Pressemitteilung Aktuell Kultur Deutschland 17. Februar 2022

Berlinale: Amnesty-Filmpreis 2022 geht an "Myanmar Diaries"

Das Bild zeigt ein Gruppenfoto mit drei Personen, eine Frau in der Mitte hält ein Dokument mit der Aufschrift "Amnesty International Film Award"

Die Mitglieder der Jury des Amnesty-Filmpreises auf der Berlinale 2022: Regisseur Franz Böhm, Schauspielerin Eva Meckbach und Amnesty-Referentin Ines Wildhage

Der hybride Dokumentarfilm "Myanmar Diaries" des aus Gründen der eigenen Sicherheit anonymen Filmkollektivs aus Myanmar überzeugte die Jury um Schauspielerin Eva Meckbach und Regisseur Franz Böhm.

Der Film "Myanmar Diaries" aus der Sektion "Panorama" gewinnt den mit 5.000 Euro dotierten Amnesty Filmpreis der Berlinale. Die Jury um Schauspielerin Eva Meckbach und Regisseur Franz Böhm sprach zudem eine lobende Erwähnung für den Film "My Small Land" von Emma Kawawada aus Japan aus, der in der Sektion "Generation" lief. Die Jury würdigte außerdem die vielen Filme, die sich dieses Jahr mit den Auswirkungen von vielfältigen Menschenrechtsverletzungen auf Frauen beschäftigen.

Die Amnesty-Jury begründet ihre Entscheidung für den Gewinner-Film wie folgt:  

"'Myanmar Diaries' ist ein beeindruckend investigativer und zutiefst mutiger Film. Mutig sind alle Beteiligten, die unter Lebensgefahr diesen Film produziert haben, mutig sind die Menschen, die dieser Film porträtiert und die sich dem Militärregime in Myanmar entgegenstellen. 

Der Film schafft es, die brutale Realität dieser aktuellen Menschenrechtsverbrechen zu vermitteln: Durch Handyfilme werden die Zuschauer_innen in den grausamen Alltag in Myanmar gezoomt. Es ist, als säßen die Protagonist_innen neben einem, während sie die Bilder willkürlicher Festnahmen und brutaler, teilweise tödlicher Übergriffe auf vermeintliche Demonstrant_innen auf dem Smartphone zeigen. 

Er zeigt, wie unberechenbar, willkürlich, brutal und omnipräsent das Regime in Myanmar ist und auch, wie Menschen aller Generationen auf unterschiedliche Weise auf ihre Freiheit drängen.

Auch ästhetisch hat der Film überzeugt: Er erfindet eine ganz eigene Dramaturgie und Bildsprache dafür, wie man es schafft, Menschen zu zeigen, ohne sie zu zeigen. Neben dokumentarischen Sequenzen begleitet der Film die Protagonist_innen dabei, wie sie nach Bildern ringen, wo das Dokumentarische nicht mehr ausreicht. Dabei wird bewusst mit der Verwischung der Grenzen gespielt. Hektische Live-Aufnahmen wechseln sich ab mit künstlerischen Sequenzen, die zeigen, dass Zivilcourage beides braucht – Mut und langen Atem. Wir sagen: Diesen Film braucht die Welt. Wir möchten die Verleihung des Preises an das Myanmar Filmkollektiv als einen Akt der Solidarität verstanden wissen."

Trailer "Myanmar Diaries":

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Als Begründung für die lobende Erwähnung für "My Small Land" sagt die Jury:

"'My Small Land' ist ein stark erzählter Film, der sich so fast überall auf der Welt zutragen könnte. Er hat das universelle Anliegen, den inhumanen Umgang mit Geflüchteten anzuprangern. Wir wünschen uns, dass viele Menschen diesen Film sehen, auch, weil er eine starke Bildungswirkung hat. Im Mittelpunkt steht eine kurdische Familie, der der Aufenthaltsstatus in Japan entzogen wird und die den inhumanen Umgang der Behörden zu spüren bekommt."

