Pressemitteilung Aktuell Vereinigte Staaten von Amerika 21. Dezember 2020

Todesstrafe abschaffen statt grausame Hinrichtungsmethoden wiedereinzuführen

Auf den Treppen vor einem großen Gebäude stehen 18 Personen mit einem Banner mit der Aufschrift "Stop Executions!". Um die Aktivist_innen versammeln sich Polizisten.

Ab dem 24. Dezember soll es in den USA wieder möglich sein, zum Tode Verurteilte durch den elektrischen Stuhl, Erschießung oder Gas zu exekutieren. Amnesty International fordert, die Planungen zur Wiedereinführung grausamer Hinrichtungsmethoden aufzuheben und die Todesstrafe in allen Bundesstaaten wie auf Bundesebene abzuschaffen.

In den USA hat die Anzahl der Hinrichtungen auf Bundesebene im letzten Jahr der Präsidentschaft von Donald Trump in einem beunruhigenden Maße zugenommen. Gleichzeitig kündigte die Trump-Administration an, zum 24. Dezember neue Hinrichtungsmethoden einzuführen. Wurden bislang alle Urteile per letaler Injektion vollstreckt, sollen künftig auch Erschießen, der Einsatz von Giftgas und der elektrische Stuhl wieder Anwendung finden können. Amnesty International kritisiert diesen Rückschritt und fordert die US-Regierung auf, dem internationalen Trend weg von der Todesstrafe zu folgen.

"Mit der Wiedereinführung grausamer Praktiken wie dem elektrischen Stuhl versucht die US-Administration dem Mangel an Medikamenten, die bislang für die tödliche Injektion missbraucht wurden, entgegenzuwirken. Das ist ein Irrweg. Statt andere Methoden für Hinrichtungen zu finden, ist es an der Zeit, die Todesstrafe im ganzen Land abzuschaffen. Viele Bundesstaaten haben dazu bereits wichtige Schritte getan", erklärt Sumit Bhattacharyya, USA-Experte bei Amnesty International in Deutschland.

Viele Pharmafirmen haben in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass ihre Medikamente nicht mehr für Hinrichtungen eingesetzt werden können. Gleichzeitig haben viele US-Bundesstaaten die Todesstrafe abgeschafft. Die Anzahl der Hinrichtungen in den USA ist in diesem Jahr auf den geringsten Stand seit fast 30 Jahren gefallen. Und das obwohl Hinrichtungen auf Bundesebene in diesem Jahr erstmals nach 17 Jahren wieder durchgeführt wurden.

Die ausstehenden Hinrichtungen müssen ausgesetzt und die Todesurteile in Haftstrafen umgewandelt werden. Der Versuch, die Exekutionen 43 Jahre nach deren Wiedereinführung durch andere Hinrichtungsmethoden weiter aufrechtzuerhalten, verletzt menschenrechtliche Standards.

Sumit
Bhattacharyya
USA-Experte bei Amnesty International in Deutschland

"Amnesty International fordert die US-Regierung auf, sich dem eindeutigen Trend – weg von der Todesstrafe und hin zu der Einsicht in die Sinnlosigkeit des staatlichen Tötens – nicht mehr zu widersetzen. Die ausstehenden Hinrichtungen müssen ausgesetzt und die Todesurteile in Haftstrafen umgewandelt werden. Der Versuch, die Exekutionen 43 Jahre nach deren Wiedereinführung durch andere Hinrichtungsmethoden weiter aufrechtzuerhalten, verletzt menschenrechtliche Standards", so Bhattacharyya.

Hintergrund

Laut dem jüngsten Amnesty-Jahresbericht zur Todesstrafe weltweit für das Jahr 2019 verzichten immer mehr Länder auf die Exekution von Inhaftierten. Die Zahl der Hinrichtungen nahm im vierten Jahr in Folge ab, von mindestens 690 im Jahr 2018 auf mindestens 657 im Jahr 2019 – die niedrigste Zahl seit zehn Jahren. In diesen globalen Gesamtzahlen ist allerdings China unberücksichtigt, da die Zahl der Hinrichtungen dort als Staatsgeheimnis behandelt wird.

In den USA ist ebenfalls in den letzten Jahren ein eindeutiger Trend weg von der Todesstrafe erkennbar: Die Todesstrafe wird weniger häufig verhängt und noch seltener vollstreckt. Zwar wurden im Jahr 2019 noch 22 Menschen hingerichtet, doch im selben Jahr hat der Gouverneur von Kalifornien ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen eingeführt, New Hampshire schaffte die Todesstrafe für alle Verbrechen ab. Im März dieses Jahres trat in Colorado das Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe in Kraft – Colorado ist damit der 22. Bundesstaat ohne Todesstrafe. Elf weitere Bundesstaaten haben seit mehr als zehn Jahren kein Todesurteil mehr vollstreckt.

Auf Bundesebene ist hingegen eine andere Entwicklung festzustellen: Allein im laufenden Jahr wurden 10 Menschen hingerichtet, bis zum Amtsantritt von Joe Biden am 20. Januar 2021 sollen noch drei weitere Menschen, darunter eine Frau, exekutiert werden. Damit wurde die Todesstrafe in diesem Jahr von der Bundesregierung öfter angewendet als von jedem Bundesstaat.

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