Amnesty Journal Kamerun 24. Januar 2025

In Kamerun geht es nicht mehr

Ein Kameruner junger Mann trägt Bart, eine Art Baskenmütze und eine Windjacke mit vielen Reißverschlüssen.

Missstände aufdecken: Paul Chouta begann bereits mit 24 Jahren als investigativer Journalist zu arbeiten.

Kritik an den politischen Verhältnissen und ­investigativer Journalismus sind in Kamerun ­unerwünscht und können lebensbedrohliche Folgen haben. Das musste der mittlerweile in ­Deutschland lebende Paul Chouta erfahren. 

Von Felix Haug

Der Journalist und Menschenrechtsverteidiger Paul Chouta kommt aus Kamerun, einem Land, das man auch als Scheindemokratie bezeichnen kann. Denn Präsident Paul Byia regiert dort seit 42 Jahren mit eiserner Hand. Die Meinungs- und die Pressefreiheit sind stark eingeschränkt. Regierungskritische Journalisten*innen werden verfolgt, bedroht und getötet. 

Paul Chouta begann bereits mit 24 Jahren als investigativer Journalist zu arbeiten, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf Missstände zu lenken. So gelang es ihm, Korruption im Regierungsapparat aufzudecken. Mit seiner Arbeit konnte er verfolgte Menschen schützen und verhindern, dass ihre Peiniger straflos bleiben. So zum Beispiel im Fall von Ibrahim Bello, der im Jahr 2017 als 16-Jähriger von der Polizei mit Elektroschocks gefoltert wurde und dadurch beide Beine verlor. Dass Paul Chouta den Fall an die Öffentlichkeit brachte, trug dazu bei, dass Bello schließlich freikam und einige der Verantwortlichen verhaftet wurden. 

Wegen Regierungskritik in Polizeigewahrsam

Ein von Chouta veröffentlichtes Video führte dazu, dass eine Hinrichtung von Frauen und Kindern aufgeklärt wurde, die das Militär in Zelevet im Norden Kameruns im Jahr 2015 verübt hatte. Die Regierung behauptete zunächst, die Tat sei in Mali geschehen. Nach der Veröffentlichung des Videos gerieten die ­Behörden jedoch unter Druck und verhafteten die Täter.

Wegen seiner Regierungskritik und seines Einsatzes für die Menschenrechte kam Paul Chouta im Jahr 2019 in Polizeigewahrsam. Er wurde mehrfach geschlagen und schließlich in der Hauptstadt Youndé unter widrigen Umständen inhaftiert. Erst nach mehr als 600 Tagen Haft wurde er im Jahr 2021 verurteilt. "Gefängnisse in Kamerun sind eine tödliche Falle. Es wird alles dafür getan, um Menschen zu entmenschlichen, zu demütigen und zu erniedrigen. Das waren die Bedingungen, unter denen ich lebte", sagte Chouta über seine Haft. "Ich war dem Tod nahe." 

Nach seiner Freilassung im März 2021 setzte er seine Arbeit für die Nachrichtenseite Cameroon Web fort. Er war sich der möglichen Gefahren bewusst, doch blieb seine Haltung mutig und eindeutig. Die Staatsmacht reagierte erneut willkürlich und brutal. Am 9. März 2022 wurde er in der Nähe des Hauptstadtflughafens beinahe zu Tode geprügelt, mutmaßlich von Einheiten der Spionageabwehr. Er überlebte nur, weil er sich leblos stellte. 

Wenig später arbeitete Chouta gemeinsam mit dem Journalisten Martinez Zogo an der Aufdeckung eines Korruptionsskandals – und geriet abermals in Lebensgefahr. Nachdem Zogo im Januar 2023 ermordet wurde, gelang Chouta mit Unterstützung der Organisationen Reporter ohne Grenzen und Amnesty International die Flucht nach Deutschland. Hier setzt er seine Arbeit für die Menschen in Kamerun fort – über Online-Netzwerke wie die Nachrichtenseite Le TGV de l’info auf Facebook und gemeinsam mit Unterstützer*innen vor Ort. Doch auch hier erhält er immer wieder anonyme Drohungen. Seine Zukunft sieht Paul Chouta in Deutschland. Um dauerhaft bleiben und hier arbeiten zu können, strebt er eine Ausbildung an.

Felix Haug ist ehrenamtlicher Länderkoordinator für Kamerun von Amnesty International in Deutschland. 

Weitere Artikel