Aktuell Nigeria 24. März 2021

Nigeria: Boko Haram verübt Kriegsverbrechen an Frauen und Mädchen

Das Bild zeigt ältere und jüngere Frauen und Kinder, die in einer Gruppe auf dem Boden sitzen

Frauen und Kinder, die vor der islamistischen Miliz Boko Haram fliehen mussten, haben in einem Flüchtlingscamp im Nordosten Nigerias Schutz gefunden (Oktober 2020).

Die anhaltenden Übergriffe von Boko Haram im Nordosten Nigerias verschlimmern die humanitäre Krise in der Region und setzen Frauen und Mädchen Kriegsverbrechen aus. Mehr als zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht.

Neue Recherchen von Amnesty International zeigen, dass Angehörige von Boko Haram gezielt Häuser in mehreren Gemeinden in Borno State im Nordosten Nigerias nach Frauen und Mädchen durchsuchten, um diese zu vergewaltigen oder ihnen sexualisierte Gewalt anzutun. Amnesty International fordert den Internationalen Strafgerichtshof auf, sofort Ermittlungen wegen dieser Kriegsverbrechen einzuleiten.

 

"Diese Mädchen und Frauen brauchen dringend Hilfe. Weil keine nigerianischen Sicherheitskräfte ihnen in den Gemeinden zu Hilfe kommen, sind sie bis zu den Flüchtlingslagern gezogen. Da die Lager überfüllt sind, bleiben sie vor den Camps sich selbst überlassen. Monate nach einer Vergewaltigung haben die Mädchen und Frauen weder medizinische Hilfe noch Nahrungsmittel bekommen", sagt Lisa Noeth, Nigeria-Expertin bei Amnesty International in Deutschland.

Die nigerianische Regierung muss sich dringend um die Mädchen und Frauen kümmern.

Lisa
Noeth
Nigeria-Expertin bei Amnesty International in Deutschland

Zwischen Februar und März 2021 konnte Amnesty mit 22 Personen Interviews führen, deren Gemeinden seit Ende 2019 wiederholt von Boko Haram angegriffen wurden. Die Überlebenden berichteten, wie Angehörige der Miliz von Haus zu Haus gingen und bewusst Frauen heraussuchten, um ihnen sexuelle Gewalt anzutun. Wer versuchte vor dem Angriff zu fliehen, wurde getötet. 

"Die nigerianische Regierung muss sich dringend um die Mädchen und Frauen kümmern und dafür auch Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft bekommen," so Noeth. Keine der Überlebenden, mit denen Amnesty sprechen konnte, erhielt nach den Angriffen Zugang zu medizinischer Versorgung. Die Angst vor Stigmatisierungen führt außerdem dazu, dass viele Fälle von Vergewaltigung nicht berichtet und die Frauen mit ihrer Situation allein gelassen werden. 

Der gewalttätige Konflikt im Nordosten Nigerias hat inzwischen mehr als zwei Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Bis heute hat die nigerianische Regierung keine Maßnahmen eingeleitet, um die von Boko Haram oder den nigerianischen Sicherheitskräften begangenen Verbrechen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Der Konflikt hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, wie Amnesty International in mehreren Berichten zur Situation von Frauen, Kindern und älteren Menschen dokumentiert hat.

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