Pressemitteilung Aktuell Afghanistan 06. Dezember 2021

Afghanistan: Frauen und Mädchen droht Vergeltung freigelassener Gewaltstraftäter

Das Bild zeigt einen Protest, viel Frauen mit Kopftüchern halten Schilder in der Hand

Afghaninnen demonstrieren in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi für die Rechte von Frauen in Afghanistan (30. Oktober 2021).

Seit ihrer Machtübernahme im vergangenen August haben die Taliban Tausende Männer aus Gefängnissen entlassen, die verurteilt worden waren, weil sie Frauen und Mädchen brutal misshandelt hatten. Den Überlebenden teils jahrelanger Gewalt droht nun die Rache dieser Männer. Gleichfalls in Gefahr sind alle Menschen, die in Frauenhäusern gearbeitet oder als Anwält_innen Gewalttäter hinter Gitter gebracht haben.

Theresa Bergmann, Asien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Schon vor der erneuten Herrschaft der Taliban ist die Lage von Frauen und Mädchen furchtbar gewesen: Neun von zehn Frauen haben in ihrem Leben mindestens einmal körperliche Gewalt erlebt. Mit der Machtergreifung der Taliban hat sich die Situation massiv verschlimmert. Das ohnehin unzureichende medizinische und psychologische Unterstützungssystem ist komplett kollabiert, Frauenschutzhäuser sind geschlossen worden, es gibt keinen pro-bono-Rechtsbeistand mehr, keine medizinische Hilfe."

Amnesty-Video über die Situation von Frauen in Afghanistan:

Video-Datei

Amnesty International appelliert an die künftige Bundesregierung, ihre angekündigte menschenrechtlich geleitete Außenpolitik jetzt so schnell wie möglich anzuwenden. Bergmann sagt: "Die neue Bundesregierung muss jetzt alles unternehmen, um bedrohte Frauen, Mädchen und ihre Unterstützer_innen so schnell wie möglich bei der Ausreise aus Afghanistan und den Nachbarländern zu unterstützen. Das im Koalitionsvertrag festgelegte humanitäre Aufnahmeprogramm für gefährdete Afghan_innen muss zügig umgesetzt werden. Außerdem sollte sich die neue Bundesregierung gemeinsam mit internationalen Partner_innen für eine Reaktivierung des Hilfssystems vor Ort einsetzen. Es braucht deutlichen, internationalen Druck auf die Taliban, sodass sie ihre eigenen Zusagen zum Schutz der weiblichen Bevölkerung erfüllen."

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