Positionspapiere Deutschland 21. Mai 2019

Anliegen von Amnesty International zur Frühjahrstagung der ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder vom 12. bis 14. Juni 2019

Zeichnung einer Schriftrolle

SICHERHEITSLAGE IN SYRIEN - FORTFÜHRUNG VON LANDESAUFNAHMEPROGAMMEN
Der bewaffnete Konflikt in Syrien zwischen der Regierung und bewaffneten oppositionellen Gruppen hält an. Im ganzen Land ist die Zivilbevölkerung von schweren Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Völkerrechts bedroht.

In der Region Idlib im Nordwesten Syriens eskalieren derzeit die seit längerem anhaltenden Angriffe der Regierung. Dabei wurden auch direkte Angriffe auf die Zivilbevölkerung beobachtet, auf Krankenhäuser, Schulen sowie auf medizinische Einrichtungen in der Region. Die Folgen für ca. drei Millionen Menschen sind dramatisch. Mehr als die Hälfte dieser Zivilist_innen war bereits aus anderen Landesteilen vor den Schrecken des bewaffneten Konflikts nach Idlib geflohen. Über 152.000 Menschen sind seit Ende April vor den neuerlichen Angriffen geflüchtet. Darüber hinaus sind im gesamten Land nach Angaben des UNHCR 6,2 Millionen Menschen – die Hälfte der syrischen Bevölkerung – binnenvertrieben, darunter 2,5 Millionen Kinder. Aktuell ist immer noch etwa die Hälfte der syrischen Bevölkerung auf der Flucht.

Die syrische Regierung geht weiterhin unerbittlich gegen tatsächliche oder mutmaßliche Oppositionelle vor, dazu zählen auch Journalist_innen, Ärzt_innen oder NGO-Mitarbeiter_innen, die in Gegenden operieren, die von oppositionellen Gruppen kontrolliert werden oder in diesen Regionen ihren Berufen nachgegangen sind. Amnesty International hat mehrfach das ungeklärte Schicksal von über 80.000 "Verschwundenen" thematisiert. Darüber hinaus hat Amnesty International die systematische Folterpraxis in syrischen Gefängnissen dokumentiert, sowie zuletzt im Februar 2017 die systematische Durchführung von Hinrichtungen aufgedeckt. Bei den Menschenrechtsverletzungen der syrischen Regierung handelt es sich nach Einschätzung von Amnesty International um Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Auch verschiedene bewaffnete oppositionelle Gruppen sind für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich.

Angesichts der derzeitigen Diskussionen mahnt Amnesty International deshalb an, den seit 2012 geltenden Abschiebungsstopp nach Syrien dringend aufrechtzuerhalten.

HUMANITÄRE AUFNAHMEPROGRAMME WEITERHIN ERMÖGLICHEN
Amnesty International begrüßt, dass es in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen weiterhin humanitäre Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge aus Syrien gibt, die bis Ende 2019 oder darüber hinaus verlängert worden sind. Humanitäre Aufnahmeprogramme bieten Flüchtlingen einen legalen Zugangsweg und verhindern, dass sie sich mithilfe von Schleppern auf die gefährliche Flucht machen müssen.

Amnesty International fordert die Innenminister und -senatoren aller anderen Bundesländer auf, diesen guten Beispielen zu folgen und ebenfalls humanitäre Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge aus Syrien aufzulegen.

KEINE ABSCHIEBUNGEN NACH AFGHANISTAN
Amnesty International betrachtet zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund der weiter sehr instabilen Sicherheitslage und der schlechten Menschenrechtslage jede Abschiebung nach Afghanistan als Verletzung des völkerrechtlichen Gebots der Nichtzurückweisung.

