Material & Download Positionspapiere Deutschland 25. November 2022

Deutschland: Amnesty-Anliegen zur IMK-Herbsttagung 2022

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Aufnahme und Integration von Schutzsuchenden

Seit Ausbruch des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben Bund, Länder und Kommunen die erheblichen Herausforderungen bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen gemeinsam bewältigt. Daneben gilt es weiterhin, die Versorgung und Unterbringung von Schutzsuchenden aus anderen Krisenregionen wie z.B. Syrien oder Afghanistan sicherzustellen. Da vor allem in Ballungsgebieten Wohnraum knapp und kaum bezahlbar ist, haben immer häufiger einzelne Kommunen Überlastungen angezeigt. Amnesty International ist besorgt darüber, dass solche Überlastungsanzeigen in der öffentlichen Debatte zu unnötigem Alarmismus und zur Stärkung extremer Positionen beitragen können. Aus unserer Sicht sollten Bund und Länder die Bedarfe auf lokaler Ebene anerkennen, ohne zu suggerieren, dass Lösungen in stärkerer Zuwanderungskontrolle oder schlechterer Versorgung von Schutzsuchenden zu finden seien. Das Recht auf Schutz vor Verfolgung ist ein individuelles Recht, das nicht zahlenmäßig eingeschränkt werden kann. Darüber hinaus sollte stets geprüft werden, ob durch eine kürzere Unterbringungsdauer von Schutzsuchenden und Ausreisepflichtigen in Erstaufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterbringungen der Druck auf besonders überlastete Einrichtungen genommen werden kann. Zumindest sollte Schutzsuchenden nicht unter Verweis auf § 47 AsylG der Auszug verweigert werden, wenn ein eigenes Wohnungsangebot vorhanden ist.

Amnesty International erkennt die Leistung von Bund, Ländern und Kommunen bei der Aufnahme von Geflüchteten an und wirbt bei der Innenminister*innenkonferenz dafür, einen diskriminierungssensiblen Diskurs aufrechtzuerhalten sowie für flexible Lösungen bei der Unterbringung offen zu sein.

Dringendes Schutzkonzept erforderlich: Humanitärer Aufenthaltsstatus für in Deutschland lebende Menschenrechtsaktivist*innen aus Russland

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine hat auch die Repressionen im Inneren dramatisch verschärft. Russische Menschenrechtsaktivist*innen sehen sich seitdem bei ihrer Arbeit zusätzlichen Risiken ausgesetzt, oft droht ihnen die strafrechtliche Verfolgung, sofern sie sich zu menschenrechtlichen Themen im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine äußern. Einigen davon ist es gelungen, bereits zu Beginn des Kriegs nach Deutschland zu kommen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für jene Menschenrechtsaktivist*innen, die mittels eines befristeten Schengen-Visums eingereist sind oder befristete Aufenthaltstitel, zum Beispiel wegen Forschungsaufträgen oder Stipendien erreichen konnten, die jedoch in vielen Fällen bereits zum Ende des Jahres auslaufen. Ob die befristeten Aufenthaltstitel verlängert werden können, ist oft ungeklärt und die Schengen-Visa laufen entweder zeitnah ab oder sind bereits abgelaufen.

Für diejenigen, die Russland nicht sofort nach Beginn des Krieges verlassen haben, hat die Bundesregierung Ende Mai beschlossen, dieser Personengruppe humanitäre Visa nach § 22 S. 2 AufenthG zu erteilen. Vor diesem Hintergrund scheint es geboten, sich auf ein ähnliches Schutzkonzept für diejenigen zu einigen, die wie oben geschildert unmittelbar nach Kriegsbeginn meist unter Nutzung von Schengen-Visa das Land verlassen haben. Dafür bietet eine Einigung zur Anwendung von § 23 Abs. 1 AufenthG auf diese Fälle eine geeignete Lösung.

Ein Asylverfahren wird der Interessenlage dieser Gruppe hingegen nicht gerecht, denn sie sind für die Fortsetzung ihrer Arbeit darauf angewiesen zu reisen, um ihre Arbeit sowohl im internationalen Kontext als auch die Zusammenarbeit mit ihren Kolleg*innen fortzusetzen, die sich entschlossen haben, in Russland zu bleiben. Vor allem der Zugang zu Leistungen nach dem SGB II und XII und zur gesetzlichen Krankenversicherung würde ihnen die Ausübung ihrer wichtigen Tätigkeiten ermöglichen und gewährleisten. Dies kann jedoch nur über die Erteilung von Visa gem. § 23 Abs. 1 AufenthG erfolgen. Der Verweis auf Einzelfall-Lösungen hat bis jetzt nicht nur zur Bindung erheblicher personeller Ressourcen von Personen und Organisationen geführt. Unterhaltszusagen und Unterstützungszahlungen – auch von Amnesty International – haben in den ersten Monaten des Angriffskrieges befristete Aufenthaltserlaubnisse ermöglicht, doch können zivilgesellschaftliche Organisationen den Unterhalt der Betroffenen und damit ihre Aufenthaltserlaubnis nicht auf Dauer sicherstellen.

