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Film "Für immer hier": Dem Vater auf der Spur

Undercover im Widerstand aktiv: Rubens Paiva (Selton Mello) und Eunice Paiva (Fernanda Torres) im Film "Für immer hier" (Brasilien/Frankreich, 2024)
© Alile Onawale, VideoFilms, DCM
Walter Salles erzählt in seinem aufwühlenden Spielfilm "Für immer hier" vom Schicksal der Verschwundenen während der brasilianischen Militärdiktatur.
Von Jürgen Kiontke
Man merkt dem Alltag der Familie Paiva zunächst nicht an, dass in ihrem Land ein brutales Militärregime herrscht: Im Rio de Janeiro des Jahres 1971 führen Vater Rubens, ein erfolgreicher Bauingenieur, seine Frau Eunice und die fünf Kinder ein recht schönes Leben. Ihr Haus steht direkt am Strand, und während die Kinder den Nachmittag mit Volleyball und Schwimmen verbringen, pflegen die Eheleute ihre Kontakte mit Freund*innen und Kolleg*innen.
Doch der Schein trügt: Rubens Paiva war zuvor Abgeordneter im Parlament, nun ist er undercover im Widerstand aktiv. Er hilft Oppositionellen dabei, ins Ausland zu fliehen, überbringt ihnen Botschaften der Familien und muss ständig befürchten, dass seine Aktivitäten entdeckt werden. Eines Tages stehen bei ihm Beamte vor der Tür: Man wolle ihn zu einem Verhör abholen. "Zur Sicherheit" bleiben mehrere finstere Typen im Haus. Bald werden auch Eunice und eine der Töchter ins Polizeirevier gebracht und brutal verhört. Sie hören die Schreie von Gefolterten; von Verletzten, die ohne ärztliche Hilfe in ihren Zellen vegetieren. Mutter und Tochter werden wieder freigelassen, Rubens Paiva nicht.
Drei Jahrzehnte brasilianischer Politikgeschichte
Regisseur Walter Salles hat einen aufwühlenden Spielfilm über die Familie gedreht, deren Leben jahrelang von Gewalt und Ungewissheit dominiert war. Rubens Paiva gehört zu den Tausenden Menschen, die während der brasilianischen Militärdiktatur (1964–1985) dem Verschwindenlassen zum Opfer fielen. Von vielen Oppositionellen, die damals gefoltert und ermordet wurden, war lange nicht bekannt, was mit ihnen passiert war. Es sollte mehr als zwei Jahrzehnte dauern, bis die Familie Paiva die offizielle Bestätigung erhielt, dass der Vater tot war. Und erst 2012, in der Regierungszeit von Präsidentin Dilma Rousseff, wurde eine Wahrheitskommission eingesetzt, um auf die Täter von damals einzuwirken, das Schicksal ihrer Opfer aufzuklären.
Bekannt waren die Täter schon lange, nicht zuletzt aufgrund internationaler Kritik: Bereits 1972 hatten Amnesty-Gruppen in Deutschland ein "Brasilien-Tribunal" eingerichtet. Ein Amnestiegesetz aus dem Jahr 1979 verhinderte jedoch die Strafverfolgung der Mörder und Folterer.
Im Mittelpunkt dieses spektakulären Films, der auf den Memoiren des Sohnes Marcelo Rubens Paiva basiert und gut drei Jahrzehnte brasilianischer Politikgeschichte erzählt, brilliert die Schauspielerin Fernanda Torres als Mutter Eunice. Eunice Paiva starb 2018, nachdem sie jahrelang dafür gestritten hatte, das Schicksal der Verschwundenen aufzuklären. Als Anwältin setzte sie sich auch für die Rechte indigener Brasilianer*innen ein.
"Für immer hier". Brasilien/Frankreich 2024. Regie: Walter Salles. Darsteller: Selton Mello, Fernanda Torres. Derzeit in den Kinos.
WEITERE FILMTIPPS
von Jürgen Kiontke
Der russische Schuldirektor Sergei muss wegen seiner politischen Aktivitäten mit seiner Frau Natalia und den beiden Töchtern Katja und Alina nach Schweden fliehen. Bei einem Angriff von Geheimdienstmitarbeitern wurde er mit einem Messer schwer verletzt. Doch die schwedischen Behörden lehnen seinen Asylantrag mit der Begründung ab, er könne keine Beweise für den Anschlag vorlegen. Seine riesige Schnittwunde am Oberkörper reicht ihnen nicht. Helfen könnte eine Aussage Katjas, die Augenzeugin des Attentats war.
Doch für das Kind ist der Stress zu groß. Katja fällt in ein Koma, das die Ärzte "Resignationssyndrom" nennen. Es tritt häufig bei geflüchteten Kindern auf: Ihre Lebensumstände sind so belastend, dass sich das Gehirn abschaltet.
Der griechische Regisseur Alexandros Avranas erzählt in seinem stilistisch vielseitigen Spielfilm "Quiet Life" von den Gefahren und Folgen einer Flucht. Die Mädchen Katja und Alina versuchen alles, um in der neuen Umgebung zu glänzen, sie lernen schnell die Sprache, haben gute Noten. Dass aber das Schicksal der Familie auf ihren Schultern lastet, ist zu viel für sie.
Avranas spielt die Konsequenzen der verfahrenen Lage exemplarisch durch: Während Katja von den Behörden in eine Klinik gebracht wird, haben Sergei und Natalia immer weniger Chancen, für einen Erfolg ihres Asylantrags zu sorgen. In ihrer Not stiften sie ihre Tochter Alina zu einer Falschaussage an. Immer wieder paukt Sergei mit ihr die Geschichte, die eigentlich Katja erzählen sollte – mit zu erwartendem Ausgang.
"Quiet Life" erzählt von den nervenzehrenden Auseinandersetzungen, die das Ehepaar durchzustehen hat. Auch untereinander, wie der Filmtitel andeutet: Hätte Sergei doch die Klappe gehalten, sagt Natalia, die sich nach einem ruhigen Leben sehnt. In diesem Film suchen alle den Weg zu einem neuen Leben.
"Quiet Life". Regie: Alexandros Avranas. Frankreich, Griechenland u. a. 2024. Kinostart: 24. April 2025.