Laut der UN Mission in Afghanistan (UNAMA) wurden im Jahr 2018 knapp 3.804 Menschen getötet und 7.189 verletzt. 38 Prozent der Opfer waren Frauen und Kinder. Auch im ersten Quartal diesen Jahres gab es bereits 1.773 zivile Opfer. Besorgniserregend war 2018 unter anderem die Zunahme ziviler Opfer durch unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen – regierungsfeindliche Kräfte nutzen diese verstärkt und dabei gezielt gegen Zivilpersonen. Außerdem stieg die Zahl der zivilen Opfer durch Luftangriffe: In 2018 wurden etwa die gleiche Anzahl an Zivilist_innen durch Luftangriffe getötet wie in den Jahren 2014, 2015 und 2016 zusammen. Frauen und Kinder wurden überproportional oft Opfer von Luftangriffen, sie stellten beinahe zwei Drittel der zivilen Opfer.

Besonders hohe Opferzahlen gab es erneut in der Hauptstadt Kabul mit 1.866 zivilen Opfern im Jahr 2018. Der Alltag dort ist für Afghaninnen und Afghanen lebensgefährlich. Jeder Weg auf den Markt, in die Schule, ins Büro oder zum Arzt kann in den Tod führen. Die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (Eligibility Guidelines) vom 30.08.2018 kommen daher zu dem Ergebnis, dass Kabul nicht als Ort einer sogenannten "internen Schutzalternative" angesehen werden kann.

Nach Angaben des US-Sonderinspektors für den Wiederaufbau hat die afghanische Regierung nur noch etwas mehr als die Hälfte aller Distrikte des Landes unter ihrer Kontrolle oder ihrem Einfluss (Stand: Oktober 2018). Dies ist der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2015. Die Zahl der umkämpften Provinzen steigt dagegen an – mehr als ein Drittel der Distrikte ist derzeit umkämpft.

Aufgrund des bewaffneten Konflikts mussten zwischen Januar und März 2019 bereits 63.000 Menschen ihre Häuser verlassen. Etwa 57 Prozent davon waren Kinder. Allein zwischen dem 22. und dem 30. April 2019 wurden weitere 56.329 Menschen in der Provinz Nangahar vertrieben. Insgesamt gibt es in Afghanistan derzeit schätzungsweise 2,5 Millionen Binnenvertriebene. Die humanitäre Notsituation ist durch die hohe Anzahl an Rückkehrer_innen aus Pakistan und Iran noch verschärft: An die 2,7 Millionen Afghaninnen und Afghanen kehrten seit 2016 zumeist unfreiwillig nach Afghanistan zurück und leben dort nun unter erbärmlichsten und lebensgefährlichen Bedingungen.

Laut dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN OCHA) befanden sich im November 2018, bedingt durch eine schwere Dürre und die schwierige Sicherheitslage, 6,3 Millionen Menschen in Afghanistan in einer humanitären Notlage, was fast eine Verdopplung zum Vorjahreswert darstellt. Viele Afghaninnen und Afghanen sind zudem gezielter Verfolgung durch staatliche und/oder nicht-staatliche Akteure ausgesetzt. Der Staat bietet ihnen keinen ausreichenden Schutz. Auch Folter ist in Afghanistan weitverbreitet.

Amnesty International fordert die Innenminister und –senatoren dazu auf, sich gegenüber der Bundesregierung für einen Abschiebungsstopp nach Afghanistan einzusetzen und keine weiteren Rückführungen durchzuführen, bis sich die Lage vor Ort signifikant verbessert hat.

FLÄCHENDECKENDE UND UNABHÄNGIGE ASYLVERFAHRENSBERATUNG GEWÄHRLEISTEN
Basierend auf Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention setzt sich Amnesty International dafür ein, Menschen nicht in Länder abzuschieben, in denen ihnen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Menschenrechtsverletzungen drohen. Nur in einem fairen Asylverfahren kann überprüft werden, ob bei einer Abschiebung dieses Risiko besteht. In diesem Zusammenhang ist eine unabhängige Asylberatung, die über den Ablauf des Asylverfahrens sowie Möglichkeiten, Rechte und Pflichten im Asylverfahren informiert, unerlässlich. Auf Grundlage des Art. 22 der EU-Asylverfahrensrichtlinie haben Asylsuchende das Recht, im gesamten Asylverfahren Rechtsanwält_innen und andere Personen sowie Organisationen, die nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz zu einer Asylberatung befugt sind, aufzusuchen.

