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Verteidiger des Regenwalds
In Ecuador wehrt sich die indigene Gemeinschaft der Sarayaku seit Jahren gegen Unternehmen, die auf ihrem Gebiet nach Öl suchen wollen. Eriberto Gualinga gehört zu den Sarayaku und ist ein preisgekrönter Filmemacher.
Von Ralf Rebmann
Eigentlich würde Eriberto Gualinga gern einen unpolitischen Film drehen. Einen Film über das Leben im Amazonasgebiet Ecuadors. Oder einen Film über Musik, schließlich ist Gualinga selbst Musiker. Doch dazu hat der 35-Jährige keine Zeit. "Die Situation erlaubt es mir nicht, andere Themen zu bearbeiten."
Gualinga gehört zur indigenen Gemeinschaft der Sarayaku. Die Gemeinde hat rund 1.200 Mitglieder und lebt im Amazonasgebiet im Osten Ecuadors, am Ufer des Bobonaza-Flusses. Für die Sarayaku sind der Fluss und der dichte Regenwald, der ihn umgibt, die Existenzgrundlage. Doch seit der ecuadorianische Staat vor mehr als zehn Jahren Konzessionsrechte an Ölunternehmen vergeben hat, ist diese in Gefahr.
"In den vergangenen 30 Jahren gab es immer wieder Bestrebungen, auf unserem Gebiet Bodenschätze abzubauen", sagt Gualinga. "Wir waren deshalb immer aufmerksam." Als im Jahr 2002 die ersten Hubschrauber von Ölunternehmen landeten, änderte sich die Situation schlagartig: Innerhalb weniger Monate wurden Hunderte Brunnen angelegt und mehr als 1,4 Tonnen Sprengstoff vergraben. Private Sicherheitskräfte und Militäreinheiten sollten dafür sorgen, dass die Sucharbeiten reibungslos verliefen. Es folgten Monate des Protests. Die Sarayaku stellten Sicherheitskräfte und Arbeiter zur Rede und blockierten Zufahrtswege, um sie an ihrer Arbeit zu hindern.
Gualinga war zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt und studierte Kommunikations- und Filmwissenschaft. "Als die Proteste begannen, gab es eine Möglichkeit für mich zu filmen." Die Videokamera wurde für ihn zu seinem wichtigsten Werkzeug. Den ersten Film stellte er 2003 fertig. Schon bald berichteten Medien über den Widerstand der Sarayaku, NGOs setzten sich für sie ein. "Video, Internet und die Presse sind in unserem Kampf sehr wichtig", sagt Gualinga. "Von einem Konflikt, der sich im Regenwald abspielt, würde sonst niemand etwas erfahren."
Die Sarayaku gingen mit ihrem Anliegen jedoch nicht nur an die Medien, sondern auch vor Gericht. Die juristische Auseinandersetzung mit dem Staat führte sie schließlich bis vor den Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof in Costa Rica. In einem wegweisenden Urteil sprachen die Richter Ecuador im Juli 2012 schuldig, die Rechte der Sarayaku auf Eigentum und kulturelle Identität verletzt zu haben. In Gualingas Film "Die Kinder des Jaguar" hat er diesen Erfolg festgehalten. Die halbstündige Dokumentation wurde von den Sarayaku und Amnesty gemeinsam produziert und gewann 2012 im Rahmen des "National Geographic All Roads Film Festival" einen Preis.
Wenn Gualinga seine Filme im Ausland zeigt, ist er nicht nur Regisseur, sondern auch Sprecher der Gemeinschaft. Der öffentliche Druck sei weiterhin notwendig, denn bis heute ist die ecuadorianische Regierung ihren Verpflichtungen aus dem Urteil nicht nachgekommen. Der Staat hat weder eine umfassende Regelung zur Konsultation von indigenen Gemeinschaften verabschiedet, noch den lebensgefährlichen Sprengstoff vollständig entfernt. Stattdessen hat die Regierung im November 2012 eine weitere Runde zur Vergabe von Konzessionsrechten ausgeschrieben. Und erst kürzlich hat die Regierung angekündigt, im Yasuni-Nationalpark nach Öl zu bohren. "Ich habe meine Arbeit noch nicht beendet", sagt Gualinga. Auch deshalb bringt er Jugendlichen bei, wie man mit der Kamera umgeht. Vor allem aber hofft er, dass der Widerstand der Sarayaku irgendwann nicht mehr notwendig sein wird.