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Afghanistan: Internationale Gemeinschaft muss handeln, um weitere Tragödie abzuwenden

Die afghanische Regierung ist zusammengebrochen, die Taliban haben die Macht übernommen. Auf dem Flughafen von Kabul spielen sich chaotische Szenen ab – Tausende Menschen versuchen, das Land zu verlassen. Amnesty International fordert entschlossenes Handeln der deutschen Bundesregierung und der internationalen Gemeinschaft.
Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International, sagt: "Was wir in Afghanistan erleben, ist eine Tragödie, die man hätte vorhersehen und abwenden müssen. Ohne ein rasches und entschlossenes Handeln der internationalen Gemeinschaft wird sie sich nur noch verschlimmern. Tausende von Afghan_innen, die ernsthaft von Repressalien der Taliban bedroht sind, laufen Gefahr, einer zutiefst ungewissen Zukunft überlassen zu werden."
Weiterhin fordert Callamard: "Ausländische Regierungen müssen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die sichere Ausreise aus Afghanistan für alle Personen zu gewährleisten, die Gefahr laufen, ins Visier der Taliban zu geraten. Zu diesen Maßnahmen zählen die Beschleunigung der Visaerteilung, die Unterstützung bei der Evakuierung über den Flughafen Kabul, Relocation- und Resettlement-Maßnahmen sowie die Aussetzung aller Abschiebungen und Zwangsrückführungen. Wir fordern die USA nachdrücklich auf, den Flughafen während der laufenden Evakuierungen weiterhin zu sichern."
"Während sich die Menschen in Afghanistan mit einer neuen Realität konfrontiert sehen, muss der UN-Sicherheitsrat auch eine Dringlichkeitsresolution verabschieden, in der die Taliban – die das Land nun faktisch kontrollieren – aufgefordert werden, die internationalen Menschenrechtsnormen zu achten, die Zivilbevölkerung zu schützen und Vergeltungsangriffe einzustellen, während die Verhandlungen über Übergangsregelungen fortgesetzt werden", sagt Callamard.
Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Die Bundesregierung bleibt über das bislang Zugesagte hinaus gefordert. Neben Ortskräften müssen auch Journalist_innen, Frauenrechtlerinnen und Menschenrechtsverteidiger_innen, die akut besonderer Gefahr ausgesetzt sind, unbürokratisch soweit möglich geschützt und evakuiert werden. Auch braucht es kurzfristige breitere Aufnahmeprogramme. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, der jede Minute Menschenleben kostet. Die Bundesregierung darf sich hier nicht in ihrer Hilfe beschränken, sondern sollte aktiver Teil einer internationalen Notinitiative sein."
Hintergrund
Tausende Afghan_innen, die die Rückkehr der Taliban-Herrschaft fürchten, versuchen, über den internationalen Flughafen Hamid Karzai in Kabul aus dem Land zu fliehen. Auf Videos, die in den sozialen Medien kursieren, ist zu sehen, wie Hunderte von Menschen über das Rollfeld rennen, während US-Soldaten Warnschüsse in die Luft abfeuern; eine Menschenmenge drängt und schubst sich eine Treppe hinauf, um ein Flugzeug zu besteigen, und Dutzende Menschen klammern sich an die Seiten von Flugzeugen, die abzuheben versuchen.
Nach einer Erklärung der Flughafenbehörde wurden alle kommerziellen Flüge ausgesetzt. Der Flughafen von Kabul war am Sonntagabend überfüllt. Medienberichten zufolge hofften mehr als 2.000 Menschen, das Land auf kommerziellen Flügen verlassen zu können.
Mindestens fünf Menschen wurden Berichten zufolge auf dem Flughafen von Kabul getötet, als Hunderte von Menschen versuchten, gewaltsam in Flugzeuge zu gelangen. Es ist nicht klar, ob die Opfer durch Schüsse oder in einer Massenpanik getötet wurden. US-Truppen haben derzeit das Kommando über den Flughafen und überwachen die laufenden Bemühungen zur Evakuierung von US-Bürger_innen.