Laut Koalitionsvertrag soll eine vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unabhängige und flächendeckende Asylverfahrensberatung gewährleistet werden. Mit weiterer Beschleunigung der Asylverfahren und der zunehmenden Unterbringung in zentralen Einrichtungen, wird eine zeitnahe Asylverfahrensberatung immer schwieriger. Bei der in den neu eingerichteten Ankerzentren angebotenen Beratung handelt es sich nur um eine allgemeine Beratung, in der Informationen über das Asylverfahren lediglich an Gruppen von Asylsuchenden vermittelt werden. Zudem wird diese Beratung durch BAMF-Mitarbeiter_innen durchgeführt. Eine solche Beratung erfüllt nicht die oben dargestellten Anforderungen an eine behördenunabhängige, auf die konkreten Bedürfnisse des Einzelfalles bezogene Asylverfahrensberatung.

Aus den genannten Gründen bittet Amnesty International die Innenminister und –senatoren der Länder, Asylsuchenden noch vor der Anhörung Zugang zu einer unabhängigen individuellen Asylverfahrensberatung in den jeweiligen Bundesländern zu gewährleisten.

KOMMUNEN ALS SICHERE HÄFEN
Im Zuge der Verteilung von aus Seenot geretteten Menschen haben sich viele Kommunen und Städte dazu bereit erklärt, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen. Städte und Kommunen sind wichtige Akteurinnen im Flüchtlingsschutz und ermöglichen neue Wege zur Aufnahme von Flüchtlingen. Für sie muss eine Möglichkeit geschaffen werden, über ihre Aufnahmepflicht gemäß Königsteiner Schlüssel hinaus zusätzlich freiwillig Schutzsuchende aufzunehmen.

Deshalb bittet Amnesty International die Innenminister und -senatoren der Länder, aufnahmebereite Kommunen bei der freiwilligen Aufnahme von zusätzlichen Schutzsuchenden zu unterstützen.

SCHUTZ VOR RASSISTISCHEN STRAFTATEN
Die am 14. Mai 2019 in Berlin vorgestellte Statistik zu Politisch Motivierter Kriminalität (PMK) für das Jahr 2018 zeigt, dass die offiziell erfasste Zahl rassistischer Straftaten 2018 um 400 auf 1664 Taten angestiegen ist. Bundesinnenminister Seehofer hat zu Recht gefordert, diese Entwicklungen sehr ernst zu nehmen und wachsam zu sein. Mehr denn je ist ein entschlossenes Vorgehen gegen rassistische Gewalttaten nötig. In Bezug auf rechts motivierte Gewalttaten weist die PMK-Statistik einen Anstieg auf 1156 – also ca. drei Gewalttaten pro Tag – aus. Zu berücksichtigen ist, dass die PMK-Statistik nur einen Ausschnitt der tatsächlich verübten Gewalttaten zeigt, da viele Betroffene Angriffe gar nicht anzeigen. Immer wieder wird die rassistische Tatmotivation nicht erkannt und die Tat findet daher keinen Eingang in die Statistik. Zudem wird die Statistik dadurch verzerrt, dass ganze Tatkomplexe (wie z.B. der Angriff auf den Leipziger Stadtteil Connewitz 2016 von insgesamt über 200 Neonazis mit erheblichem Sachschaden an vielen Geschäften und Häusern) als eine einzige Tat in die PMK-Statistik aufgenommen werden.

