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Diagnose: unsichtbar

Layal Liverpool hat selbst erfahren, wie es ist, von Ärzt*innen falsch diagonistiziert oder nicht ernst genommen zu werden.
© Amit Lennon / Guardian / eyevine / laif
Die Wissenschaftsjournalistin Layal Liverpool untersucht in "Racism kills" rassistische Diskriminierung im Gesundheitssystem.
Von Till Schmidt
Als Medizinstudent an der Londoner Universität bemerkte Malone Mukwende eine irritierende Verzerrung in seinem Curriculum: In der dermatologischen Lehre herrschten Beispiele für Erkrankungen weißer Haut vor. Um dem entgegenzuwirken, entwickelte Mukwende ein eigenes, kostenloses Lehrbuch: "Mind the Gap: A Handbook of Clinical Signs in Black and Brown Skin" erschien 2020 und fand weltweit Beachtung.
Mit "Racism kills" hat die britische Wissenschaftsjournalistin Layal Liverpool nun ein Buch veröffentlicht, das diesen Fall und ähnliche Beispiele zusammenträgt und in Bezug setzt zu Statistiken und Analysen, die einen systematischen "health gap" für Schwarze und People of Color (BPoC) belegen. Die Lebensbereiche, in denen rassistische Diskriminierung stattfindet, die sich massiv auf die Gesundheitssituation der Betroffenen auswirkt, sind vielfältig. Im Grunde passiert es jederzeit und überall.
Rassimus wird nicht ernst genommen
Dies zeigt Liverpool auch anhand ihrer eigenen Biografie: Als sie Teenager war, konnten mehrere weiße Dermatolog*innen ein Ekzem auf ihrer braunen Haut nicht als solches identifizieren, sodass sie jahrelang davon ausging, an einer seltenen, unheilbaren Hautkrankheit zu leiden. Als sie Doktorandin war, unterstellte ihr eine Ärztin, sie sei nur zu ihr gekommen, um einen HIV-Test machen zu lassen. In Deutschland, wo Liverpool mittlerweile lebt, sah sie sich damit konfrontiert, dass ihre alltäglichen Erfahrungen mit Rassismus selbst in einer psychotherapeutischen Behandlung nicht ernst genommen wurden.
"Racism kills" ist das erste Buch über den Zusammenhang von Rassismus und Gesundheit auf Deutsch. Liverpool zeigt darin die vielen Mechanismen auf, die BPoC im Gesundheitswesen unsichtbar machen. Außerdem nimmt sie Verzerrungen bei Diagnosen und Ungleichheiten in der Behandlung von Krankheiten in den Blick. Hoffnungsvoll stimmen Berichte über Initiativen und Einzelpersonen, die sich in den sozialen Medien, als Wissenschaftler*innen, in ihren Familien oder am Arbeitsplatz für Aufklärung und Empowerment einsetzen.
Was "Racism kills" allerdings fehlt, ist die spezielle Berücksichtigung des deutschen und europäischen Kontexts. Die meisten Statistiken und Analysen beziehen sich auf die USA, weil für Europa relevante Daten fehlen. Diese Datenlücke sei "frustrierend", schreibt Liverpool. Sie habe ihr Gefühl verstärkt, als Person of Color gesellschaftlich unsichtbar gemacht zu werden. Umso wichtiger ist das Verdienst des Buchs, dem entgegenzuwirken und dabei die Individualität, den Mut und die Stärke der Betroffenen nicht aus den Augen zu verlieren.
Layal Liverpool: Racism kills. Wie systemischer Rassismus der Gesundheit schadet und was wir dagegen tunkönnen. Aus dem Englischen von Regina M. Schneider. Aufbau, Berlin 2024, 461 Seiten, 24 Euro.