Pressemitteilung Aktuell Deutschland 09. November 2023

Deutschland: Unabhängige*r Polizeibeauftragte*r braucht mehr Befugnisse

Das Bild zeigt ein Polizeibeamter von hinten

Polizeibeamter in Frankfurt am Main (Archivaufnahme)

Der Gesetzentwurf für eine*n unabhängige*n Polizeibeauftragte*n des Bundes, der am Freitag zum ersten Mal öffentlich im Bundestag verhandelt wird, muss laut Amnesty International nachgebessert werden. So müssen anonyme Beschwerden möglich sein, der Abhängigkeit von der Staatsanwaltschaft muss entgegengewirkt werden. Die Einrichtung der Stelle bewertet die Menschenrechtsorganisation als entscheidenden Schritt für mehr rechtsstaatliche Kontrolle der Polizei.

Amnesty International fordert vor der ersten Lesung des Gesetzentwurfs für eine*n unabhängige*n Polizeibeauftragte*n des Bundes am Freitag, das Gesetz nachzubessern.

Die Menschenrechtsorganisation kritisiert am geplanten Beschwerdeverfahren unter anderem, dass keine anonymen Beschwerden möglich sind und die Frist für die Einreichung von Beschwerden zu kurz ist.

Beate Streicher, Expertin für Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Dass Deutschland eine*n unabhängige*n Polizeibeauftragte*n des Bundes bekommt, ist ein Schritt hin zu mehr rechtsstaatlicher Kontrolle der Polizei. Wir begrüßen, dass die Stelle beim Bundestag angesiedelt ist – so ist sie institutionell unabhängig von den Innenbehörden. Positiv ist auch ihr ausdrücklicher Auftrag, strukturellen Mängeln und Fehlentwicklungen bei der Polizei nachzugehen.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Beschwerden der Bürger*innen über das Verhalten der Polizei von der Polizei selbst nicht unabhängig, schnell und angemessen untersucht werden. Diesen Missstand hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte immer wieder angeprangert. Die unabhängige Beauftragtenstelle soll diese Lücke nun schließen und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei adressieren.

Die Einrichtung der Stelle auf Bundesebene kann ein Vorbild sein für Bundesländer, in denen es noch keine unabhängigen Beauftragten gibt oder in denen die Beauftragten nur wenige Befugnisse haben. Beispielsweise sieht der Entwurf ein Recht zum Betreten der Diensträume und zur Akteneinsichtsrecht bei den Polizeien des Bundes vor.

Der Gesetzentwurf muss aus menschenrechtlicher Perspektive an einigen Stellen nachgebessert werden: Wir fordern anonyme Meldemöglichkeiten, eine weitgehende Unabhängigkeit von der Staatsanwaltschaft sowie Beschwerdemöglichkeiten bei Verfahrenseinstellung."

Hintergrund

Auch in mehreren Bundesländern wurden in den vergangenen Jahren Stellen für unabhängige Polizeibeauftragte eingerichtet: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen (im Aufbau). Diese Stellen sind unabhängig von den Innenbehörden, es fehlt ihnen jedoch oft an ausreichenden Ermittlungsbefugnissen und an Beschwerdemöglichkeiten gegenüber Staatsanwaltschaft oder Disziplinarbehörde.

Der Gesetzentwurf ist hier zu finden.

Amnesty Internationals Forderungen sind hier zu finden.

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