Die Ermittlungsbehörden müssen in Fällen von Gewaltkriminalität grundsätzlich rassistische Gründe prüfen und die Ergebnisse dokumentieren. Auf Empfehlung des NSU-Untersuchungsausschusses wurden 2015 zu diesem Zweck die Polizeilichen Dienstvorschriften und die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) angepasst. Danach müssen insbesondere Hinweise von Opfern oder Zeugen auf rassistische Motive aufgenommen und dokumentiert werden.

Diese ergänzten Richtlinien müssen in der polizeilichen, staatsanwaltlichen und richterlichen Praxis Realität werden. Hierfür sind die erforderlichen Schulungen und Fortbildungen durchzuführen. Eine ausreichende Sensibilisierung aller Mitarbeiter_innen für Rassismus und Diskriminierung ist eine unabdingbare Voraussetzung zur Erfassung rassistischer Straftaten. Fälle von rechtsextremen Äußerungen oder Handlungen in den Reihen Polizei müssen konsequent und schnell aufgeklärt werden.

Amnesty International fordert die Innenminister und -senatoren dazu auf, die Bekämpfung rassistischer Gewalt als prioritäres Thema zu behandeln und gemeinsame Lösungsansätze zu finden. Verbindliche Trainings und Schulungen zur Sensibilisierung für Rassismus und Diskriminierung müssen für alle an der Ermittlung von Straftaten beteiligten Stellen und ihre Mitarbeiter_innen Gegenstand der Ausbildung und kontinuierlichen Weiterbildung sein.

AUSBAU POLIZEILICHER BEFUGNISSE
Der Schutz vor erheblichen Straftaten ist eine wichtige staatliche Aufgabe. Genauso wie der Staat Gefahren abwehren muss, ist es jedoch ebenso seine Kernaufgabe, die grundgesetzlich gewährleisteten Grund- und Menschenrechte jedes und jeder Einzelnen zu schützen.

Amnesty International zeigt sich besorgt, dass mehrere Bundesländer in neuen Polizeigesetzen erhebliche Erweiterungen der polizeilichen Befugnisse planen oder bereits umgesetzt haben, die unverhältnismäßig in menschenrechtliche Standards eingreifen. Dabei gibt insbesondere die Vorverlagerung polizeilicher Maßnahmen in das "Gefahrenvorfeld" Anlass für menschenrechtliche Bedenken.

Auch wenn nachvollziehbar ist, dass Sicherheitsbehörden möglichst früh auf Gefahren reagieren wollen, so müssen die Zugriffsbefugnisse eng umgrenzt und als Ausnahmeregelungen ausgestaltet werden. Die Kriterien dürfen nicht zu vage sein: Jeder Mensch muss vorhersehen können, mit welchem Verhalten er Polizeimaßnahmen auslöst. Wenn nur aufgrund vager und intransparenter Kriterien Aufenthaltsverbote oder Fußfesseln angeordnet werden, dann findet eine de-facto-Bestrafung statt, ohne dass die Person sich strafbar verhalten hat oder auch nur unter Strafverdacht steht. Dies widerspricht der Unschuldsvermutung und dem Rechtsstaatsgebot.

Auch die Befugnis, Menschen zur Abwehr einer Straftat mehrere Wochen oder Monate in Unterbindungsgewahrsam zu nehmen, ist mit dem Grundrecht der Freiheit der Person aus dem Grundgesetz (Art. 2 Abs. 2 S. 2, Art. 104 Abs. 1 GG) sowie der Europäischer Menschenrechtskonvention (Art. 5 EMRK) nicht vereinbar.

Amnesty International warnt die Innenminister und -senatoren vor einem unverhältnismäßigen Ausbau polizeilicher Befugnisse und vor einer Vorverlagerung der Eingriffsmöglichkeit aufgrund vager Kriterien.

KENNZEICHNUNGSPFLICHT POLIZEI
Amnesty International appelliert an die verbliebenen Bundesländer ohne individuelle und verpflichtende Kennzeichnungspflicht für Polizist_innen eine solche Regelung endlich einzuführen.

