Amnesty Report 21. Mai 2017

Uganda 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wurden im Zusammenhang mit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stark eingeschränkt. Die Wahlen waren von Unregelmäßigkeiten geprägt. Neue Restriktionen erschwerten die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern, und einige Organisationen wurden schikaniert. Die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen (LGBTI) wurden weiterhin verletzt.

HINTERGRUND

Am 18. Februar 2016 fanden in Uganda zum fünften Mal Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Die Wahlbeobachtungsmission des Commonwealth erklärte, dass bei den Wahlen wesentliche demokratische Standards nicht eingehalten wurden. Auch die Wahlbeobachtermission der EU stellte fest, dass die Wahlen in einer "einschüchternden Atmosphäre" stattgefunden hatten und die Polizei exzessive Gewalt gegen Oppositionspolitiker, Medienschaffende und die Bevölkerung im Allgemeinen angewandt habe. Am 20. Februar wurde Präsident Museveni zum Wahlgewinner erklärt. Er ist bereits seit 30 Jahren an der Macht.

Am 1. März 2016 ging Amama Mbabazi, Präsidentschaftskandidat der Opposition, vor dem Obersten Gerichtshof von Uganda gegen das Wahlergebnis vor. Er gab als Begründung an, dass die Regierungspartei Wähler bestochen, bei ihren politischen Aktivitäten öffentlich Bedienstete und staatliche Ressourcen eingesetzt und sich in die Aktivitäten der Opposition eingemischt habe. Am 9. März, als dem Gericht beglaubigte schriftliche Erklärungen zur Beweisaufnahme vorgelegt werden sollten, wurden Akten und Computer aus den Büros von zwei der Anwälte von Amama Mbabazi gestohlen. Am 31. März entschied der Oberste Gerichtshof, dass es keine ausreichenden Beweise für Unregelmäßigkeiten gebe, durch die die Wahlergebnisse hätten beeinflusst werden können.

RECHTE AUF VEREINIGUNGS- UND VERSAMMLUNGSFREIHEIT

Die Polizei schränkte die Rechte der Oppositionsparteien auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit vor, während und nach den Wahlen massiv ein.

Drei Tage vor den Wahlen wurde der Präsidentschaftskandidat der Oppositionspartei Forum für Demokratischen Wandel (Forum for Democratic Change – FDC), Kizza Besigye, festgenommen, als er auf dem Weg zu einer Wahlkundgebung war. Danach sperrte die Polizei die Straße, die zu seinem Haus führt, so dass er de facto unter Hausarrest gestellt wurde. Die Maßnahme wurde damit begründet, dass er nach der Polizei vorliegenden Informationen Unruhe stiften wollte. Am 20. Februar wurde er erneut festgenommen, als er versuchte, sein Haus zu verlassen, um von der Wahlkommission Kopien der detaillierten Wahlergebnisse zu erhalten, gegen die er vorgehen wollte. Einen Tag vor der Vereidigung von Präsident Yoweri Museveni tauchte im Internet ein Video auf, das Kizza Besigye zeigte, wie er als "Präsident des Volkes" vereidigt wurde. Die Polizei nahm ihn unmittelbar danach fest und beschuldigte ihn des Hochverrats. Das gegen ihn eingeleitete Gerichtsverfahren dauerte zum Jahresende noch an.

RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG

Im Vorfeld der Wahlen gingen Angehörige der Sicherheitskräfte gegen Medienunternehmen vor, denen sie unterstellten, dass sie der Politik der Regierung kritisch gegenüberstanden.

Am 20. Januar 2016 wurde der private Radiosender Endigyito FM geschlossen, nachdem der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Amama Mbabazi als Gast in einer Sendung aufgetreten war.

Am 13. Februar drang die Polizei in die Räume des Radiosenders Radio North FM in Lira im Norden Ugandas ein und nahm den Journalisten Richard Mungu sowie einen Besucher fest. Die Polizei warf Richard Mungu vor, Wahlplakate von Präsident Museveni verunstaltet zu haben, und klagte ihn wegen böswilliger Beschädigung von Eigentum an. Die Beschuldigungen wurden später in "Anstiftung und Beihilfe zur Begehung einer Straftat" umgewandelt. Am 17. Februar kam er gegen Kaution frei.