Eine Aufnahme über § 23 Abs. 1 AufenthG würde eine schnelle und unproblematische Gruppenlösung für die Lage der Menschenrechtsverteidiger*innen ermöglichen. Bundesländer könnten möglichst einheitlich humanitäre Visa nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilen ohne, dass es zu einer uneinheitlichen Aufnahmepraxis durch die verschiedenen Ausländerbehörden kommen würde. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn Bundesländer von der Regelerteilungsvoraussetzung einer Einreise mit "richtigem" Visum nach § 5 Abs. 2 AufenthG und von der Unterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG absehen und Personen, die mit Schengen-Visum eingereist sind oder sich inzwischen mit einem befristeten Aufenthaltstitel hier aufhalten, einen längerfristigen Aufenthaltstitel ermöglichen.

Amnesty International bittet daher die Landesinnenminister*innen und -senator*innen gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium darum, ein schnell greifendes Schutzkonzept für russische Menschenrechtsaktivist*innen, die sich bereits in Deutschland befinden, zu entwickeln.

Keine Dublin-Rücküberstellungen nach Polen, Lettland und Litauen

Amnesty International hat in diesem Jahr zur Situation von Flüchtlingen und Migrant*innen in den Ländern Polen[1], Lettland[2] und Litauen[3] Berichte veröffentlicht.

In allen drei Ländern mussten wir feststellen, dass an der EU-Außengrenze zu Belarus schwere Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gewaltsame völkerrechtswidrige Pushbacks stattfinden, die das Non-Refoulement-Prinzip verletzen. Zum Teil wurden Schutzsuchende an unbekannten Orten festgehalten oder saßen ohne Hilfe und Zugang zu Kommunikationsmöglichkeiten an der Grenze fest. Der Zugang zum Asylverfahren wird in den genannten Ländern für Menschen, die an der Grenze zu Belarus um Asyl nachsuchen, kaum gewährleistet. Wenn ein Asylverfahren ausnahmsweise stattfindet, geschieht dies in oft monatelanger Haft. Art und Unterbringung in den Haftzentren mussten überwiegend als menschenunwürdig beschrieben werden. Von der Inhaftierung sind Familien mit Kindern nicht ausgenommen.

Amnesty International appelliert deshalb an die Innenminister*innen und -senator*innen der Länder sowie an das Bundesinnenministerium, aktuell keine Schutzsuchenden gemäß der Dublin III-Verordnung nach Polen, Lettland und Litauen zu überstellen.

Afghanistan: Humanitäre Aufnahme fortsetzen und erweitern

Seit der Machtübernahme der Taliban, sind zahlreiche schwere Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan zu verzeichnen. Neben außergerichtlichen Hinrichtungen, Verschwindenlassen und Folter beobachtet Amnesty International vor allem vermehrt willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen von Menschenrechtsaktivist*innen, Journalist*innen und anderen den Taliban gegenüber kritischen Stimmen aus der Zivilgesellschaft.[4] Um das Verbot friedlicher Proteste durchzusetzen, schossen die Taliban bereits wiederholt an mehreren Orten auf unbewaffnete Demonstrierende und schlugen auf sie ein.[5]  Außerdem unterliegt die Presse mittlerweile einer völligen Zensur und Angriffe auf Medienschaffende sind an der Tagesordnung. Die Rechte von Frauen und Mädchen werden weiterhin systematisch, in nahezu jedem Lebensbereich, eingeschränkt[6]. Anfang November wurden mindestens drei prominente Frauenrechtsverteidiger*innen und ihre Kolleg*innen von den Taliban festgenommen.[7] Frauen und Mädchen wurde jüngst der Zugang zu Parks, Vergnügungsstätten und Fitnessstudios untersagt.[8] Es ist außerdem zu verzeichnen, dass die Taliban besonders aggressiv gegen im Land verbliebene Angehörige von Frauen- und Menschenrechtsverteidiger*innen vorgehen. Versprechen über Amnestien für ehemalige Regierungsmitarbeitende und Sicherheitskräfte blieben Lippenbekenntnisse. Ethnische und religiöse Minderheiten, wie die Hazara, bleiben weiter einer besonderen Gefährdungslage ausgesetzt.[9] Es steht zu befürchten, dass diese von Amnesty International und weiteren Menschenrechtsorganisationen bisher dokumentierten Verbrechen nur die Spitze des Eisbergs sind. Ein Jahr nach der Machtübernahme wird zudem deutlich, dass es sich bei den hier erwähnten Menschenrechtsverletzungen nicht etwa um singuläre Handlungen, sondern vielmehr um eine systematische, übergeordnete Politik der Taliban handelt.

