Amnesty Report Slowakei 08. Mai 2015

Slowakei 2015

 

Roma-Kinder wurden im Schulsystem weiterhin diskriminiert. Die Behörden schoben einen Asylsuchenden in die Russische Föderation ab, obwohl ihm dort bei seiner Rückkehr Folter und andere Misshandlungen drohten. Ein Referendum, durch das möglicherweise eine Ausweitung der Rechte von Personen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften blockiert würde, wurde für verfassungskonform erklärt.

Im November 2014 nahm die Slowakei zwei Insassen des Gefangenenlagers Guantánamo Bay auf. Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ratifizierte die Slowakei 2014 nicht.

Diskriminierung – Roma

Während der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic Review – UPR) durch die Vereinten Nationen im Juni 2014 bekräftigte die Slowakei ihre Absicht, nach einer Lösung für das Problem zu suchen, dass viele Roma-Kinder in Schulen für Kinder mit geistiger Behinderung unterrichtet werden. Im Juli stellte die slowakische Ombudsfrau jedoch fest, dass die Slowakei weiterhin das Recht der Roma-Kinder auf Bildung verletzt, indem sie diskriminierende Diagnoseverfahren durchführt.

Das Bildungsministerium verfolgte weiterhin gemeinsam mit dem Regierungsbevollmächtigten für Roma-Gemeinschaften entwickelte Pläne zur Errichtung von "Modularschulen", vorgeblich mit dem Ziel, Roma-Kindern den Zugang zu Bildung zu erleichtern. Das Ministerium plante, 2014 insgesamt 15 solcher Schulen zu errichten, einige davon in Roma-Siedlungen. Im Mai 2014 räumte der Regierungsbevollmächtigte jedoch ein, dass das Projekt zu einer noch stärkeren Segregation im Schulsystem führen könnte.

Im Rahmen des UPR-Verfahrens erkannte die Slowakei die Notwendigkeit an, Maßnahmen zur Legalisierung informeller Roma-Siedlungen zu ergreifen. Das Ministerium für Verkehr und Bauwesen entwickelte Vorschläge für ein neues Baugesetz, um das Problem "illegaler" Bauten, einschließlich informeller Roma-Siedlungen, anzugehen.

Im Juli zeigte sich das OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte besorgt darüber, dass diese Vorschläge keine Schutzmaßnahmen enthielten, um die Bewohner von Gebäuden, die ohne Baugenehmigung errichtet worden waren, vor rechtswidrigen Zwangsräumungen zu schützen. Das OSZE-Büro wies zudem nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, dass Entscheidungen über Zwangsräumungen unter den gerichtlichen Rechtsschutz fallen und die Betroffenen Zugang zu Rechtsmitteln und Entschädigung haben müssen.

Polizeigewalt

Im Januar 2014 leitete die Inspektionsabteilung des Innenministeriums strafrechtliche Ermittlungen wegen der Anwendung exzessiver Gewalt während eines Polizeieinsatzes ein. Die Operation war am 19. Juni 2013 in der Roma-Siedlung Budulovská in der Stadt Moldava nad Bodvou durchgeführt worden. Frühere Klagen von Betroffenen waren abgewiesen worden. Die Ombudsfrau hatte den Polizeieinsatz wegen Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt, erniedrigender Behandlung von Personen und willkürlicher Durchsuchungen kritisiert.

Ende 2014 war das Verfahren gegen Polizeibeamte, die wegen der Misshandlung von sechs Roma-Jungen in einer Polizeistation in der Stadt Košice im Jahr 2009 angeklagt worden waren, noch immer beim Bezirksgericht anhängig. Im März 2014 wurde einer der Polizeibeamten, der nach den Misshandlungsvorwürfen entlassen worden war, wieder eingestellt.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen Am 4. Juni 2014 nahm der Nationalrat (Parlament) eine Verfassungsänderung an, die die Ehe als "einzigartige Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau" definiert. Eine Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren wird darin explizit ausgeschlossen. Die Verfassungsänderung trat am 1. September in Kraft.

Im August überreichte die Organisation Allianz für die Familie dem Präsidenten eine von 400000 Personen unterzeichnete Petition, in der ein Referendum gefordert wurde, das bei entsprechender Zustimmung dazu führen würde, dass Partnerschaften, die nicht zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden, nicht als "Ehe" bezeichnet werden dürfen.

Zudem wurde gefordert, Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare zu verbieten, allen Arten von Partnerschaften die legale Anerkennung zu verweigern, bei denen es sich nicht um eine "Ehe zwischen einem Mann und einer Frau" handelt, und Schulen daran zu hindern, obligatorische Sexualerziehung oder Informationen über ethische Themen wie Euthanasie zu vermitteln, wenn die Schülerin bzw. der Schüler oder die Eltern nicht ausdrücklich solchen Schulfächern zustimmen.

Im September forderte der Präsident das Verfassungsgericht auf, die Verfassungsmäßigkeit eines Referendums über die in der Petition enthaltenen Fragen zu prüfen. Das Gericht entschied im Oktober, dass mit Ausnahme der Frage der legalen Anerkennung unterschiedlicher Formen von "Partnerschaft" alle Fragen verfassungsgemäß seien. Im November kündigte der Präsident an, dass das Referendum im Februar 2015 stattfinden werde.

Folter und andere Misshandlungen

Die Slowakei schob weiterhin Menschen in Länder ab, in denen sie Gefahr liefen, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.

Im Juli 2014 Iieferte die Slowakei den ethnischen Tschetschenen Anzor Chentiev an die Russische Föderation aus, wo er wegen verschiedener terroristischer Aktivitäten unter Anklage stand. Anzor Chentiev hatte neun Jahre lang gegen seine Auslieferung gekämpft. Das Justizministerium stimmte seiner Auslieferung zu, obwohl das Risiko bestand, dass er in der Russischen Föderation gefoltert und anderweitig misshandelt würde. Zudem hatte er am 3. Juni erneut Asyl in der Slowakei beantragt.

Im August wies der Oberste Gerichtshof die Rechtsmittel von Aslan Jandijew zurück, die er gegen eine Entscheidung des Regionalgerichts von Trnava eingelegt hatte. Nach Meinung des Gerichts ist seine Auslieferung an die Russische Föderation, wo er der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe beschuldigt wird, zulässig. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die vom Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation gegebenen Zusicherungen "spezifisch und zuverlässig" seien.

Zuvor hatten sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch das slowakische Verfassungsgericht die Abschiebung mit der Begründung gestoppt, dass Aslan Jandijew dadurch dem Risiko von Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt würde und sein Asylantrag in der Slowakei anhängig sei.

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