Amnesty Report Kongo (Republik) 24. April 2024

Kongo (Republik)

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Von einer Oppositionspartei organisierte Demonstrationen wurden verboten. Zwei Oppositionsführer befanden sich nach wie vor willkürlich in Haft. Der Süden des Landes wurde von einer Dreifach-Epidemie heimgesucht, die den schlechten Zustand der Gesundheitszentren deutlich machte. Ein Recyclingunternehmen für bleihaltige Abfälle in der Gemeinde Vindoulou setzte seine Tätigkeit trotz fehlender Umweltverträglichkeitsprüfungen fort. Bei den Frauenrechten wurden kaum Fortschritte erzielt.

Hintergrund

Im Mai 2023 reichten drei Oppositionsparteien eine Petition gegen mutmaßliche Korruption innerhalb der Regierung ein. Im August wurden Senatswahlen abgehalten, bei denen die Kongolesische Partei der Arbeit (Parti Congolais du Travail – PCT) des seit 38 Jahren regierenden Präsidenten Sassou Nguesso die absolute Mehrheit der 72 Sitze erlangte. Die Wahlen fanden in einem wirtschaftlichen Umfeld statt, das von hoher Inflation geprägt war. Die Benzinpreise stiegen um 25 Prozent an, was wiederum zu höheren Kosten für lebenswichtige Güter führte. Acht Menschenrechtsorganisationen bildeten im August einen Zusammenschluss gegen die hohen Lebenshaltungskosten und protestierten gegen die Erhöhung der Benzinpreise. Im Oktober veranstaltete das Land den Regenwaldgipfel Three Basins Summit, an dem führende Vertreter*innen von Staaten des Amazonasbeckens, des südostasiatischen Borneo-Mekong-Beckens und des Kongo-Beckens teilnahmen.

Recht auf friedliche Versammlung

Die Oppositionspartei Mouvement Républicain rief für den 9. März 2023 zu einer Demonstration im Gedenken an Guy Brice Parfait Kolélas auf, dem wichtigsten Kandidaten der Opposition bei den Präsidentschaftswahlen im März 2021, der am Wahltag auf einem Flug nach Frankreich zu einer Covid-19-Behandlung verstorben war. Der Präfekt der Hauptstadt Brazzaville verbot sowohl diese Demonstration als auch eine für den 23. März 2023 geplante Protestveranstaltung der Oppositionspartei. Der Präfekt warf Mouvement Républicain vor, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu untergraben und den öffentlichen Frieden zu stören. Er erklärte, dass Mouvement Républicain nicht über die erforderlichen Unterlagen verfüge, um den Status als politische Partei zu rechtfertigen. Ein Zusammenschluss von NGOs forderte die Behörden auf, ein Gesetz zu verabschieden, das gemäß internationalen Menschenrechtsstandards lediglich die Anmeldung einer geplanten Demonstration erforderlich machen würde statt wie bisher eine vorherige Bewilligung.

Willkürliche Inhaftierungen

André Okombi Salissa, der bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 als Kandidat angetreten war, befand sich 2023 nach wie vor in Haft. Die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen bezeichnete seine Inhaftierung als willkürlich und forderte seine umgehende Freilassung sowie Wiedergutmachung für die Zeit, die er in Gewahrsam verbringen musste. Er war 2019 wegen "Gefährdung der inneren Sicherheit und illegalen Besitzes von Kriegswaffen und Kriegsmunition" zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden.

Auch Jean-Marie Michel Mokoko, der ebenfalls 2016 bei der Präsidentschaftswahl kandidiert hatte, befand sich weiterhin in Haft, obwohl die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen seine Inhaftierung als willkürlich betrachtete. Er war 2018 gleichfalls wegen "Gefährdung der inneren Sicherheit und illegalen Besitzes von Kriegswaffen und Kriegsmunition" zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

Recht auf Gesundheit

Im Juni 2023 kam es im Süden des Landes zu schweren Ausbrüchen von Shigellose, Cholera und Typhus. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bis zum 29. August insgesamt 2.389 Verdachtsfälle gemeldet, darunter 52 Todesfälle in den fünf Departements Niari, Pointe-Noire, Bouenza, Kouilou und Brazzaville. Mehr als 90 Prozent der Fälle traten in Dolisie auf, der Hauptstadt des Departements Niari.

Am 26. Juli wurde der Künstler "DSP Malakay", der den unzulänglichen Umgang der Lokalbehörden in Dolisie mit der Epidemie und insbesondere den Mangel an medizinischen Ressourcen zur Behandlung von Patient*innen kritisiert hatte, von der lokalen Polizei festgenommen und inhaftiert, bevor er am 2. August ohne Anklage wieder freikam.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Die Republik Kongo nahm am One Forest Summit teil, der im März 2023 in Libreville in Gabun stattfand. Zu den Empfehlungen des Gipfels gehörten die Einrichtung eines mit 100 Mio. Euro finanzierten Fonds zur Bereitstellung von Geldern in Form von sogenannten Biodiversity Credits (Biodiversitäts-Kredite) für Länder, die ihre Wälder und Artenvielfalt vorbildlich schützen, sowie die Schaffung von zehn Millionen Arbeitsplätzen in grünen Industriezweigen. Die Menschenrechtsorganisation CCFD-Terre Solidaire prangerte in einer Erklärung mögliches "Greenwashing" an und wies darauf hin, dass die lokale Bevölkerung auf dem Gipfel nicht vertreten war.

Im April 2023 veröffentlichte die NGO Centre d’Actions pour le Développement einen Bericht über die Verwaltung des Nationalparks Ntokou-Pikounda. Laut der NGO gingen die staatlichen Wildhüter*innen (eco-guards) mit rechtswidrigen Zwangsräumungen, exzessiver Gewalt und willkürlichen Inhaftierungen gegen die dortige indigene Bevölkerung vor. 

Im Juni 2023 strengten Bewohner*innen von Vindoulou, einer Kleinstadt in der Nähe von Pointe-Noire, ein Gerichtsverfahren an, um die Schließung einer Blei-Recyclinganlage in der Nähe ihrer Häuser und einer Schule zu erreichen. Nach Angaben der Bewohner*innen hatten Untersuchungen von mindestens 15 Personen zehnmal höhere Bleiwerte als die von der WHO empfohlenen Grenzwerte ergeben. Die Anwohner*innen prangerten zudem das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Anlage an, die bereits seit 2013 in Betrieb war.

Am Ende des Three Basins Summit im Oktober 2023 verpflichteten sich die Teilnehmenden zum Erhalt ihrer Wälder, betonten aber gleichzeitig auch die Notwendigkeit einer stärkeren internationalen Zusammenarbeit zum Schutz der Wälder.

Frauenrechte

Ein im März 2023 veröffentlichter Bericht der Weltbank mit dem Titel "Women, Business and the Law 2023" begrüßte die Verabschiedung des Mouébara-Gesetzes 2022 zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Der Bericht stellte jedoch gleichzeitig fest, dass Frauen während der Mutterschutzfrist nicht den Gegenwert ihres vollen Lohns erhielten, und empfahl eine Reform des Arbeitsgesetzes und des Sozialversicherungsgesetzes, um Diskriminierung, u. a. in Form der Entlassung von Arbeitnehmerinnen wegen einer bestehenden Schwangerschaft, entgegenzuwirken.

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