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Sport und Menschenrechte
Markus N. Beeko, Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion.
© Bernd Hartung
Bevor internationale Sportereignisse vergeben werden, müssen menschenrechtliche Mindeststandards zur Voraussetzung gemacht werden: Kolumne von Markus N. Beeko, Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion.
"No Sports", so wird der ehemalige britische Premier Winston Churchill oft zitiert, auch wenn er das wohl nie gesagt hat. Heute ist bekannt, dass er ritt, focht, schwamm, boxte. "No Sports" war früher auch oft meine Antwort, wenn Fragen nach meinen Hobbies aufkamen. Ich war zwar kein "Turnbeutelvergesser", musste mich aber in meiner Schulzeit eher tapfer durch den Sportunterricht kämpfen. Reck, Barren und Hochsprung waren echte Herausforderungen.
Bewegung in mein Leben brachten Judo (einige Jahre), Volleyball (gelegentlich), ein wenig Tennis und im Studium sogar Eishockey (bewusst dilettierend). Und die Olympischen Sommerspiele: Gebannt verfolgte ich die Laufwettbewerbe, fieberte mit Hochspringern und fachsimpelte, ob Bob Beamons Weitsprungrekord fallen würde.
Meine Begeisterung galt auch der internationalen Aura der Spiele, dem Starterfeld aus Ländern rund um den Globus, dem Mitfiebern mit den afrikanischen Läufern – wann konnte man je im Fernsehen mehr Schwarze sehen –, aber auch Stars wie Carl Lewis oder Michael Groß.
Und die Eröffnungs- und Abschlussfeiern! Sie hatten, was Bundesjugendspielen abging: Die Völker der Welt in fröhlichem Treiben, Musik, Drama, Pathos. Für einen Moment gab es eine friedliche, bunte, solidarische Gemeinschaft netter Menschen, die der Politik vormachten, wie es sein sollte. Eine Welt, die mit der Eröffnungsfeier begann, bei den Wettbewerben latent im Hintergrund mitschwang, um dann mit dem Happy End der Abschlussfeier in den Winterschlaf zu gehen. Bis diese Welt bei den nächsten Spielen wieder wachgeküsst wurde.
Aber ich wusste auch, dass der Sport für staatliche Propaganda genutzt wurde. Ich hatte den Olympia-Boykott 1980 in Moskau und die Fußball-WM 1978 während der Militärdiktatur in Argentinien gesehen. Und auch die Instrumentalisierung der Spiele 1936 durch Nazi-Deutschland erinnerte immer wieder daran: Sportereignisse sind politisch. Sie passieren nicht in einer Blase.
Die aktuelle Diskussion um die Fußball-WM in Katar und die Olympischen Winterspiele in China, die Sportler_innen und Fans angestoßen haben, ist wichtig. Amnesty weist seit langem auf dortige Menschenrechtsverletzungen hin. Das IOC, die großen Sportverbände im Fußball, Eishockey oder in der Formel 1 ordnen weiterhin die Menschenrechte, das Wohl der Athlet_innen und Transparenz dem Kommerz unter und dienen sich Regierungen an. Im Januar führte die Strecke der Rallye Dakar in Saudi-Arabien an dem Gefängnis vorbei, in dem die Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul gefoltert wurde. Loujain hatte sich unter anderem gegen das Frauenfahrverbot eingesetzt.
Bevor internationale Sportereignisse vergeben werden, müssen menschenrechtliche Mindeststandards zur Voraussetzung gemacht werden. Und auch bei der Planung und Umsetzung muss die Einhaltung der Menschenrechte überprüft und überwacht werden.
Es braucht Sportler wie Colin Kaepernick und Lewis Hamilton, es braucht kritische Fans und uns alle, um weiter lästige Fragen an Verbände, Sponsoren und Politik zu stellen. Amnesty fordert mit einer Kampagne von der FIFA lange überfällige Veränderungen ein. Es braucht weiter Druck, damit das IOC-Motto "Building a better world through sport" in den Ohren der Opfer von Menschenrechtsverletzungen irgendwann nicht mehr wie Hohn klingt.
Markus N. Beeko ist Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion.