Amnesty Report Honduras 24. April 2024

Honduras 2023

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Die Militarisierung der öffentlichen Sicherheit und die Anwendung von Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger*innen gaben Anlass zur Sorge. Es waren einige Fortschritte beim Schutz sexueller und reproduktiver Rechte zu verzeichnen, Schwangerschaftsabbrüche blieben jedoch unter allen Umständen verboten. Lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) waren Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Die Regierung ergriff keinerlei Maßnahmen, um gegen den Klimawandel vorzugehen. 

Hintergrund

Nachdem wochenlang keine Einigung erzielt werden konnte, ernannte der Kongress im November 2023 einen Interims-Generalstaatsanwalt, was heftige Kritik hervorrief. Der Prozess zur Einrichtung einer UN-Kommission gegen Korruption und Straflosigkeit wurde zwar in Gang gesetzt, war zum Ende des Jahres jedoch noch nicht abgeschlossen. Nachdem es im Juni 2023 in einem Frauengefängnis zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen war, bei denen 46 Menschen ums Leben kamen, setzte die Regierung in den Gefängnissen des Landes Militär und Polizei ein. Tausende Menschen verließen das Land, um Gewalt, Straflosigkeit, Ungleichheit und Armut zu entgehen, deren negative Folgen durch den Klimawandel noch verstärkt wurden. 

Exzessive und unnötige Gewaltanwendung

Ende 2023 herrschte in mehr als der Hälfte der Stadtbezirke des Landes bereits seit mehr als zwölf Monaten der Ausnahmezustand. Dieser hatte eine Militarisierung sowie die Einschränkung von Rechten zur Folge. Die staatliche Menschenrechtskommission CONADEH registrierte mehr als 360 Beschwerden gegen Angehörige der Sicherheitskräfte und stellte die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des anhaltenden Ausnahmezustands infrage.

Der UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche Hinrichtungen äußerte sich besorgt über die weit verbreitete Straflosigkeit, die eingeschränkten Ermittlungskapazitäten und das Fehlen unabhängiger, unparteiischer Untersuchungen. Ein Polizist wurde wegen der fahrlässigen Tötung von Keyla Martinez verurteilt, die im Februar 2021 in Polizeigewahrsam erstickt war. Die Staatsanwaltschaft, zivilgesellschaftliche Organisationen und die Familie von Keyla Martinez lehnten das Urteil ab, da Schlüsselbeweise sowie Hinweise auf geschlechtsspezifische Gewalt außer Acht gelassen worden waren.

Menschenrechtsverteidiger*innen

Laut der NGO Global Witness lag Honduras 2023 weltweit an erster Stelle, was die Zahl der getöteten Landrechtsverteidiger*innen und Umweltschützer*innen gemessen an der Bevölkerungszahl anging. Die Koordinatorin der Organización Fraternal Negra Hondureña (OFRANEH) wurde im September 2023 Ziel eines Angriffs, und drei Angehörige der Gemeinde Guapinol wurden getötet. Im Oktober gewährte die Interamerikanische Menschenrechtskommission Schutzmaßnahmen für Mitglieder der Umweltorganisation Comité Municipal por la Defensa de los Bienes Comunes y Públicos und ihre Rechtsbeistände. Im Dezember erklärte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte, Honduras habe gegen die Kollektivrechte einer Garífuna-Gemeinschaft verstoßen. Die 2018 vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte angeordnete Ausarbeitung einer Vorgehensweise zur Untersuchung von Angriffen gegen Menschenrechtsverteidiger*innen war Ende 2023 noch nicht abgeschlossen. Auch hatte Honduras Ende des Jahres das Regionale Abkommen über den Zugang zu Informationen, Teilhabe und Gerechtigkeit in Umweltangelegenheiten in Lateinamerika und der Karibik (Escazú-Abkommen) noch nicht unterzeichnet.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Nach 14 Jahren des Verbots erlaubte die Regierung im März 2023 die Einnahme und den Verkauf von Notfallverhütungsmitteln ("Pille danach") ohne Einschränkungen. Trotz der hohen Schwangerschaftsquote bei Kindern und Jugendlichen legte die Präsidentin ein Veto gegen ein Gesetz ein, mit dem flächendeckender Sexualkundeunterricht gesetzlich verankert werden sollte. Schwangerschaftsabbrüche waren weiterhin unter allen Umständen verboten.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Die gleichgeschlechtliche Ehe war weiterhin nicht zugelassen, und lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen erlebten häufig Gewalt und Diskriminierung. Bis Ende 2023 hatten die Behörden noch kein Verfahren zur Anerkennung der Geschlechtsidentität von nicht-binären Personen eingeführt. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte hatte ein solches Verfahren in einem Urteil von 2021 angeordnet.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Der UN-Sonderberichterstatter zum Schutz der Menschenrechte im Kontext des Klimawandels hob hervor, dass lang anhaltende Dürreperioden, durch Wirbelstürme ausgelöste Überschwemmungen, Küstenerosion und der Anstieg des Meeresspiegels verheerende Folgen für die ärmsten Gemeinschaften in Honduras hätten, vor allem hinsichtlich ihrer Existenzgrundlage. Viele Menschen sähen sich in der Folge zu einer Flucht ins Ausland gezwungen. Er forderte die Regierung auf, Maßnahmen zur Anpassung an sowie Prävention und Abmilderung von Klimafolgen umzusetzen, um die Rechte der betroffenen Bevölkerungsgruppen zu schützen.

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