Im Land verfestigt sich zusätzlich eine unvergleichliche humanitäre Krise. Laut Angaben von UNICEF lebt fast das gesamte Land – 97 Prozent der Bevölkerung – in Armut. Von der internationalen Gemeinschaft ist Afghanistan mittlerweile weitestgehend abgeschnitten.[10]

Amnesty International hat das am 17. Oktober von der Bundesregierung endlich auf den Weg gebrachte humanitäre Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghan*innen deshalb – trotz wichtiger Kritikpunkte – ausdrücklich begrüßt. Die Aufnahme gefährdeter Personen aus Afghanistan – Menschenrechtsverteidiger*innen, Medienschaffende, Frauenrechtler*innen, in staatlichen Institutionen Beschäftigte wie Staatsanwält*innen, Richter*innen sowie Personen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechts-, religiösen oder ethnischen Identität bedroht sind – kann jedoch nicht nur über das humanitäre Aufnahmeprogramm allein gelingen.

Ausdrücklich zu begrüßen sind deshalb alle Länderinitiativen der humanitären Aufnahme von Afghan*innen. Dazu zählt das Thüringer Landesaufnahmeprogramm, für das das Bundesinnenministerium 2022 Anfang November das erforderliche Einvernehmen erteilt hat. Nach unserem Kenntnisstand beabsichtigen auch Berlin, Bremen, Hessen und Schleswig-Holstein Landesaufnahmeprogramme für Afghan*innen umzusetzen.

Erneut bittet Amnesty International die Innenminister*innenkonferenz darum, einen offiziellen Abschiebungsstopp nach Afghanistan zu beschließen. Menschen aus Afghanistan, die z.T. seit Jahren mit einer Duldung in Deutschland leben, sollte angesichts der Unmöglichkeit der Abschiebung ein reguläres Aufenthaltsrecht erteilt werden.

Amnesty fordert das Bundesinnenministerium dazu auf, zügig das erforderliche Einvernehmen für alle initiierten Landesaufnahmeprogramme zu erteilen. Wo noch keine Landesaufnahmeprogramme für besonders gefährdete Afghan*innen auf den Weg gebracht worden sind, sollten die Innenminister*innen dieser Bundesländer dies dringend nachholen.  

Bekämpfung von strukturellen Diskriminierungen und Rechtsextremismus

Die Innenminister*innenkonferenz muss der Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen struktureller Diskriminierung endlich die notwendige Priorität einräumen. Es geht darum, Menschen vor der Gefahr rassistischer und antisemitischer Angriffe zu schützen. In diesem Zusammenhang ist der Anstieg von Angriffen auf Unterkünfte von Geflüchteten im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr besonders besorgniserregend. Die Angriffe zeigen, dass auf rassistische Worte rassistische Taten folgen können. Auch kommt es weiterhin zu Angriffen auf religiöse Einrichtungen wie Synagogen und Moscheen. Es bedarf eines besseren Schutzes von Unterkünften für Geflüchtete und anderen, besonders durch Angriffe gefährdeten Einrichtungen.[11] Außerdem müssen sich die politischen Funktionsträger*innen aller demokratischer Parteien klar gegen Rechtsextremismus, Rassismus und andere Formen von struktureller Diskriminierung stellen. Denn Diskurse, die vor einer "Überfremdung" warnen oder andere Ideologien der Ungleichheit beinhalten, nähren das zugrundeliegende Gedankengut von rassistischen und antisemitischen Angriffen.

Die Ergebnisse des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus von 2021 müssen vollständig umgesetzt werden. Sie müssen – für die Betroffenen spürbar – in besseren Schutz, bessere Aufklärung und eine bessere Aufarbeitung übersetzt werden. Die Bemühungen von Bund und Ländern müssen gleichzeitig über die dort festgelegten Schritte hinausgehen. Insbesondere die dort ausgeklammerte Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus sowie rechtsextremen Tendenzen bei der Polizei muss energisch vorangetrieben werden.