Am Wahltag blockierte die staatliche Regulierungsbehörde (Uganda Communications Commission – UCC) zwischen 6 und 21.30 Uhr den Zugang zu Facebook, Twitter und WhatsApp mit der Begründung, es bestehe eine nicht näher beschriebene Gefahr für die nationale Sicherheit. Mobile Telecommunications Network, ein führender Mobilfunk- und Internetanbieter in Uganda, teilte über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, dass er von der UCC angewiesen worden sei, wegen "einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit" alle sozialen Medien und mobilen Geldüberweisungsdienste zu deaktivieren. Derartige Maßnahmen verletzten das Recht, Informationen zu suchen, zu empfangen und weiterzugeben. Der stellvertretende Oberste Richter untersagte die Durchführung einer für den 5. Mai vom FDC und von Kizza Besigye organisierten friedlichen Demonstration. Seiner Anordnung folgte ein Antrag des stellvertretenden Generalstaatsanwalts auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, um eine von der Oppositionspartei FDC geplante "Missachtungskampagne" zu verhindern. Die Kampagne hatte u. a. eine internationale Überprüfung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen zum Ziel. Das Berufungsgericht urteilte am 30. April, dass die Kampagne gegen mehrere Artikel der Verfassung verstoße.

Am 14. September wurden 25 Frauen festgenommen und vier Stunden lang inhaftiert, bevor sie ohne Anklage wieder freikamen. Die Festnahmen erfolgten, kurz bevor die Frauen dem Parlament eine Eingabe überreichen wollten, die sich gegen die vorgesehene Änderung des in der Verfassung festgelegten obligatorischen Ruhestandsalters von Justizbeamten und Wahlbeauftragten richtete. Der Parlamentssprecher lehnte den Änderungsentwurf ab und forderte die Regierung stattdessen auf, eine Vorlage für eine umfassende Verfassungsreform vorzulegen.

RECHTSWIDRIGE TÖTUNGEN

Polizeilichen Angaben zufolge wurden am 28. November 2016 in der im Westen Ugandas gelegenen Stadt Kasese bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und der Königsgarde des Herrschers des Königreichs Rwenzururu mindestens 100 Menschen getötet und 139 weitere festgenommen. In einigen Fällen führten die Sicherheitskräfte summarische Erschießungen durch und entledigten sich danach der Leichname an Flussufern oder in Büschen. Den Zusammenstößen waren am 26. November Angriffe der Königsgarde auf mehrere Polizeiwachen vorausgegangen, bei denen mindestens 14 Polizisten getötet wurden. Charles Wesley Mumbere, Herrscher des Königreichs Rwenzururu, wurde festgenommen und in die Hauptstadt Kampala gebracht, wo man ihn wegen Mordes anklagte.

MENSCHENRECHTSVERTEIDIGER

Am 14. März 2016 trat das Gesetz über Nichtregierungsorganisationen in Kraft. Einige seiner Bestimmungen waren vage formuliert und könnten dazu benutzt werden, eine harte Vorgehensweise gegen zivilgesellschaftliche Organisationen zu legitimieren. So untersagt das Gesetz Organisationen, Aktivitäten durchzuführen, die "nachteilig für die Sicherheit, die Interessen oder die Würde des ugandischen Volkes sind", ohne diese Begriffe näher zu definieren.

Zwischen April und Mai 2016 brachen unbekannte Täter in die Büroräume der NGOs Forum for African Women Educationalists (FAWE), Human Rights Awareness and Promotion Forum (HRAPF) und Human Rights Network for Journalists – Uganda (HRNJ – Uganda) ein und stahlen mehrere Gegenstände. Bei FAWE entwendeten die Eindringlinge einen Webserver, Computer, Kameras und Projektoren. Aufnahmen der Überwachungskameras der HRNJ-Uganda zeigen, wie Mitarbeiter des Sicherheitspersonals von einem Besucher etwas zu essen annehmen, das offensichtlich starke Beruhigungsmittel enthielt, so dass sie einschliefen. So war es den vier Eindringlingen möglich, die Büroräume der NGO ungestört zu durchsuchen. Im Juli bildete der Generalinspekteur der Polizei einen Ausschuss zur Untersuchung der Einbrüche. Die betroffenen Organisationen befürchteten jedoch, dass keine Ermittlungen durchgeführt würden. Niemand wurde im Zusammenhang mit den Vorfällen festgenommen, angeklagt oder strafrechtlich verfolgt.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

