Amnesty Report Zypern 23. Mai 2018

Zypern 2017/18

Report Cover 17/18

Die von den Vereinten Nationen unterstützten Friedensgespräche über die Wiedervereinigung der Insel scheiterten Anfang Juli. Die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende gaben weiterhin Anlass zu Besorgnis.

Hintergrund

Nach intensiven Verhandlungen wurden die auf hoher Ebene geführten Gespräche über eine Wiedervereinigung Zyperns Anfang Juli 2017 ergebnislos abgebrochen. Die Verhandlungsführer der griechischen und der türkischen Zyprer fanden zu keiner Einigung über Sicherheitsthemen, darunter der Abzug türkischer Truppen, sowie über Eigentumsfragen.

Rechte von Flüchtlingen und Migranten

Im Februar 2017 wies der Oberste Gerichtshof einen Antrag ab, mit dem die Inhaftierung und Auslieferung von Seif el-Din Mostafa angefochten wurde. Dem ägyptischen Staatsangehörigen wurde zur Last gelegt, im März 2016 ein Flugzeug der Egypt Air entführt zu haben. Trotz der Befürchtung, er könne bei einer Überstellung nach Ägypten in großer Gefahr sein, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden, beschloss der Oberste Gerichtshof, keine weiteren Beweismittel im Hinblick auf das Folterrisiko zuzulassen. Obwohl über den Asylantrag von Seif el-Din Mostafa noch nicht abschließend entschieden worden war, erklärte der Gerichtshof, dass der Antragsteller ausgeliefert werden könne. Im November 2017 wies der Gerichtshof zudem Rechtsmittel zurück, die gegen seine frühere Entscheidung eingelegt worden waren. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stoppte jedoch noch am selben Tag die Auslieferung von Seif el-Din Mostafa nach Ägypten.

Im Mai 2017 äußerte sich der UN-Ausschuss für die Beseitigung rassistischer Diskriminierung (CERD) besorgt über die eingeschränkten Beschäftigungsmöglichkeiten für auf der Insel lebende Asylsuchende, die unzureichende soziale Unterstützung für sie und die mangelhaften Aufnahmeeinrichtungen. Der Ausschuss beanstandete auch den unzureichenden Zugang zu staatlichen Leistungen für jene Asylsuchenden, die im Aufnahmezentrum für Antragsteller auf internationalen Schutz in Kofinou lebten, der einzigen offiziellen Einrichtung zur Unterbringung von Asylsuchenden auf der Insel.

Im September 2017 machte die NGO Future Worlds Center auf die Notwendigkeit eines Notfall-Aufnahmeplans aufmerksam, insbesondere für den Fall einer erhöhten Zahl von Bootsflüchtlingen. Laut dem Amt des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) kamen zwischen Januar und November 2017 insgesamt 851 Personen per Boot auf Zypern an, im Vergleich zu 345 Personen im Vorjahr.

Verschwindenlassen

Zwischen Januar und Ende Dezember exhumierte der Ausschuss für die Vermissten in Zypern die sterblichen Überreste von 46 Personen, wodurch sich die Gesamtzahl der Exhumierungen seit 2006 auf 1217 erhöhte. Von 2007 bis zum 31. Dezember 2017 waren die sterblichen Überreste von 855 Vermissten (645 griechische Zyprer und 210 türkische Zyprer) identifiziert worden.

Diskriminierung – Menschen mit Behinderungen

Im Mai 2017 zeigte sich der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen besorgt über den unzureichenden Zugang zu Gesundheitsfürsorge für Menschen mit Behinderungen, die hohe Arbeitslosigkeit unter ihnen sowie die ungenügenden Maßnahmen, um ihren Zugang zu Beschäftigung auf einem offenen Arbeitsmarkt zu fördern.

Folter und andere Misshandlungen

Im April 2017 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass die zyprische Ombudsperson und das Beschwerdesystem der nationalen Polizei die mutmaßliche Misshandlung eines kenianischen Staatsangehörigen bei seiner Abschiebung im März 2007 (Thuo gegen Zypern) nicht wirksam untersucht hatten. Das Gericht kam außerdem zu dem Schluss, dass die Haftbedingungen des Antragstellers im Zentralgefängnis von Nikosia eine erniedrigende Behandlung darstellten.

Ende August gab ein 60-jähriger türkischer Staatsangehöriger an, vor und in einem Polizeirevier in der Nähe eines ausgewiesenen Kontrollpunkts der UN-Pufferzone von einem Polizisten misshandelt worden zu sein. Die Untersuchungen zu dem Vorfall durch das Beschwerdesystem der nationalen Polizei waren Ende des Jahres noch nicht abgeschlossen.

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