Finanzmittel eingefroren

Azza Soliman
© Amnesty International
Ein ägyptisches Gericht hat entschieden, dass die privaten und geschäftlichen Finanzmittel der Menschenrechtsanwältin Azza Soliman eingefroren bleiben. Zahlreichen weiteren Menschenrechtsverteidiger_innen könnte dasselbe bevorstehen.
Appell an
PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg
Twitter: @AlsisiOfficial
SOZIALMINISTERIN
Ghada Waly, Ministry of Social Solidarity
19 Maraghi Street, Agouza
Giza, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 3 337 5390
Sende eine Kopie an
STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Laila Bahaa El Din
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 576 7967
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt
BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. Januar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODERLUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Bitte stellen Sie das politisch motivierte Verfahren 173 aus dem Jahr 2011 ein und beenden Sie die Drangsalierung und Einschüchterung von Menschenrechtsverteidiger_innen, darunter willkürliche Festnahmen, Verhöre, Reiseverbote, Einfrieren von Geldmitteln, Schließungen und konstruierte Anklagen.
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Stellen Sie bitte sicher, dass das Einfrieren der Geldmittel von Menschenrechtsverteidiger_innen und Menschenrechtsorganisationen im Zusammenhang mit dem Verfahren 173 unverzüglich aufgehoben wird.
- Setzen Sie sich dafür ein, dass das neue NGO-Gesetz nicht erlassen wird, weil es gegen die ägyptische Verfassung von 2014 sowie das Völkerrecht und internationale Standards zum Recht auf Vereinigungsfreiheit verstößt.
Sachlage
Am 14. Dezember hat ein Gericht in Kairo entschieden, dass die persönlichen Finanzmittel der Frauenrechtlerin Azza Soliman sowie die ihrer Anwaltskanzlei Lawyers for Justice and Peace (Anwält_innen für Gerechtigkeit und Frieden) eingefroren bleiben. Die Finanzmittel der Menschenrechtlerin waren bereits ohne Gerichtsentscheidung seit Mitte November eingefroren.
Am 11. Januar muss das Gericht auch darüber entscheiden, ob die Finanzmittel der Direktorin der Organisation Nazra for Feminist Studies (Nazra für feministische Studien), Mozn Hassan, und der Mitarbeiter der Arab Penal Reform Organization (Arabische Organisation für eine Reform des Strafrechts, Atef Hafez und Mohamed Zaree, eingefroren werden.
Laut den Rechtsbeiständen von Azza Soliman und dem von ihr geleiteten Center for Egyptian Women's Legal Assistance (Ägyptisches Rechtshilfezentrum für Frauen) hat das Gericht am 12. Dezember den Antrag ihrer Verteidiger_innen, Auskünfte zum Vermögen und den Steurern der Menschenrechtsverteidigerin offenzulegen abgelehnt. Auch einen Antrag auf Überprüfung der Aufzeichnungen einer Befragung von Azza Soliman, die ein Ermittlungsrichter am 7. Dezember durchgeführt hatte, wurde zurückgewiesen.
Das Einfrieren der Finanzmittel ist von Richter_innen angeordnet worden, die im Rahmen des Verfahrens 173 von 2011 die Anmeldung und Finanzierung von ägyptischen NGOs untersuchen.
Die betreffenden Richter_innen haben in diesem Jahr bereits die Finanzmittel von sieben Menschenrechtsverteidiger_innen eingefroren und gegen mindestens zwölf Reiseverbote verhängt. Es wird befürchtet, dass diese und weitere Menschenrechtsverteidiger_innen wegen Anklagen wie Betreiben nicht registrierter Organisationen, Annahme von Geldmitteln ohne Genehmigung durch die Behörden und Untergrabung der "nationalen Interessen" Ägyptens – ein Straftatbestand, der mit 25 Jahren Haft geahndet wird – vor Gericht gestellt werden sollen. Präsident Abdel Fattah al-Sisi liegt ein Gesetzesentwurf zur Unterzeichnung vor, mit dem das bestehende Vereinigungsgesetz ersetzt werden soll. Das neue Gesetz sieht vor, dass Menschenrechtsgruppen eine amtliche Genehmigung für die Durchführung von Feldforschung, die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse und die Beschaffung von Finanzmitteln einholen müssen.
Hintergrundinformation
Am 7. Dezember wurde Azza Soliman bei sich zuhause festgenommen und vor einen Richter des Falls 173 von 2011 gestellt. Der Richter verhörte sie etwa drei Stunden lang unter anderem zu Anklagen wegen der "Annahme von finanziellen Mitteln aus dem Ausland, um dem Ansehen des Staates Schaden zuzufügen", "Steuerhinterziehung" und "Gründung einer Einheit, die ähnliche Aktivitäten ausübt wie eine Organisation". Azza Soliman hinterlegte eine Kautionssumme in Höhe von 20.000 Ägyptischen Pfund (ca. 1000 Euro), um freigelassen zu werden.
