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"Die Anklagen sind unbegründet, willkürlich und unrechtmäßig"
Kämpft für grundlegende Werte: Dan Yirga Haile, Geschäftsführender Direktor des EHRCO
© Maheder Haileselassie
Dan Yirga Haile, Direktor des Äthiopischen Menschenrechtsrats EHRCO, über die jüngsten Festnahmen und die Arbeit der NGO nach dem Friedensabkommen in Äthiopien.
Interview: Ava Schuster
Am 5. Januar 2023 wurden vier ihrer Mitarbeitenden südlich von Addis Abeba festgenommen, als sie Zwangsräumungen untersuchten. Inzwischen wurden sie wieder freigelassen, jedoch hat man ein Verfahren gegen sie eingeleitet. Was genau wird ihnen vorgeworfen?
Insgesamt wurden drei Anklagen gegen sie erhoben. Die erste Anklage wirft ihnen vor, eine Polizeiwache fotografiert zu haben. Fotografieren ist zur Dokumentation und Beweissicherung und damit für unsere Arbeit unerlässlich. Zweitens wurde meinen Mitarbeitenden vorgeworfen, keine Genehmigung für ihre Arbeit in dieser Region zu haben. Eine solche Genehmigung ist jedoch nicht erforderlich, da EHRCO über eine Lizenz verfügt, um Menschenrechtsverletzungen im ganzen Land zu untersuchen, zu dokumentieren und zu melden. Der dritte Vorwurf bezieht sich auf die Aussage einer nicht angeklagten EHRCO-Mitarbeitenden, dass sich die Abrisse der Häuser gegen bestimmte ethnische Gruppen richteten. Diese Aussage wird aber nicht nur von EHRCO, sondern hauptsächlich von den meldenden Personen vorgebracht. Für uns ist klar, dass die Anklagen unbegründet, willkürlich und unrechtmäßig sind und lediglich einen Vorwand darstellen, um unsere Menschenrechtsermittler*innen einzuschüchtern.
Warum werden diese Häuser zwangsgeräumt und in welchem Kontext sind diese Räumungen zu bewerten?
Die Regierung behauptet, dass sie nur Häuser abreiße, die illegal erbaut wurden. Dies steht jedoch in direktem Widerspruch zu unseren Erkenntnissen, dass die Häuser auf der Grundlage bestimmter ethnischer Zugehörigkeiten ausgewählt wurden. Unsere Untersuchungen zeigen, dass diese Häuser nicht in einem ordnungsgemäßen Verfahren ausgesucht und die Bewohner*innen weder konsultiert noch benachrichtigt wurden. Sie konnten die Abrisse deshalb weder anfechten noch sich verteidigen. Einige Häuser wurden mitten in der Nacht abgerissen, und die Bewohner*innen, von denen viele schon seit über zehn Jahren dort lebten, wurden obdachlos. Wenn man bedenkt, dass die Bewohner*innen öffentliche Dienstleistungen wie Wasser und Strom erhielten und Steuern an die örtlichen Behörden zahlten, wie um alles in der Welt kann man dann einfach ihre Lebensgrundlage zerstören? Dies ist eine völlige Missachtung des Rechts auf Wohnen, das in der äthiopischen Verfassung garantiert ist.
Am 11. Februar 2023 wurde in Ihr Büro eingebrochen und ein Laptop gestohlen. Könnte dieser Einbruch mit den Festnahmen zusammenhängen?
Dieser Einbruch ist kein Einzelfall, sondern Teil einer systematischen Einschüchterung durch die Regierung. Die Tatsache, dass nur ein spezieller Laptop gestohlen wurde, beweist, dass es sich um einen Angriff auf uns und unsere Verteidigung der Menschenrechte handelt. Wir befürchten, dass sensible und vertrauliche Daten veröffentlicht oder anderweitig missbraucht werden könnten, um uns oder anderen zu schaden.
Am 3. November 2022 wurde das Friedensabkommen zwischen Vertretern Tigrays und der äthiopischen Regierung in Kraft gesetzt. Dennoch dauert die Gewalt in Nordäthiopien an. Während des Krieges mussten Sie Ihr Büro in Tigray schließen. Konnten Sie es inzwischen wiedereröffnen?
Wir möchten unser Büro in Mekele (Tigray) so bald wie möglich wiedereröffnen. Die Tigrayer*innen sind unsere Brüder und Schwestern, und wir haben ein sehr großes Interesse daran, unsere Arbeit in dieser Region wieder aufzunehmen. Im Moment ist das jedoch noch schwierig. Die Infrastruktur ist völlig zerstört, und die Region ist noch nicht vollständig geöffnet.
Dan Yirga Haile ist geschäftsführender Direktor des Äthiopischen Menschenrechtsrats (EHRCO). Eine Langfassung des Interviews mit ihm finden Sie hier.
Ava Schuster ist in der Amnesty-Koordinationsgruppe Äthiopien und Eritrea.
HINTERGRUND
Dan Yirga Haile ist geschäftsführender Direktor des Äthiopischen Menschenrechtsrats (EHRCO). Die nichtstaatliche, gemeinnützige und unparteiliche Organisation wurde 1991 gegründet, um die Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien zu fördern. In den drei Jahrzehnten seines Bestehens war der EHRCO ständig staatlichem Druck und systematischer Einschüchterung ausgesetzt. Für seine herausragenden Bemühungen um die Verteidigung der Menschenrechte in Äthiopien erhielt er 2022 den Menschenrechtspreis von Amnesty International in Deutschland.