Aktuell 14. Juni 2023

EU-Parlament stimmt für Verbot von Gesichtserkennung, lässt aber diskriminierende Praktiken zu

Das Bild zeigt eine Illustration mit Menschen in einer Fußgängerzone, man sieht digitale Projektion über ihren Köpfen

Der Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie zur Massenüberwachung nimmt Menschen die Möglichkeit, sich frei im öffentlichen Raum zu bewegen.

Das Europäische Parlament hat sich dafür ausgesprochen, den Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie zur Massenüberwachung zu verbieten. Amnesty begrüßt diese Entscheidung. Es ist jedoch besorgniserregend, dass diskriminierende Überwachungspraktiken für Migranten*innen und Flüchtlinge weiterhin möglich sind.

Mit der Abstimmung am 14. Mai hat sich das Europäische Parlament für ein KI-Gesetz ausgesprochen, das erheblich zum Schutz der Menschenrechte im digitalen Zeitalter beiträgt. Dazu erklärt Mher Hakobyan, Amnesty-Experte für die KI-Verordnung in Brüssel: 

"Wir begrüßen die heutige Entscheidung des Europäischen Parlaments, missbräuchliche Massenüberwachungstechnologie zu verbieten. Es ist jedoch wichtig, dass das Parlament und die EU-Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Entwicklung, der Verkauf, der Einsatz und der Export von Gesichtserkennungs- und anderen Massenüberwachungstechnologien in der endgültigen Fassung des KI-Gesetzes während der kommenden Verhandlungen verboten werden.  

Es gibt keine menschenrechtskonforme Möglichkeit, die biometrische Fernidentifizierung (RBI) einzusetzen. Keine technischen oder sonstigen Korrekturen können sie mit den Menschenrechten in Einklang bringen. Der einzige Schutz gegen die RBI ist ein vollständiges Verbot. Wenn diese Systeme legalisiert werden, wird dies einen alarmierenden und weitreichenden Präzedenzfall schaffen, der in Zukunft zur Verbreitung von nicht menschenrechtskonformen KI-Technologien führen wird.  

Das Verbot der missbräuchlichen Überwachung ist zwar ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung, doch war dies kein umfassender Erfolg. Es ist besorgniserregend, dass das Europäische Parlament nicht dafür gesorgt hat, die Menschenrechte zu wahren, wenn KI-Systeme Migrant*innen, Flüchtlinge und Asylbewerber*innen betreffen. Das Parlament hat es versäumt, diskriminierende Profiling- und Risikobewertungssysteme sowie Prognosesysteme zu verbieten, die Grenzbewegungen einschränken, verbieten und verhindern. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die EU-Gesetzgeber*innen die Rechte von migrierenden Menschen nicht außer Acht lassen, während die KI-Verordnung auf die Abschlussverhandlungen zusteuert." 

Tweet von Amnesty International:

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Hintergrund:  

Die Europäische Kommission legte am 21. April 2021 einen Vorschlag für eine Rechtsvorschrift über den Einsatz von künstlicher Intelligenz vor. Der Europäische Rat, der sich aus den nationalen Regierungen der EU zusammensetzt, hatte seinen Standpunkt im Dezember 2022 verabschiedet. 

Amnesty International hat als Teil eines Zusammenschlusses von Organisationen der Zivilgesellschaft unter der Leitung des European Digital Rights Network (EDRi) eine EU-Regelung für künstliche Intelligenz gefordert, die die Menschenrechte schützt und fördert. 

Seit vielen Jahren setzt sich Amnesty International für eine menschenrechtskonforme Regulierung von Künstlicher Intelligenz ein. Mit der Kampagne #UnscanMyFace forderte Amnesty ein Verbot der Herstellung, des Einsatzes und des Exports von Gesichtserkennungstechnologie in Deutschland, der EU und weltweit. Denn durch den Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie zur Massenüberwachung wird Menschen die Möglichkeit genommen, sich frei und unbeobachtet im öffentlichen Raum zu bewegen, ihrer Menschenrechtsarbeit nachzugehen oder an Protesten teilzunehmen.

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