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Vom Staat gezwungen, die eigene Familie zu bespitzeln: Davon erzählt der Roman "Verraten" von Grit Poppe.
© Dressler
Rassismus, Verschwörungstheorie, Repression: Die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur setzt sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen auseinander und zeigt Alternativen auf.
Eine Auswahl von Marlene Zöhrer
Extremismus, Fake News, Rassismus, Repression, Populismus, Verschwörungstheorien – der deutschsprachige Kinder- und Jugendbuchmarkt reagiert auf die besorgniserregenden gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen mit einer beachtlichen Zahl an Publikationen, die sensibilisieren, aufklären und aktivieren sollen. Die Bandbreite reicht dabei vom Sachbuch über realistische, historische oder dystopische Kinder- und Jugendromane bis hin zum Bilderbuch. Mal werden Ursachen und Auswirkungen beleuchtet, mal wird der Wert von Menschen- und Kinderrechten in den Mittelpunkt gestellt. Immer aber wird gezeigt, dass es auf jede einzelne und jeden einzelnen ankommt, und dass man mitdenken und sich einmischen soll.
Werte vermitteln
Während jüngeren Kindern in Büchern wie "Im Dschungel wird gewählt" oder "Wer tanzt schon gern allein" Toleranz, Solidarität und gegenseitigem Respekt als Werte für ein friedliches und freiheitliches Miteinander verständlich gemacht werden, führen jugendliterarische Texte vor Augen, welch drastische Konsequenzen es hat, wenn diese Werte bedroht sind oder verloren gehen. Die Erlebnisse der jugendlichen Protagonistinnen und Protagonisten dienen als Projektionsfläche, ihre Geschichten regen zum Nachdenken an und können dabei Vorbildcharakter besitzen, abschreckendes Beispiel oder bewegendes Zeitzeugnis sein.
Etwa dann, wenn in realistischen und historischen Jugendromanen von Macht und Wirkungsweise gezielter Desinformation und Manipulation, von Willkür und Repression erzählt wird. So lässt Martin Schäuble in "Sein Reich" den jugendlichen Protagonisten Juri in die Welt des Rechtsradikalismus und der Verschwörungstheorie eintauchen, Andreas Götz' Protagonistin Leah muss in "Wir sind die Wahrheit" erkennen, dass ihr eigener Bruder sich unbemerkt radikalisiert hat und zum Neonazi geworden ist; Jurga Vilė und Lina Itagaki lassen Algis in der Graphic Novel "Sibiro Haiku" von seiner Deportation in ein sibirisches Lager im Jahr 1941 berichten; in Sarah Bergmanns "Der Junge aus dem Trümmerland" erkennt Paul nach Ende des Zweiten Weltkriegs erst nach und nach, welch menschenverachtender Ideologie er aufgesessen ist.
Falsche Systeme entlarven
In Jugendromanen wie Martin Schäubles "Cleanland", Ives Grevets "Vront" oder Thomas Hardings "Future History 2050" existieren weder demokratische Grundsätze noch Menschenrechte. Diktatorische Strukturen, totale Überwachung, Repressalien und Willkür sind zur Normalität geworden, in der die jugendlichen Heldinnen und Helden aufwachsen. Diese Systeme als falsch zu entlarven und dagegen anzukämpfen, ist ein Auftrag und Abenteuer, das die Leserinnen und Leser gemeinsam mit ihnen durchleben. Auch mit diesen dystopischen Erzählungen werden demokratische Werte vermittelt und die Bedeutung einer freiheitlichen Gesellschaft, von Toleranz und Solidarität betont.
Weniger abenteuerlich und spannungsgeladen setzen sich Sachbücher mit den Themen Extremismus, Rassismus, Fake News oder Menschenrechten auseinander. Darin steht vielmehr das Wissen im Vordergrund, das es ermöglicht, Unrecht zu erkennen und zu benennen. Denn – so zeigt beispielsweise der Comic "Die Menschenrechte" aus der Comic-Bibliothek des Wissens – Menschenrechte sind längst keine Selbstverständlichkeit. Doch wer rechte Ideologien erkennt und versteht, wie die Mechanismen dahinter funktionieren, kann sich ihnen entgegenstellen; und wer um die Bedeutung demokratischer Werte weiß, kann sich für eine gerechtere Zukunft ohne Rassismus oder Repression stark machen. So die Hoffnung.
Dr. Marlene Zöhrer ist freie Journalistin und Referentin für Kinder- und Jugendliteratur an der Universität München. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International oder der Redaktion wieder.
BUCHTIPPS:
Aus dem Portugiesischen übersetzt von Lea Hübner. Prestel junior, München 2020. 48 Seiten, 15 Euro. Ab 5 Jahren
Von Kindern für Kinder. Dieses farbenfrohe Bilderbuch zum Thema Demokratie basiert auf Workshops in den brasilianischen Städten São Paulo und Florianópolis. Es lädt ein zum Dialog über eigene Ziele, das Zusammenleben sowie Sinn und Zweck von freien Wahlen.
Martin Baltscheit / Sabine Büchner: Lang lebe König Frosch! Dressler, Hamburg 2020. 112 Seiten, 15 Euro. Ab 6 Jahren
Herrlich schräg und zugleich bitterernst bringt dieser Kinderroman Macht und Wirkungsweise gezielter Desinformation und Manipulation auf den Punkt, wenn die beiden Freunde Fuchs und Wildschwein einem selbsternannten König auf dem Leim gehen.
