DEINE SPENDE KANN LEBEN RETTEN!
Mit Amnesty kannst du dort helfen, wo es am dringendsten nötig ist.
DEINE SPENDE WIRKT!
Verfahren gegen Menschenrechtler_innen
Ägypten Karte
© Courtesy of the University of Texas Libraries
Am 17. Juli wird das Strafgericht von Kairo eine gerichtliche Anordnung prüfen, die Geldmittel von fünf führenden Menschenrechtsverteidiger_innen und deren Familien sowie einer NGO und deren Mitarbeiter_innen einzufrieren. Gegen sie und andere bekannte Menschenrechtler_innen wurden im "Verfahrens wegen Auslandsfinanzierung" (Verfahren 173 von 2011) Ermittlungen eingeleitet. Bei einem Schuldspruch könnte ihnen eine lebenslange Haftstrafe drohen.
Appell an
SOZIALMINISTERIN
Ghada Waly
Ministry of Social Solidarity
19 Maraghi Street
Giza, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 3 337 5420 oder (00 202) 3 337 5404
STELLVERTRETENDE AUSSENMINISTERIN
Laila Bahaa El Din
Deputy Assistant Minister for Human Rights and NGO Affairs
Ministry of Foreign Affairs
Cornice al-Nil
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 576 7967
E-Mail: foreign.legalization@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt
Sende eine Kopie an
VORSITZENDER DES NATIONALEN MENSCHENRECHTSRATS
Mohamed Fayek
69 Giza St. - next to the Embassy of Saudi Arabia
Giza, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 3 762 4852
E-Mail: Nchr@nchr.org.eg
Twitter: @nchregypt
BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 22. August 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
-
Bitte stellen Sie das politisch motivierte Verfahren 173 von 2011 ein und stellen Sie die Drangsalierung und Einschüchterungsversuche gegen Menschenrechtler_innen in Zusammenhang mit diesem Verfahren ein, einschließlich der Reiseverbote und des Einfrierens von Finanzmitteln sowie konstruierter Steuerermittlungsverfahren.
-
Bitte kommen Sie Ihren eigenen Zusagen vom März 2015 im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung Ägyptens vor dem UN-Menschenrechtsrat nach, "die freie Tätigkeit von Menschenrechtsvereinigungen zu respektieren", sowie auch Ihren Verpflichtungen im Rahmen von Paragraf 75 der ägyptischen Verfassung und Artikel 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Ägypten gehört.
- Bitte stellen Sie sicher, dass das Strafjustizsystem nicht missbraucht wird, um gegen Menschenrechtsverteidiger_innen vorzugehen.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
-
Calling on Egypt's authorities to close politically motivated Case 173 of 2011 and end the harassment and intimidation of human rights defenders taken with reference to the case, including travel bans, asset freeze orders and trumped-up tax investigations.
-
Urging them to abide by their own pledges made in March 2015 at the conclusion of Egypt's Universal Periodic Review before the UN Human Rights Council to "respect the free exercise of the associations defending human rights" and fulfil the right to freedom of association, enshrined in Article 75 of Egypt's 2014 Constitution and Article 22 of the International Covenant on Civil and Political Rights, to which Egypt is a State Party.
- Calling on them to ensure that the criminal justice system is not misused to target or harass human rights defenders.
Sachlage
Das Kairoer Strafgericht wird am 17. Juli eine gerichtliche Anordnung prüfen, die Finanzmittel von mehreren Personen und Organisationen einzufrieren. Bei den Betroffenen handelt es sich um Hossam Bahgat, Gründer der Menschenrechtsgruppe Egyptian Initiative for Personal Rights (Ägyptische Initiative für persönliche Rechte), und Gamal Eid, Gründer und Leiter der Organisation Arabic Network for Human Rights Information (Arabisches Netzwerk für Menschenrechtsinformationen, ANHRI) sowie dessen Ehefrau und Tochter, Bahey el-Din Hassan, den Vorsitzenden des Cairo Institute for Human Rights Studies (Kairoer Institut für Menschenrechtsstudien, CIHRS), Angehörige seiner Familie sowie einige Mitarbeiter_innen des CIHRS, Mostafa al-Hassan, Vorsitzender des Anwaltsbüros Hisham Mubaak Law Center, und Abdel Hafez Tayel, Vorsitzender der Organisation Egyptian Center for the Right to Education (Ägyptisches Zentrum für das Recht auf Bildung). Zudem liegt ein Antrag auf Einfrieren der Finanzmittel des CIHRS vor.
Am 27. Juni wurde die Frauenrechtlerin Mozn Hassan an einer Reise gehindert. Sie ist die Gründerin und Direktorin der Organisation Nazra for Feminist Studies und hat mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Passkontrollbehörde am Flughafen hat gegenüber der Menschenrechtlerin keine Begründung für das Reiseverbot angegeben, sondern lediglich gesagt, dass die Staatsanwaltschaft die Anordnung dazu erteilt habe. Mozn Hassan ist als Angeklagte im Verfahren 173 genannt. Hoda Abd El-Wahab, die Direktorin der Organisation Arab Center for the Independence of the Judiciary and the Legal Profession, wurde auf Anordnung eines Richters im Verfahren 173 am 20. Juni an einer Reise gehindert. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Untersuchung der Registrierung und Finanzierung von NGOs in Ägypten.
