Aktuell Syrien 31. August 2011

Syrien: Amnesty-Bericht dokumentiert 88 Todesfälle in Haft

Gegen Folter und Gewalt in Syrien: Demonstration in Bern, 18. August 2011.

Gegen Folter und Gewalt in Syrien: Demonstration in Bern, 18. August 2011.

31. August 2011 - Todesfälle in syrischen Gefängnissen haben in schockierendem Ausmaß zugenommen. In einem neuen Bericht dokumentiert Amnesty International für den Zeitraum vom 1. April bis zum 15. August 2011 88 Todesfälle von Häftlingen, die im Zuge der Repression gegen die Protestbewegung verhaftet worden sind. Unter den Todesopfern befinden sich auch 10 Kinder. In mindestens 52 Fällen gibt es deutliche Hinweise auf Folter oder Misshandlung.

Seit Monaten gehen die syrischen Sicherheitskräfte mit brutaler Gewalt gegen die Protestbewegung vor. Amnesty International führt eine Liste mit den Namen von mehr als 1.800 Personen, die seit Beginn der Protestwelle getötet worden sind. Seit März 2011 finden im ganzen Land Massenverhaftungen statt.

Drastische Zunahme von Todesfällen in Haft

Gleichzeitig hat die Zahl von Todesfällen in syrischem Gewahrsam, insbesondere beim Militärgeheimdienst und dem Geheimdienst der Luftwaffe, in alarmierendem Ausmaß zugenommen. Im neuen Bericht "Deadly detention: Deaths in custody amid popular protest in Syria" dokumentiert Amnesty International 88 Fälle von Personen, die in einem Zeitraum von viereinhalb Monaten seit dem 1. April verhaftet wurden und danach in Haft umgekommen sind.

Die 88 Todesfälle in Haft sind eine drastische Zunahme. In den letzten Jahren hat Amnesty International jeweils von rund 5 Fällen pro Jahr erfahren. "Dieser massive Anstieg von Todesfällen in Haft kann kein Zufall sein. Diese vielen Toten sind ein Ausdruck derselben tödlichen Gewalt, die täglich in syrischen Straßen gegen zumeist friedliche Demonstranten ausgeübt wird", sagt Ruth Jüttner, Syrien-Expertin von Amnesty Deutschland. "Die Hinweise auf Folter, die wir erhalten haben, sind schockierend. Das syrische Regierung verfolgt die Opposition systematisch und mit großer Brutalität."

Unter Folter und Misshandlungen gestorben

Bei den 88 Todesfällen handelt es sich um Männer und Jungen, die wegen ihrer - tatsächlichen oder vermuteten - Teilnahme an den anhaltenden Massendemonstrationen festgenommen worden sind. Sie stammen aus den Provinzen Damaskus, Rif Damashq, Idlib, Hama, Aleppo und insbesondere Homs und Dera’a. Unter den Toten sind auch zehn Kinder im Alter von 13 bis 18 Jahren. In mindestens 52 Fällen verfügt Amnesty International über gewichtige Hinweise, dass Folter und Misshandlung zum Tod geführt oder zumindest dazu beigetragen haben.

Die Organisation hat 45 Videoclips analysiert, die Angehörige und MenschenrechtsaktivistInnen aufgenommen haben, nachdem die Leichen freigegeben worden sind. 20 dieser Aufnahmen wurden unabhängigen forensischen ExpertInnen vorgelegt. Die dokumentierten Verletzungen legen die Vermutung nahe, dass die Getöteten brutalster Gewalteinwirkung ausgesetzt waren: Die Körper der Getöteten zeigen Spuren massivser Schläge, Verbrennungen und Schnittverletzungen.

Maßnahmen des UNO-Sicherheitsrates ungenügend

"Zusammen mit der weit verbreiteten und systematischen Gewalt bei der Niederschlagung der Proteste könnten diese gehäuften Todesfälle in syrischer Haft den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen", sagt Jüttner. Amnesty International ruft daher den UNO-Sicherheitsrat dringend auf, den Internationalen Strafgerichtshof mit Ermittlungen zu beauftragen, ein umfassendes Waffenembargo zu erlassen sowie die Vermögenswerte von Präsident Assad und führender Mitglieder der Regierung zu sperren.

"Im Gegensatz zu den Maßnahmen der Bundesrepublik oder der EU ist die Reaktion des UN-Sicherheitsrates bisher völlig ungenügend. Neben China und Russland sperrten sich insbesondere Indien, Brasilien und Südafrika gegen eine verbindliche Resolution. Es ist zwar spät, aber nicht zu spät für entschiedenes Handeln auch seitens des Sicherheitsrates".

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