Amnesty International fordert die Innenminister*innenkonferenz auf, Rassismus, Antisemitismus und andere Formen struktureller Diskriminierung als solche zu benennen und ihnen klar entgegenzutreten. Darüber hinaus müssen Unterkünfte von Geflüchteten und andere durch Angriffe gefährdete Einrichtungen besonders geschützt werden.

Auseinandersetzung mit strukturellen Diskriminierungen innerhalb der Polizei

Amnesty International fordert die Innenminister*innen und -senator*innen nachdrücklich dazu auf, die Auseinandersetzung der Polizei mit Rassismus, Antisemitismus und anderen strukturellen Diskriminierungen voranzutreiben. Es geht nicht um einen Generalverdacht gegenüber der Polizei. Vielmehr hat die Polizei eine besondere Verantwortung durch ihre Aufgabe, die größtmögliche Sicherheit von Menschen zu gewährleisten – auch vor rassistischer Gewalt und Diskriminierung.

Eine verheerende Wirkung haben in diesem Kontext das erneute Bekanntwerden von rechtsextremen Chatgruppen und rassistische Äußerungen von Polizist*innen in mehreren Bundesländern. Auch wenn diese Vorkommnisse immer nur einen Bruchteil der Polizist*innen betreffen, schaden sie dem Ansehen der Polizei und dem Vertrauen in die Polizeiarbeit immens – v.a. beim Schutz vor rassistischer Gewalt. In Bundesländern, in denen infolge des Einsatzes von Betroffenen, Angehörigen und Initiativen Untersuchungsausschüsse zu mangelndem Schutz durch die Polizei und Verstrickungen staatlicher Behörden in rassistische Taten eingesetzt wurden, fordern wir die Behörden dazu auf, mit den Ausschüssen zusammenzuarbeiten und eine umfassende Aufklärung zu ermöglichen. In den weiteren Bundesländern sollte die Einsetzung entsprechender Untersuchungsausschüsse geprüft werden.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz hat in ihrem Bericht von Juni 2022 festgesellt, dass Deutschland die vorrangige Empfehlung zur Durchführung von Studien zu Racial Profiling auf Bundes- und Länderebene nicht erfüllt hat.[12] Wir fordern den Bund und die Länder dazu auf, dieser Empfehlung nachzukommen. Amnesty International fordert seit Jahren unabhängige Studien zu Racial Profiling und Rassismus bzw. Rechtsextremismus in der Polizei.

Zudem müssen die Länder und der Bund konkrete Schritte ergreifen, um diskriminierende Polizeikontrollen (Racial Profiling) zu verhindern. Dazu gehört, Rechtsgrundlagen für anlasslose und verdachtsunabhängige Kontrollen wie § 22 Abs. 1a BPolG abzuschaffen. Außerdem bedarf es verpflichtender, regelmäßiger Antirassismus-Trainings in der Aus- und Fortbildung von Polizist*innen auf Landes- und auf Bundesebene.

Des Weiteren müssen auf Landes- und auf Bundesebene unabhängige Untersuchungsmechanismen für Verdachtsfälle von Diskriminierungen und rechtswidriger staatlicher Gewalt etabliert werden. In dem Urteil Basu vs. Deutschland[13] von Oktober 2022 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erneut klar, dass die Ermittlungen hierarchisch und institutionell unabhängig durchgeführt werden müssen und die praktische Unabhängigkeit der ermittelnden Einrichtungen und Personen sichergestellt sein muss. Viele Menschen, die sich aktuell von rechtswidrigem Polizeihandeln betroffen sehen, verzichten auf eine Anzeige oder Meldung bei der Polizei selbst, weil sie dies nicht für zielführend halten. Zwar gibt es in einigen Bundesländern unabhängige Polizeibeauftragte, die Ausgestaltung der Stellen bleibt jedoch hinter den menschenrechtlichen Anforderungen zurück. Dazu gehören insbesondere die Ausstattung mit ausreichenden Ermittlungsbefugnissen, um unabhängige, unverzügliche, angemessene Untersuchungen durchführen zu können und Einflussmöglichkeiten auf den Verfahrensverlauf nach einer Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft oder Disziplinarbehörde.[14]

Aus aktuellem Anlass fordert Amnesty International alle Bundesländer und den Bund dazu auf, den Einsatz von Distanz-Elektroimpulsgeräten (DEIG, sog. Tasern) speziell ausgebildeten Einheiten vorzubehalten. Denn die Gefährlichkeit dieser Einsatzgeräte wird regelmäßig unterschätzt. Der Einsatz kann zu schweren Verletzungen bis hin zum Tod führen, insbesondere wenn Risikofaktoren, wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Drogen-Intoxikation, hinzukommen. Diese sind für Einsatzkräfte oft schwer erkennbar. Der Einsatz von DEIG ist nur dann verhältnismäßig, wenn anderenfalls der Einsatz tödlicher Gewalt notwendig wäre. Polizeiliche Anweisungen, Schulungen und Maßnahmen zur Rechenschaftsablegung müssen den hohen Risiken Rechnung tragen, die mit dem Einsatz von DEIG verbunden sind.[15]