Hintergrundinformation
Gemäß Paragraf 78 des Strafgesetzbuches können Personen zu einer Haftstrafe von 25 Jahren und einer Geldstrafe von 500.000 Ägyptischen Pfund (ca. 50.000 Euro) verurteilt werden, wenn sie Geld oder Materialien aus dem Ausland erhalten und damit die "nationalen Interessen" Ägyptens verletzen, die "territoriale Integrität" des Landes untergraben oder "den öffentlichen Frieden" stören. Die ägyptischen Gesetze, mit denen der Zugang zu Geldern aus dem Ausland eingeschränkt wird, wurden bereits wiederholt von UN-Gremien kritisiert, die beobachten, ob Ägypten seine Verpflichtungen gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen einhält. Das Recht auf Vereinigungsfreiheit ist in Paragraf 75 der ägyptischen Verfassung und in Artikel 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte festgelegt, zu dessen Vertragsstaaten Ägypten gehört. Das Recht auf Bewegungsfreiheit ist in Artikel 62 der ägyptischen Verfassung und in Artikel 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte festgeschrieben.
Reiseverbote werden von den ägyptischen Behörden willkürlich eingesetzt, um Menschen einzuschüchtern und Kritik zu unterbinden. Mohamed Zaree, der ägyptische Leiter des Cairo Institute for Human Rights (Kairoer Institut für Menschenrechtsstudien, CIHRS), erfuhr am 26. Mai am Kairoer Flughafen, dass ein Reiseverbot gegen ihn vorliegt. Mohamed Zaree weiß weder, durch welches Gericht noch im Rahmen welchen Verfahrens das Verbot angeordnet wurde, hält aber das "Verfahren wegen Auslandsfinanzierung" für die einzige mögliche Erklärung.
Am 15. Juni ordnete ein Gericht in Nord-Kairo an, die Vermögenswerte des Al-Andalus Institute for Tolerance and anti-Violence Studies (Institut für Toleranz und Gewaltprävention in Al Andalus) und von dessen Leiter Ahmed Samih einzufrieren. Ahmed Samih hatte erst am 12. Juni über eine staatliche Zeitung von dem entsprechenden Antrag erfahren. In der Zeitung hieß es, der Antrag stamme von Richter_innen im Verfahren 173.
Die Behörden haben außerdem wiederholt versucht, das El Nadeem Center for Rehabilitation of Victims of Violence (El-Nadeem-Zentrum für die Rehabilitation von Gewaltopfern) wegen nicht genehmigter Tätigkeit zu schließen, obwohl dieses bereits seit 1993 als medizinische Klinik registriert ist. Viele der ins Visier geratenen Gruppen haben eine Genehmigung als NGO, Anwaltsfirma oder medizinische Einrichtung. Einige haben ihre Mitarbeiter_innen jedoch ins Ausland versetzt oder ihre Tätigkeit eingeschränkt, um sich nicht unter den Auflagen des Vereinigungsgesetzes aus der Zeit der Präsidentschaft von Hosni Mubarak registrieren lassen zu müssen. Das Gesetz ermöglicht es der Regierung, Gruppen willkürlich aufzulösen, Vermögenswerte einzufrieren, Eigentum zu beschlagnahmen und Kandidat_innen für das Leitungsgremium abzulehnen. Doch auch gegen registrierte Gruppen wurde ermittelt: So wurde die Organisation Egyptian Democratic Academy (Ägyptische Demokratische Akademie, EDA) im Januar 2015, und die Organisation Nazra 2007 erfolgreich registriert. Gegen vier jetzige und ehemalige Mitarbeiter_innen von EDA sind Reiseverbote verfügt worden, und zwar gegen die politische Aktivistin Esraa Abdel Fattah sowie gegen Hossameldin Ali, Ahmed Ghonim und Bassim Samir.
Am 19. April 2016 veröffentlichte das Büro des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon eine Erklärung, in der die Lage der Menschenrechtsgruppen in Ägypten thematisiert wird und die Behörden aufgerufen werden, den Angeklagten ein "ordentliches und faires Verfahren" zu gewähren. Im März 2016 hat der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte seine "große Besorgnis" über das Vorgehen gegen ägyptische Menschenrechtsorganisationen geäußert.
Die ägyptische Militärregierung geht bereits seit Mitte 2011 strafrechtlich gegen Menschenrechtsgruppen vor. Im Dezember 2011 wurden fünf internationale NGOs und zwei ägyptische Menschenrechtsorganisationen von Angehörigen der Staatsanwaltschaft und der Sicherheitskräfte durchsucht. 2012 lief ein Verfahren gegen 43 Mitarbeiter_innen internationaler NGOs, denen vorgeworfen wurde, für nicht-registrierte NGOs zu arbeiten und illegale Finanzmittel erhalten zu haben. Im Juni 2013 wurden sie zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und fünf Jahren verurteilt. Die Haftstrafen wurden alle entweder zur Bewährung ausgesetzt oder in Abwesenheit der Angeklagten verhängt.