Razzia gegen NGO

Zeichnung dreier Ausrufezeichen

Das El Nadeem-Zentrum für die Rehabilitation von Gewaltopfern (Al Nadeem Center for Rehabilitation of Victims of Violence) in Kairo wurde am 9. Februar von Angehörigen der Sicherheitskräfte gestürmt und geschlossen. Das Vorgehen der ägyptischen Behörden gegen Menschenrechtsorganisationen zusammen mit der strafrechtlichen Verfolgung von Menschenrechtsverteidiger_innen könnte dazu führen, dass einige von ihnen lebenslang ins Gefängnis müssen.

Appell an

PRÄSIDENT Abdel Fattah al-Sisi Office of the President Al Ittihadia Palace Cairo ÄGYPTEN (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) Fax: (00 202) 2 391 1441 E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg Twitter: @AlsisiOfficial

SOZIALMINISTERIN Ghada Waly Ministry of Social Solidarity 19 Maraghi Street, Agouza Giza ÄGYPTEN (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) Fax: (00 202) 3 337 5390

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM Laila Bahaa El Din Ministry of Foreign Affairs Corniche al-Nil, Cairo ÄGYPTEN Fax: (00 202) 2 576 7967 E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg Twitter: @MfaEgypt

 

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty Stauffenbergstraße 6-7 10785 Berlin Fax: 030-477 1049 E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. April 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODERLUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte heben Sie die Schließung des El Nadeem-Zentrum für die Rehabilitation von Gewaltopfern umgehend auf.

  • Stellen Sie das politisch motivierte Verfahren 173 aus dem Jahr 2011 ein und beenden Sie die Schikane und Einschüchterung von Menschenrechtsverteidiger_innen und garantieren Sie, dass das Einfrieren der Geldmittel von Menschenrechtler_innen und Menschenrechtsorganisationen, willkürliche Reiseverbote, Schließungen und konstruierte Anklagen unverzüglich rückgängig gemacht werden.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass das neue NGO-Gesetz nicht erlassen wird, weil es gegen die ägyptische Verfassung von 2014 sowie das Völkerrecht und internationale Standards zum Recht auf Vereinigungsfreiheit verstößt.

Sachlage

Am 9. Februar wurde das El Nadeem-Zentrum für die Rehabilitation von Gewaltopfern von der Polizei gestürmt und geschlossen. Die Schließung von El Nadeem, eine Organisation, die Gewalt- und Folteropfern Unterstützung anbietet, findet am Ende eines Jahres statt, in dem die die ägyptischen Behörden Menschenrechtsverteidiger_innen und Organisationen immer wieder drangsaliert haben. Im Februar 2016 waren Sicherheitskräfte in das Bürogebäude der Organisation El Nadeem in Kairo gekommen und präsentierten den Angestellten eine unbegründete Anordnung, ihre Tätigkeit einzustellen. Im selben Monat legte das Zentrum vor einem ägyptischen Gericht Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein. Dennoch führten die Sicherheitskräfte eine Razzia gegen es durch, ohne auf das Ergebnis der eingelegten Rechtsmittel zu warten. Im November 2016 ordnete die Zentralbank Ägyptens an, alle Konten der Organisation einzufrieren.

Im vergangenen Jahr leiteten Richter_innen strafrechtliche Ermittlungen zu den Aktivitäten und der Finanzierung von ägyptischen Menschenrechtsorganisationen ein, auch bekannt als das politisch-motivierte Verfahren 173 von 2011. Sollten die Menschenrechtsverteidiger_innen wegen der Annahme von Geldmitteln, mit dem Ziel, die "nationalen Interessen", den "Frieden", die "Einheit" und die "Sicherheit" Ägyptens zu untergraben, verurteilt werden, können ihnen nach Paragraph 78 des Strafgesetzbuchs eine Gefängnisstrafe von bis zu 25 Jahren und eine Geldstrafe von 500.000 Ägyptischen Pfund (etwa 29.700 Euro) drohen. Die ägyptischen Behörden wendeten eine Reihe von Methoden an, um die Aktivitäten der Menschenrechtsverteidiger_innen zu unterbinden, dazu gehören willkürliche Inhaftierungen, Verhöre, Reiseverbote und das Einfrieren von Geldmitteln. Seit Anfang 2016 wurden mindestens 22 NGO-Angestellte, unter anderem Vorsitzende der Organisationen, zu Vernehmungen vorgeladen; gegen 18 Menschenrechtler_innen wurden Reiseverbote verhängt; und im Fall von sieben NGOs und zehn Personen wurden Konten eingefroren.