Amnesty International ruft die Innenminister*innen und -senator*innen der Länder und die Bundesinnenministerin auf, die Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen struktureller Diskriminierungen in der Polizei mit konkreten Maßnahmen voranzutreiben. Dazu gehört u.a. eine Null-Toleranz-Politik gegenüber rechtsextremen und rassistischen Äußerungen innerhalb der Polizei und die Einrichtung unabhängiger Untersuchungsmechanismen, welche allen menschenrechtlichen Anforderungen gerecht werden.

 

Fußnoten:

[1] Amnesty International, "POLAND: CRUELTY NOT COMPASSION, AT EUROPE’S OTHER

BORDERS", 11.04. 2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/documents/eur37/5460/2022/en/

[2] Amnesty International, "LATVIA: RETURN HOME OR NEVER LEAVE THE WOODS", 13.10.2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.de/sites/default/files/2022-10/Amnesty-Bericht-Lettland-Schutzsuchende-Inhaftierung-Folter-Abschiebungen-Oktober-2022.pdf

[3] Amnesty International, "LITHUANIA: FORCED OUT OR LOCKED UP", 27.06.2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.de/sites/default/files/2022-06/Amnesty-Bericht-Litauen-Pusbacks-Misshandlung-von-Schutzsuchenden-Juni-2022.pdf

[4] Amnesty International, "Afghanistan: Neues Bündnis für den Schutz der Menschenrechte", 03.03.2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/afghanistan-neues-buendnis-fuer-den-schutz-der-menschenrechte; Amnesty International, "The fate of Thousands Hanging in the Balance: Afghanistan’s Fall into the Hands of the Taliban", 21.09, abrufbar unter: https://www.amnesty.de/sites/default/files/2021-09/Amnesty-Briefing-Afghanistan-Taliban-Menschenrechtsverletzungen-September-2021.pdf;

[5] Amnesty International, "The Rule of Taliban: A Year of Violence, Impunity and False Promises", 15.08.2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.de/sites/default/files/2022-08/Amnesty-Bericht-Afghanistan-The-Rule-of-Taliban-A-Year-of-Violence-Impunity-and-False-Promises-August-2022.pdf

[6] Amnesty International, "The Denial of Human Rights to Women and Girls by the Taliban is an Attempt to Erase them from Afghan Society", 5.10.2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/documents/asa11/6063/2022/en/

[7] Amnesty International, "Afghanistan: Women human rights defenders arrested by the Taliban must be immediately released", 14.11.2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2022/11/afghanistan-women-human-rights-defenders-arrested-by-the-taliban-must-be-immediately-released/

[8] Amnesty International, "The International Community must not ignore the Plight of Women and Girls in Afghanistan", 11.11.2022, abrufbar unter: https://twitter.com/amnesty/status/1591120189814292480

[9]Amnesty International, "Afghanistan: Taliban torture and execute Hazaras in targeted attack – new investigation", 15.09.2022, abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2022/09/afghanistan-taliban-tort…

[10] UNICEF, "7 wichtige Fakten über das Leben der Kinder in Afghanistan", 09.08.2022, abrufbar unter: https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/kinder-in-afghanistan-7-fakten/275350

[11] Diese Forderung hat Amnesty International bereits 2016 in dem Bericht "Leben in Unsicherheit" erhoben: https://www.amnesty.de/informieren/material-download/deutschland-leben-unsicherheit-bericht-ueber-rassistische-gewalt

[12]https://rm.coe.int/ecri-conclusions-on-the-implementation-of-the-recommendations-in-respe/1680a807d2.

[13]https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22fulltext%22:[%22basu%22],%22documentcollectionid2%22:[%22GRANDCHAMBER%22,%22CHAMBER%22],%22itemid%22:[%22001-220007%22]}.

[14]S. Amnesty International, Positionspapier zu unabhängigen Untersuchungsmechanismen, https://www.amnesty.de/informieren/positionspapiere/deutschland-amnesty-positionspapier-zu-unabhaengigen.

[15]s. Amnesty International, Positionspapier zu Distanz-Elektroimpulsgeräten, https://www.amnesty.de/informieren/positionspapiere/positionspapier-zu-distanz-elektroimpulsgeraeten.

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