Am 4. August 2016 brach die Polizei in Kampala einen LGBTI-Schönheitswettbewerb ab, der Teil einer Uganda-Pride-Veranstaltung war. 16 Personen, bei denen es sich hauptsächlich um LGBTI-Aktivisten handelte, wurden festgenommen und nach etwa einer Stunde wieder auf freien Fuß gesetzt. Ein Mann zog sich schwerwiegende Verletzungen zu, als er aus Angst vor Polizeigewalt aus einem Fenster im sechsten Stock sprang.

Am 24. September hinderte die Polizei mehr als 100 Personen daran, an einer Pride-Parade an einem Strand in Entebbe teilzunehmen. Sie forderte die Menschen auf, in ihre Kleinbusse einzusteigen und das Gebiet zu verlassen. Als sie versuchten, die Parade an einem anderen Strand durchzuführen, wurden sie auch dort von der Polizei daran gehindert.

Die NGO HRAPF und die Civil Society Coalition on Human Rights and Constitutional Law (CSCHRCL), eine aus 50 Organisationen bestehende Koalition, legten beim Ostafrikanischen Gerichtshof eine Beschwerde gegen das Gesetz gegen Homosexualität ein. Sie erklärten, dass das Gesetz gegen die Rechtsstaatlichkeit und die im Vertrag der Ostafrikanischen Gemeinschaft enthaltenen Grundsätze der guten Regierungsführung verstoße. Am 27. September 2016 lehnte das Gericht es ab, sich mit der Beschwerde zu befassen, da das Verfassungsgericht Ugandas das Gesetz gegen Homosexualität bereits im August 2014 für ungültig erklärt hatte.

VÖLKERRECHTLICHE VERBRECHEN

Am 15. August 2016 begann vor der Abteilung für internationale Verbrechen des Hohen Gerichts von Uganda die Vorverhandlung gegen den ehemaligen Kommandanten der bewaffneten Gruppe Lord’s Resistance Army (LRA), Colonel Thomas Kwoyelo, der wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Norden Ugandas angeklagt war. Die Anhörung musste verschoben werden, da die Anwälte von Thomas Kwoyelo nicht rechtzeitig informiert worden waren. Die Staatsanwaltschaft erweiterte die Anklage um weitere Punkte, die sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt betrafen. Im September entschied ein Gericht in Gulu im Norden Ugandas, dass die Opfer in Übereinstimmung mit ihrem Recht, an den vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) geführten Verhandlungen teilnehmen zu können, auch an den Verhandlungen in Uganda teilnehmen dürfen. Thomas Kwoyelo, der im Jahr 2008 von der Armee Ugandas festgenommen worden war, befand sich weiterhin im Gefängnis.

Am 23. März 2016 bestätigte die Vorverfahrenskammer des IStGH 70 Anklagepunkte gegen den früheren LRA-Kommandanten Dominic Ongwen, der als Kind verschleppt und von der LRA zwangsrekrutiert worden war. Er wurde u. a. beschuldigt, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt sowie die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten im Norden Ugandas verantwortlich zu sein.

ANTITERRORMAßNAHMEN UND SICHERHEIT

Am 26. Mai 2016 verurteilte das Hohe Gericht sieben von 13 Personen, die wegen der im Jahr 2010 während der Fußballweltmeisterschaft verübten Bombenanschläge in Kampala unter Anklage standen. Die aus Somalia stammende bewaffnete Gruppe Al-Shabab hatte sich zu den Anschlägen bekannt, bei denen 76 Personen getötet wurden. Nach Ansicht des Gerichts reichten die von der Anklage vorgelegten Beweise aber nicht aus, um fünf weitere Angeklagte mit dem Bombenattentat in Verbindung zu bringen. Die fünf wurden jedoch unmittelbar nach dem Freispruch wieder festgenommen und neuer Straftaten bezichtigt. Sie sollen während ihrer Zeit im Gefängnis Luzira Dokumente und Materialien hergestellt haben, mit denen "andere Mitverschwörer unterstützt oder motiviert werden sollten, terroristische Taten in Uganda zu begehen".

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