In diesem Zusammenhang begrüßt Amnesty International ausdrücklich, dass mit Hamburg das zehnte Bundesland eine verpflichtende individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt_innen einführen wird. Die übrigen Bundesländer sollten diesen Schritt möglichst bald nachholen. Das häufig angeführte Argument, die Kennzeichnungspflicht begründe einen Generalverdacht gegen die Polizei, überzeugt nicht: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 9. November 2017 gegen Deutschland betont, wie wichtig eine individuelle Kennzeichnung der Polizei ist - insbesondere beim Einsatz geschlossener Einheiten. 

Der Gerichtshof unterstreicht damit das Menschenrecht auf vollständige Untersuchung staatlichen Fehlverhaltens, das nicht an einer fehlenden Kennzeichnung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten scheitern darf. Weiterhin gibt es aus den neun Bundesländern mit entsprechenden Regelungen keine negativen Erfahrungen der Polizei mit der Kennzeichnungspflicht. Befürchtungen, wonach mit einer Kennzeichnung das Risiko von Angriffen oder Stalking gegenüber Polizist_innen steigen würde, sind unbegründet: Eine anonymisierte Kennzeichnung lässt keinen Rückschluss auf Namen oder sonstiger privater Hintergründe des jeweiligen Polizisten bzw. der jeweiligen Polizistin zu.  

Eine individuelle Kennzeichnung erhöht die Transparenz und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei. Durch eine bessere Identifizierungsmöglichkeit werden Polizistinnen und Polizisten bei ihrer täglichen Arbeit gleichsam vor falschen Anschuldigungen geschützt – es wird leichter Einzelne in der überwiegend gut arbeitenden Polizei zu identifizieren und zur Verantwortung zu ziehen.

Amnesty International fordert die Bundesregierung sowie die Landesregierungen der Bundesländer ohne individuelle Kennzeichnungspflicht auf, eine Kennzeichnungspflicht für die jeweiligen Polizeien einzuführen. Dies betrifft die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Saarland.

UNABHÄNGIGE UNTERSUCHUNGSMECHANISMEN BEI FÄLLEN POLIZEILICHEN FEHLVERHALTENS
Amnesty International begrüßt, dass in einigen Bundesländern über externe Polizeibeschwerdestellen und Polizeibeauftragte diskutiert wird und zum Beispiel in Berlin bereits entsprechende Gesetzesentwürfe vorliegen. Dies sind erste Schritte in die richtige Richtung.

Amnesty International erinnert aber daran, dass es weiterhin eines unabhängigen Untersuchungsmechanismus bei Fällen mutmaßlicher rechtswidriger Polizeigewalt bedarf. Jeder Mensch hat das Recht darauf, dass mutmaßliche Verletzungen seiner Rechte – insbesondere der körperlichen Unversehrtheit – durch staatliche Stellen schnell und unparteiisch aufgeklärt werden. Internationale Beispiele wie die britische Untersuchungskommission für Fälle von Polizeigewalt zeigen, dass unabhängige Ermittlungsstellen als Teil rechtsstaatlicher Kontrollsysteme funktionieren und nicht zu Missbrauch oder grundsätzlichem Misstrauen gegenüber der Polizei führen.

Daher fordert Amnesty International die Innenministerkonferenz auf, auf die Einführung unabhängiger Untersuchungsmechanismen für Fälle mutmaßlichen polizeilichen Fehlverhaltens hinzuwirken.

Insgesamt muss gelten: Wenn polizeiliche Befugnisse zur Bekämpfung neuer Gefahren ausgeweitet werden, müssen Mechanismen in Kraft sein, die Transparenz und Kontrolle des polizeilichen Handelns gewährleisten. Eine individuelle Kennzeichnungspflicht und unabhängige Untersuchungsmechanismen sind hier aus menschenrechtlicher Sicht unabdingbar.

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