Aktuell Libyen 12. Dezember 2017

EU-Staaten unterstützen systematische Misshandlungen zehntausender Menschen

Neuer Amnesty-Bericht dokumentiert Verantwortung europäischer Regierungen an willkürlichen Inhaftierungen, Misshandlungen und Erpressungen zehntausender Flüchtlinge und Migranten in Libyen
Männer sitzen in sechs Reihen mit dem Rücken zur Kamera auf dem Boden

Flüchtlinge und Migranten sitzen im Dezember 2016 in einem Haftzentrum in Garian südlich der lybischen Haupstadt Tripolis

EU-Mitgliedsstaaten unterstützen Libyens Innenministerium und die libysche Küstenwache dabei, zehntausende Menschen in dortige Haftzentren zu bringen, wo sie systematisch ausgebeutet und misshandelt werden. Das dokumentiert der neue Amnesty-Bericht "Libya’s dark web of collusion". Der Bericht zeigt auch, dass Teile der libyschen Küstenwache mit Schleusern zusammenarbeiten.

"Die EU-Mitgliedsstaaten machen sich wissentlich zu Komplizen eines für schwerste Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen kriminellen Systems. Libysche Sicherheitsbeamte, bewaffnete Gruppen und Schleuser misshandeln und erpressen schutzlose Menschen auf brutalste Weise und schlagen daraus mit Wissen der europäischen Regierungen Profit", sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

"Die EU-Staaten handeln verantwortungslos, wenn sie unter den gegebenen Umständen die libysche Küstenwache mit Technik und Experten dabei unterstützen, Menschen auf hoher See aufzugreifen und sie in die systematische Hölle der libyschen Haftzentren zu bringen", so Beeko.

Wenn es europäischen Regierungen mit den Menschenrechten ernst ist, dürfen sie ihre Zusammenarbeit mit Libyen in der bestehenden Form keinen Tag länger fortsetzen.

Markus N.
Beeko
Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion

In diesem Jahr wurden nach offiziellen Angaben bisher 19.452 Menschen von der libyschen Küstenwache auf dem Mittelmeer abgefangen. Ehemalige Gefangene der Haftzentren berichteten Amnesty von Folter und Zwangsarbeit. "Die hilflosen Menschen in Libyens Haftzentren werden inhaftiert, ausgeraubt und erpresst. Oft müssen ihre Familien am Telefon miterleben, wie der Vater oder die Schwester schwer misshandelt werden, um das Lösegeld zu erpressen", erklärt Beeko.

"Jede Kooperation mit libyschen Stellen darf nur unter dem sofortigen Vorbehalt eines wirklichen Schutzes der inhaftierten Menschen fortgesetzt werden. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union müssen bei den libyschen Behörden einfordern, dass die willkürlichen Inhaftierungen und Misshandlungen von Flüchtlingen und Migranten sofort enden und die Menschen unverzüglich aus den Haftzentren freigelassen werden. Die libysche Regierung muss die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnen, das Mandat des UNHCR anerkennen und diesem den vollumfänglichen Zugang zu schutzbedürftigen Menschen gewähren."

Werde aktiv! Beteilige dich an unserer internationalen Online-Petition auf amnesty.org und fordere, dass Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten nicht länger interniert werden!

Weitere Informationen zum Thema Flüchtlinge und Asyl findest du auf www.amnesty.de/fluechtlinge

Weitere Artikel