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EU: Einigung auf Asylrechtsreform ist menschenrechtlicher Dammbruch
"#Stop Geas": Demonstration von Amnesty International, ProAsyl und dem Flüchtlingsrat Berlin gegen die EU-Asylrechtsreform am 9. Juni 2023 vor dem Bundestag in Berlin.
© IMAGO / IPON
Heute Morgen haben EU-Rat und Europaparlament zu allen wesentlichen Verordnungsentwürfen der Asylrechtsreform eine politische Einigung erzielt. Die geplante Reform ist menschenrechtswidrig und wird zu mehr Leid, mehr Pushbacks und mehr Gewalt an den EU-Außengrenzen führen. Sie wird bestehende Herausforderungen nicht lösen, sondern verschärfen.
Die Asylrechtsreform der EU beinhaltet unter anderem die Absenkung von menschenrechtlichen Standards im Falle einer "Instrumentalisierung". Die Ausnahmemöglichkeiten betreffen alle Schutzsuchenden: Ohne Ausnahmen für Kinder, Familien oder andere vulnerable Gruppen. Eine "Instrumentalisierung" soll auch durch nicht-staatliche Akteure möglich sein, was einer Kriminalisierung humanitärer Hilfe den Weg bereiten könnte.
Zur heutigen Einigung sagt Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland:
"Ich bin entsetzt: Die heute erzielte Einigung ist ein menschenrechtlicher Dammbruch. Die beschlossenen Verschärfungen werden das europäische Asylrecht für die nächsten Jahrzehnte prägen und drohen, die Rechtlosigkeit an den Außengrenzen zur Norm zu machen. Diese Reform wird die bestehenden Herausforderungen nicht lösen, sondern weiter verschärfen.
Die heute getroffene Einigung ist ein fauler Kompromiss auf Kosten Schutzsuchender. Durch die Zustimmung macht sich die Bundesregierung mitschuldig an zukünftigen Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen, denn gerade die deutsche Stimme war in den bisherigen Abstimmungen im Juni und im Oktober entscheidend. Ohne die Zustimmung Deutschlands hätte es keine Einigung gegeben.
Amnesty International fordert stattdessen ein glaubwürdiges Engagement zur Einhaltung bestehender rechtlicher Vorschriften. Die EU-Kommission muss endlich Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einleiten, deren systematische Praxis von Pushbacks seit Jahren ausführlich dokumentiert ist.
Statt weiter auf Abschottung, Abschreckung und Verantwortungsauslagerung zu setzen, sollten sich die EU-Mitgliedstaaten für eine menschenwürdige Aufnahme innerhalb der Europäischen Union einsetzen und sichere sowie reguläre Fluchtwege erweitern, die es Menschen ermöglichen, Schutz in Europa zu erlangen, ohne sich auf gefährliche Fluchtrouten zu begeben."
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wird dazu führen, dass eine große Zahl der Schutzsuchenden zukünftig an den europäischen Außengrenzen pauschal inhaftiert werden, darunter auch Kinder und vulnerable Personen. Die Einigung beinhaltet außerdem weitreichende Möglichkeiten für Mitgliedstaaten, von menschenrechtlichen Mindeststandards abzuweichen, z.B. in Zeiten erhöhter Ankunftszahlen oder der so genannten Instrumentalisierung von Schutzsuchenden. Durch ständige Ausnahmen werden Mindeststandards fortlaufend unterschritten, das europäische Asylrecht fragmentiert und Menschenrechtsverletzungen durch vermeintliche "Krisenzustände" legitimiert.
Amnesty International hat in den letzten Jahren wiederholt auf die fatalen menschenrechtlichen Auswirkungen der Reform hingewiesen.