Am 29. November 2016 verabschiedete das Parlament einen neuen Gesetzesentwurf, welcher das aktuelle Vereinsrecht ersetzen soll. Dies würde die Arbeit der NGOs massiv einschränken. Der Entwurf liegt Präsident Abdel Fattah al-Sisi zur Unterschrift vor. Sollte das Gesetz in Kraft treten, wären NGOs dazu gezwungen, offizielle Genehmigungen für Forschungen, Veröffentlichung der Ergebnisse und Förderungsmittel einzuholen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International beobachtet und dokumentiert die Schikane von Menschenrechtsverteidiger_innen in Ägypten genau. Am 26. Januar wurde Negad al-Borai im internationalen Flughafen Kairo daran gehindert, ein Flugzeug zu besteigen. Flughafenangestellte informierten ihn darüber, dass das Büro des Generalstaatsanwalts ein Reiseverbot gegen ihn verhängt habe, ohne ihn über die Gründe zu informieren. Negad al-Borai ist der Leiter der Rechtsabteilung der Anwaltsfirma United Group for Law. Er ist von den Behörden aufgrund von Anschuldigungen verhört worden, wonach er eine rechtswidrige Körperschaft aufgebaut und Falschinformationen verbreitet habe. Er wurde auch zu einem Workshop befragt, bei dem es um den Entwurf eines Antifoltergesetzes ging.

Ein Gericht in Kairo hat am 11. Januar entschieden, das Firmen- und Privatvermögen von Mozn Hassan, der Gründerin und Leiterin der Organisation Nazra for Feminist Studies, sowie von Mohamed Zarea und Atef Hafez, die der Organisation für arabische Strafreform angehören, einzufrieren. Diese Entscheidung fiel im Fall 173. Ein Kairoer Gericht hielt am 14. Dezember 2016 auch das Einfrieren des Vermögens der Frauenrechtlerin Azza Soliman und dem ihrer Menschenrechtskanzlei Anwälte für Gerechtigkeit und Frieden (Lawyers for Justice and Peace) aufrecht. Eine Woche zuvor nahmen Sicherheitskräfte Azza Soliman bei sich zuhause fest und führten sie einem Gericht vor, das den Fall 173 bearbeitet. Sie wurde etwa drei Stunden verhört. Dabei ging es um den Erhalt von Geldmitteln aus dem Ausland mit der Absicht, Ägypten zu schaden, Steuern zu hinterziehen und die Gründung einer Körperschaft, die die Aktivitäten einer Vereinigung ausführt. Sie wurde noch am selben Tag gegen eine Kaution von 20.000 ägyptischen Pfund (umgerechnet knapp 1.200 Euro) freigelassen.

Namen der Betroffenen: AZZA SOLIMAN ATEF HAFEZ ABDEL HAFEZ TAYEL HOSSAM BAHGAT GAMAL EID BAHEY EL-DIN HASSAN MOSTAFA AL-HASSAN MOZN HASSAN HODA ABD EL-WAHAB MOHAMED ZAREA MOHAMED ZAREE AHMED SAMIH MALEK ADLY AHMED RAGHEB AIDA SEIF EL DAWLA NASSER AMIN MOHAMED LOTFY NEGAD AL-BORAI ABDEL HAFEZ TAYEL HOSSAM EL-DEEN ALI AHMED GHONIM BASSEM SAMIR ISRAA ABDELFATTAH REDA EL DANBOUKY