Peter Hammer, Wuppertal 2020. 112 Seiten, 22 Euro. Ab 7 Jahren und für die ganze Familie
In Bildern, Gedichten und Geschichten, die um die Bedeutung von gegenseitigem Respekt, Toleranz und Solidarität kreisen, regt die von Karin Gruß herausgegebene Anthologie, an der 32 namhafte Kinderbuchkünstlerinnen und -künstler mitgewirkt haben, zum Nachdenken über den Wert von Freiheit und Demokratie an.
Thienemann, Stuttgart 2020. 240 Seiten, 12 Euro. Ab 10 Jahren
In einer gelungenen Mischung aus Sachtexten und Auszügen aus Kinder- und Jugendromanen – etwa von Christine Nöstlinger, Gudrun Pausewang und Uri Orlev – nimmt die Anthologie die Schrecken des Zweiten Weltkrieges in den Blick. Eindrucksvoll und mahnend zugleich.
Aus dem Amerikanischen von Fabienne Pfeiffer. Dressler, Hamburg 2020. 40 Seiten, 14 Euro. Ab 10 Jahren
Blumen statt Bomben, Fußballplatz statt Schlachtfeld, Worte statt Waffen – der schmale Band, versammelt 15 Begebenheiten, die zeigen, wie Konflikte und Kriege ohne Gewalt gelöst werden konnten, und die Mut machen, sich für Frieden und Menschenrechte einzusetzen.
Fischer Kinder- und Jugendbuch, Frankfurt am Main 2020. 240 Seiten, 14 Euro. Ab 12 Jahren
Was beginnt wie ein Ferienabenteuer und die Annäherung zwischen Vater und Sohn, die sich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen haben, entpuppt sich als Alptraum: Der Vater und seine Freunde sind Reichsbürger. Aktuell, brisant und packend erzählt.
Magellan, Bamberg 2020. 240 Seiten, 15 Euro. Ab 12 Jahren
Westberlin 1947: Auch zwei Jahre nach Kriegsende hält Paul an den Parolen und der Ideologie des Nationalsozialismus fest. Nur langsam verändert sich seine Haltung, wird ein Neuanfang überhaupt möglich. Ein sensibler und gut recherchierter Jugendroman.
Aus dem Französischen von Edmund Jacoby. Jacoby & Stuart, Berlin 2020. 96 Seiten, 12 Euro. Ab 12 Jahren
In diesem Comic kommt sie selbst zu Wort: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 in Paris verkündet wurde. Und wer könnte besser von der Notwendigkeit und Missachtung der Menschrechte erzählen als sie?
Fischer Kinder- und Jugendbuch, Frankfurt am Main 2020. 208 Seiten, 14 Euro. Ab 12 Jahren
"Reinheit bietet Schutz. Berührung ist gefährlich. Abstand führt zur Sicherheit. Kontrolle dient der Gesundheit. Gesundheit ist wichtiger als Freiheit." Shilos Leben in Cleanland ist geprägt von totaler und totalitärer Kontrolle. Bis zu dem Moment, als sich die Jugendliche verliebt und beginnt, die Regeln zu hinterfragen.
Oetinger, Hamburg 2020. 336 Seiten, 12 Euro. Ab 14 Jahren
Was, wenn der Staat dich zwingt, deine eigene Familie zu bespitzeln und zu verraten? Davon erzählt dieser Roman, in dem ein Jugendlicher zum IM der Stasi wird. Ein Stück Zeitgeschichte, das bewegt und alles andere als Fiktion ist, wie die Stasi-Protokolle im Anhang belegen.
Aus dem Englischen von Edmund Jacoby. Jacoby & Stuart, Berlin 2020. 192 Seiten, 18 Euro. Ab 13 Jahren und Erwachsene
Notizen aus der Zukunft zeigen auf, was geschieht, wenn die Warnungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten nicht ernst genommen und große Teile der Erde zerstört und neue Gesellschaftsformen etabliert werden. Ein herausragendes Gedankenexperiment.
Dressler, Hamburg 2020. 288 Seiten, 17 Euro. Ab 14 Jahren
Leah versucht herauszufinden, wer ihren Bruder ins Koma geprügelt hat und macht eine erschreckende Entdeckung: Ihr Bruder ist ein Neonazi. Doch auch sie erliegt beinahe der verführerischen Kraft der rechtsradikalen, menschenverachtenden Parolen.
Aus dem Litauischen von Saskia Drude. Baobab Books, Basel 2020. 240 Seiten, 25 Euro. Ab 14 Jahren
Kindheitserinnerungen, die das dunkle Kapitel der sowjetischen Besatzungszeit beleuchten: Eindrücklich und sehr persönlich erzählt diese Graphic Novel von der Zwangsverschickung einer litauischen Familie nach Sibirien.
Aus dem Französischen von Nadine Püschel. Mixtvision. München 2020. 500 Seiten, 19 Euro. Ab 14 Jahren
Es gibt mehr als eine Wahrheit – davon sind die Jugendlichen, die sich in der Widerstandsgruppe VRONT organisieren, überzeugt. Sie wollen dem hochtechnisierten Überwachungsstaat entkommen, in dem alle durch einen implantierten Chip jederzeit und an jedem Ort kontrolliert werden können. Eine hochaktuelle, spannende Dystopie.