schuldig gesprochen und mit Geldstrafen belegt. Unter den Verurteilten befanden sich sowohl Angehörige der Bidun als auch anerkannte kuwaitische Staatsangehörige.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Kuwait hielt an seinen Plänen fest, die Produktion fossiler Brennstoffe bis mindestens 2035 weiter zu steigern. Dies stand im Widerspruch zu dem internationalen wissenschaftlichen Konsens, der besagt, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern sofort beginnen muss, um extreme Klimaänderungen noch zu verhindern. Die staatliche Kuwait Oil Company kündigte im Juni 2023 an, dass sie zwischen 2023 und 2028 mehr als 40 Mrd. US-Dollar (etwa 37 Mrd. Euro) in die Ausweitung der Ölförderung investieren wird, einschließlich der Erschließung neuer Ölquellen.
Im Oktober 2023 forderte der ehemalige Chef der Kuwait Petroleum Corporation, Haitham al-Ghais, der auch Generalsekretär der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ist, die internationale Gemeinschaft auf, bis 2045 weitere 12 Bio. US-Dollar (etwa 11 Bio. Euro) in die Ölindustrie zu investieren.
Nach Angaben der Weltbank blieb Kuwait auch 2023 eines der fünf Länder mit dem höchsten Kohlendioxidausstoß pro Kopf. In den letzten Jahren ist die Sommerhitze in Kuwait aufgrund des Klimawandels immer extremer geworden; auch im Juli 2023 kam es zu einer Hitzewelle.
Rechte von Arbeitsmigrant*innen
Arbeitsmigrant*innen, die die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in der Privatwirtschaft ausmachen, durften auch 2023 keine Gewerkschaften gründen. Nach fünf Jahren Aufenthalt durften sie jedoch bereits bestehenden, von kuwaitischen Staatsangehörigen gegründeten Gewerkschaften beitreten.
Laut einer von kuwaitischen und internationalen Wissenschaftler*innen im April 2023 veröffentlichten Studie hatte sich die Verletzungsrate unter Arbeitsmigrant*innen in der Privatwirtschaft, die im Freien tätig und dabei in den vergangenen Jahren steigenden Temperaturen ausgesetzt waren, erhöht. Die Studie kam auch zu dem Ergebnis, dass die Regierung den Arbeitsschutz für die Betroffenen nicht ausreichend gewährleistete. Körperliche Arbeit im Freien war lediglich im Sommer in der Zeit zwischen 11 und 16 Uhr verboten. Das genügte jedoch nicht, um Hitzestress bei Arbeitnehmer*innen auszuschließen, da die Temperaturen auch in anderen als den festgelegten Monaten und Stunden des Tages gefährlich ansteigen konnten. Die Behörden unternahmen jedoch nichts, um diese Regelung zu ändern.
Die Regierung untergrub den Schutz für Hausangestellte, indem sie eine von der philippinischen Botschaft in Kuwait angemietete Notunterkunft schloss, die für Arbeitnehmer*innen gedacht war, die vor ihren Arbeitgeber*innen fliehen mussten.
Im zweiten Jahr in Folge setzten die kuwaitischen Behörden ihre Politik fort, den Familien von Arbeitsmigrant*innen Besuchervisa zu verweigern.
Recht auf Bildung
Die Behörden diskriminierten Angehörige der Bidun weiterhin bei der Wahrnehmung ihres Rechts auf Bildung.
Wie bereits seit 30 Jahren schloss die Regierung auch 2023 Bidun-Kinder vom kostenlosen öffentlichen Schulsystem aus, wenn sie kein männliches Familienmitglied hatten, das in der Armee oder bei der Polizei beschäftigt war. Bidun-Familien mussten ihre Kinder stattdessen bei gewinnorientierten Privatschulen anmelden. Da die Bidun im Durchschnitt über ein weitaus geringeres Einkommen verfügten als kuwaitische Staatsangehörige, waren die Schulen, die sie sich leisten konnten, oft schlechter als die kostenlosen staatlichen Schulen und verfügten kaum über die nötige Grundausstattung.
Bidun-Familien, deren Karte des "Zentralsystems zur Klärung des Status von illegal aufhältigen Personen" (Zentralsystem-Karte) abgelaufen war, durften ihre Kinder nicht wie kuwaitische Familien im Voraus für die Schule anmelden. Stattdessen wurde die Erlaubnis zur Schulanmeldung für die Bidun erst am 12. September bekannt gegeben, zwei Arbeitstage vor Unterrichtsbeginn. Viele Bidun erneuern ihre jährlich ablaufenden Zentralsystem-Karten nicht, weil sie dann Gefahr laufen, dass ihnen auf ihrer neuen Karte eine falsche, nichtkuwaitische Staatsangehörigkeit zugewiesen wird, was es ihnen noch schwerer machen würde, ihre Staatenlosigkeit jemals zu beenden.
Todesstrafe
Kuwait verhängte und vollstreckte im Jahr 2023 Todesurteile, wobei die Zahl der Hinrichtungen deutlich über dem Durchschnitt der letzten Jahre lag.
Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)
Im Januar 2023 sprach ein Gericht zwei Angeklagte frei, denen "Nachahmung des anderen Geschlechts" vorgeworfen wurde. Das Gesetz, das diesen Straftatbestand beinhaltete, wurde im Jahr 2022 vom Verfassungsgericht als unannehmbar vage bezeichnet und aufgehoben. Im Parlament gab es derweil Bestrebungen, ein neues Gesetz zu formulieren, das trans Menschen explizit kriminalisieren würde.