Pressemitteilung Aktuell 02. März 2022

EU: Online-Plattformen müssen zur Achtung der Menschenrechte gezwungen werden

Das Bild zeigt eine Illustration mit einem Handy, das vor eine Überwachungskamera gehalten wird. Das Smartphone ist an der Stelle, an der normalerweise die Linse der Kamera ist.

Das auf dem weitreichenden Sammeln von personenbezogenen Daten basierende Geschäftsmodell der großen Online-Plattformen verletzt unter anderem das Recht auf Privatsphäre und auf Nichtdiskriminierung.

In einem offenen Brief an die Bundesminister_innen Volker Wissing, Steffi Lemke und Marco Buschmann fordert Amnesty International von der Bundesregierung, sich im Rat der EU für einen menschenrechtskonformen "Digital Services Act" (DSA) einzusetzen.

Zusammen mit weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert Amnesty International die Bundesregierung auf, Vorschläge des europäischen Parlaments zu unterstützen, die sogenannte "Dark Patterns" verbieten und spionierende Werbung deutlich eingrenzen. Das Europäische Parlament hatte im Januar über seine Position zu dem Gesetz über digitale Dienste abgestimmt, in den kommenden Wochen wird der finale Gesetzvorschlag zwischen dem Parlament, der europäischen Kommission und den Nationalregierungen im Rat der EU verhandelt.

Hierzu sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland: "Das menschenrechtswidrige Geschäftsmodell der großen Online-Plattformen basiert auf dem weitreichenden Sammeln von personenbezogenen Daten und dem Erstellen von detaillierten Profilen von uns allen – zum Zwecke des Profits durch personalisierte Werbung, aber auch zum Aufbau umfangreicher Datenbestände über jede und jeden von uns, deren Verwendung sich uns weitgehend entzieht.

Diese Praktiken verletzen grundlegend das Recht auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung, auf Nichtdiskriminierung und auf einen freien, unabhängigen Zugang zu Information und Teilhabe. Der DSA ist eine Chance für die EU und ihre Mitgliedsstaaten, ein Internet zu schaffen, in dem Menschenrechte an erster Stelle stehen und über Profite gestellt werden.

Das Europäische Parlament hat menschenrechtlich wichtige Änderungsvorschläge für das Gesetz gemacht. Es kommt jetzt darauf an, dass die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten diesen Schutz unserer Rechte im digitalen Raum nicht verwässern. Menschen in Europa brauchen ein schützendes Gesetz, das weltweit zum Vorbild für ein Internet werden kann, welches Menschen nutzen können, ohne gezwungen zu sein, alle ihre privaten Daten preiszugeben und ohne, dass jeder ihrer digitalen Schritte erfasst wird.

Unsere Regierungen haben bislang versäumt, Menschen bei der Teilhabe am digitalen Leben ausreichend zu schützen und zu viele Menschen scheinen sich damit abgefunden zu haben.

Wir nehmen die europäischen Regierungen, allen voran die neue Bundesregierung, in die Verantwortung: Wir brauchen für uns und unsere Kinder eine digitale Zukunft, in der wir alle am digitalen Leben teilhaben können, ohne dass jeder unserer digitalen Schritte von anderen erfasst, verwertet und zu Persönlichkeitsprofilen zusammengefasst wird, die zunehmend darüber mitentscheiden, was wir sehen, hören, lesen, angeboten oder gar genehmigt bekommen.

Die Minister und Ministerin der Bundesregierung sind in der Verantwortung, diese Forderungen wahrzunehmen und sich am DSA-Verhandlungstisch in Brüssel für sie einzusetzen."

 

Hier kannst du den Offenen Brief als PDF-Datei herunterladen

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