Die Jury kommentiert die diesjährige Auswahl der nominierten Filme für den Amnesty-Filmpreis: 

"Wir würdigen die vielen Filme, die sich dieses Jahr mit den Auswirkungen von Menschenrechtsverletzungen auf Frauen beschäftigen. Egal, welche Region und welches Thema; egal, ob absichtlich im Fokus oder nebenbei erzählt: Immer sind Frauen die hauptsächlich Leidtragenden. Die Missachtung von Frauenrechten und sexualisierte Gewalt zieht sich wie ein roter Faden durch alle Filme, die wir sehen durften. Das sind Menschenrechtsverletzungen, die die Hälfte der Bevölkerung angeht: Es ist wichtig, dass wir das immer wieder vor Augen geführt bekommen."

Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde dieses Jahr zum 17. Mal verliehen. Auf der sich als politisches Filmfestival verstehenden Berlinale will er Filmschaffende würdigen, die ihre Arbeit den Menschenrechten widmen. 

Die Jury

Eva Meckbach (geboren 1981) aufgewachsen in Heidenheim (Baden-Württemberg), studierte Schauspiel an der Universität der Künste in Berlin. Bereits im dritten Studienjahr wurde sie von der Berliner Schaubühne engagiert, wo sie bis 2019 festes Ensemblemitglied war. 2012 wurde sie als beste Darstellerin beim Theaterfestival Stettin ausgezeichnet. Neben ihrer Theaterlaufbahn ist Meckbach regelmäßig in Fernseh- und Kinofilmen zu sehen. In der Netflix-Serie "Criminal: Deutschland" übernahm sie 2019 eine Hauptrolle. Für "Der König von Köln" erhielt sie 2020 den Sonderpreis für herausragende darstellerische Leistung beim Fernseh- und Filmfestival Baden-Baden und den Publikumspreis der Marler Gruppe. 2021 stand sie u.a. für die Hauptrolle der ZDFneo-Serie "Decision Game" vor der Kamera und war mit "Die Luft zum Atmen" auf dem Filmfest Hamburg zu sehen. Als Sprecherin ist Meckbach in zahlreichen Hörbüchern, Hörspielen, Podcasts und Features zu hören. 2019 gewann sie den Deutschen Hörbuchpreis als beste Interpretin für "Deutsches Haus" von Annette Hess. Eva Meckbach ist eine der Initiator_innen von #ActOut.

Franz Böhm (geboren 1999) wuchs in Stuttgart auf. Nach frühen Erfahrungen als Set-Runner drehte er mit 16 Jahren seinen ersten Kurzfilm "Harmonie der Anderen". Sein Crowdfunding-finanziertes, dokumentarisches Filmprojekt "Christmas Wishes" handelt von jungen Obdachlosen in Berlin. 2019 verwirklichte er seinen dritten Kurzfilm "Good Luck", welcher auf dem BIFF Premiere feierte und auf weiteren internationalen Filmfestivals gezeigt wurde. Sein ebenfalls Crowdfunding-finanziertes Debüt-Langfilmprojekt "Dear Future Children" über junge politische Aktivistinnen drehte er in Hong Kong, Chile und Uganda. Der Film gewann Publikumspreise auf dem Max-Ophüls-Preis Filmfestival und auf dem FIFDH in Genf. Auf dem CPH:DOX Festival 2021 war Böhm der jüngste Nominierte. Auf dem Hot Docs Festival in Toronto gewann er als erster Deutscher den Publikumspreis und ist damit für die Vorauswahl der Academy Awards qualifiziert. Böhm arbeitet in London.

Ines Wildhage (geboren 1969) ist seit 2007 bei Amnesty International in Deutschland tätig. Als Cross-Media-Produzentin verantwortet sie die Produktion audiovisueller Materialien für die Kampagnen- und Kommunikationsarbeit von Amnesty. 

Bisherige Preisträger des Amnesty-Filmpreises der Berlinale (Auswahl):

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