Die Festnahme von Azza Soliman und das Einfrieren ihrer Finanzmittel gehören zu dem eskalierenden Vorgehen der Behörden gegen ägyptische Menschenrechtsorganisationen. Am 15. Juni veranlasste ein Gericht, die Vermögenswerte des Al-Andalus Institute for Tolerance and anti-Violence Studies (Institut für Toleranz und Gewaltprävention in Al Andalus) und von dessen Leiter Ahmed Samih einzufrieren. Am 17. September bestätigte ein Gericht in Kairo die Entscheidung, die Geldmittel von fünf Menschenrechtsverteidiger_innen und drei Menschenrechtsorganisationen einfrieren zu lassen. Die Entscheidung betraf: Hossam Bahgat, investigativer Journalist und Gründer der Organisation Egyptian Initiative for Personal Rights (Ägyptische Initiative für persönliche Rechte); Gamal Eid, Gründer und Leiter der Organisation Arabic Network for Human Rights Information (Arabisches Netzwerk für Menschenrechtsinformationen); Bahey el-Din Hassan, Vorsitzender des Cairo Institute for Human Rights Studies (Kairoer Institut für Menschenrechtsstudien), Mostafa al-Hassan, Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation Hisham Mubaak Law Center (Rechtszentrum Hisham Mubaak); und Abdel Hafez Tayel, Vorsitzender der Organisation Egyptian Center for the Right to Education (Ägyptisches Zentrum für das Recht auf Bildung). Das Gericht fror zudem die Geldmittel der folgenden drei NGOs ein: Cairo Institute for Human Rights Studies, Hisham Mubaak Law Center und Egyptian Center for the Right to Education.
2016 ergingen gegen mindestens zwölf Menschenrechtsverteidiger_innen und Mitarbeiter_innen Ausreiseverbote: Im Februar gegen Gamal Eid und Hossam Bahgat; im Mai gegen Mohamed Zaree, einen Mitarbeiter des Cairo Institute for Human Rights Studies; im Juni gegen Hoda Abd el-Wahab vom Arab Centre for the Independence of the Judiciary and the Legal Profession (Arabisches Zentrum für die Unabhängigkeit der Justiz und der Rechtsberufe), und Mozn Hassan; im Juli gegen Nasser Amin vom Arab Centre for the Independence of the Judiciary and the Legal Profession und Reda El Danbouki vom Women’s Center for Guidance and Legal Awareness (Frauenzentrum für Handlungshilfe und rechtliches Bewusstsein); und im November gegen Malek Adly von der Organisation Egyptian Center for Economic and Social Rights (Ägyptisches Zentrum für wirtschaftliche und soziale Rechte), Ahmed Ragheb von der Organisation National Community for Human Rights and Law (Nationale Gemeinschaft für Menschenrechte und das Gesetz), Azza Soliman, Aida Seif El Dawla von der Organisation Al Nadeem Center for Rehabilitation of Victims of Violence (Al-Nadeem-Zentrum für die Rehabilitation von Gewaltopfern) und Abdel-Hafez Tayel. Weitere Personen, gegen die in den vergangenen Jahren wegen ihrer Menschenrechtsarbeit Reiseverbote ergingen, sind Mohamed Lofty, Direktor der Egyptian Commission for Rights and Freedoms (Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten), und Mitarbeiter_innen der Egyptian Democracy Academy (Ägyptische Akademie für Demokratie).
Im Februar ordnete die Regierung die Schließung des Al Nadeem Center for Rehabilitation of Victims of Violence, einer Klinik, in der Hunderte Folteropfer behandelt und unterstützt werden, an. Die Organisation arbeitet jedoch weiter und ist gerichtlich gegen die Anordnung vorgegangen. Am 10. November erfuhr die Klinik, dass ihre Finanzmittel auf Anordnung der Zentralbank Ägyptens einfroren worden seien. Am 16. November hatte die Klinik jedoch wieder Zugang zu ihren Konten, weil sie nachweisen konnte, dass sie als registrierte Klinik des Gesundheitsministeriums arbeitet und deshalb nicht auf der Grundlage des restriktiven Organisationsgesetzes der Mubarak-Zeit (Gesetz 84 aus dem Jahr 2002) registriert werden muss. Die zunehmenden Maßnahmen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen lassen befürchten, dass es bald schon zu Verfahren gegen sie kommen wird. Sollten sie unter Paragraf 78 des ägyptischen Strafgesetzbuchs wegen der Annahme von Finanzmitteln aus dem Ausland mit dem Ziel, die "nationalen Interessen", den "Frieden", die "Einheit" oder die "Sicherheit" Ägyptens zu untergraben, verurteilt werden, drohen ihnen bis zu 25 Jahre Haft und Geldstrafen in Höhe von 500.000 Ägyptischen Pfund (etwa 26.000 Euro).
Das Recht auf Vereinigungsfreiheit wird durch Artikel 75 der ägyptischen Verfassung von 2014 und durch Artikel 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte geschützt. Das Recht auf Bewegungsfreiheit ist in Artikel 62 der ägyptischen Verfassung und in Artikel 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte festgeschrieben.